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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.

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Der Messias.
Auf der Verklärung Gebirge versammlen. Auf Tabor zu steigen,
Jst daher mein Entschluß. Doch in einer Erstandnen Begleitung
Wallt' ich lieber dahin, als allein, zu den neuen Erstandnen.

Pilgerinn, zwar bin ich auferweckt von dem Tode, doch bin ich
Sterblich, wie du. Die Erstandenen sind vollendete Fromme,
Wenn sie erscheinen. Doch geh ich mit dir, wofern du mich leitest,
Und die Sinkende hältst, wenn wir Erscheinungen sehen.
Und sie machten sich auf, nach Tabor zu gehen, die Mutter,
Und, mit Cidli, die Pilgerinn. Aber der Jüngling aus Nain,
Semida hatte so viel von deinem Erwachen, Versöhner,
Endlich erforscht, daß er sein Herz beruhigen konnte,
Glauben konnte, du seyst wahrhaftig vom Tod erstanden!
Nun erwachten von neuem mit tiefverwundender Wehmuth
Seiner Liebe Schmerzen in ihm. Noch war für ihn immer
Cidli geschaffen. Das fühlt' er zu mächtig! Unüberwindlich
War der Sieger, dieß starke Gefühl, in dem innersten Herzen.
Nacht vor mir! wer führt mich durch dich? wer hindurch zur Gewißheit,
Ob, die ich mir für die Ewigkeit wählte, wieder mich liebe?
Oder auch nicht? Wer bringt mich hinauf in die Höhen der Freude?
Oder hinab in das sinkende Thal der bittersten Schmerzen?
Auferstanden bin ich, doch nicht unsterblich geworden!
Wären wir dieß; so wären wir lang hinübergegangen
Jn der Ruhe Gefilde, wo nichts die Liebenden trennet!
Und dort liebte mich Cidli gewiß! O Cidli, Gewählte,
Die ich liebe, wie wenige nur zu lieben vermögen!
Doch verstumme du, Schmerz! Noch sterblicher machst du mich, trüber
Bitterer Schmerz. Wie, sonderbar ist mein Schicksal! Ein Jüngling
Munter,

Der Meſſias.
Auf der Verklaͤrung Gebirge verſammlen. Auf Tabor zu ſteigen,
Jſt daher mein Entſchluß. Doch in einer Erſtandnen Begleitung
Wallt’ ich lieber dahin, als allein, zu den neuen Erſtandnen.

Pilgerinn, zwar bin ich auferweckt von dem Tode, doch bin ich
Sterblich, wie du. Die Erſtandenen ſind vollendete Fromme,
Wenn ſie erſcheinen. Doch geh ich mit dir, wofern du mich leiteſt,
Und die Sinkende haͤltſt, wenn wir Erſcheinungen ſehen.
Und ſie machten ſich auf, nach Tabor zu gehen, die Mutter,
Und, mit Cidli, die Pilgerinn. Aber der Juͤngling aus Nain,
Semida hatte ſo viel von deinem Erwachen, Verſoͤhner,
Endlich erforſcht, daß er ſein Herz beruhigen konnte,
Glauben konnte, du ſeyſt wahrhaftig vom Tod erſtanden!
Nun erwachten von neuem mit tiefverwundender Wehmuth
Seiner Liebe Schmerzen in ihm. Noch war fuͤr ihn immer
Cidli geſchaffen. Das fuͤhlt’ er zu maͤchtig! Unuͤberwindlich
War der Sieger, dieß ſtarke Gefuͤhl, in dem innerſten Herzen.
Nacht vor mir! wer fuͤhrt mich durch dich? wer hindurch zur Gewißheit,
Ob, die ich mir fuͤr die Ewigkeit waͤhlte, wieder mich liebe?
Oder auch nicht? Wer bringt mich hinauf in die Hoͤhen der Freude?
Oder hinab in das ſinkende Thal der bitterſten Schmerzen?
Auferſtanden bin ich, doch nicht unſterblich geworden!
Waͤren wir dieß; ſo waͤren wir lang hinuͤbergegangen
Jn der Ruhe Gefilde, wo nichts die Liebenden trennet!
Und dort liebte mich Cidli gewiß! O Cidli, Gewaͤhlte,
Die ich liebe, wie wenige nur zu lieben vermoͤgen!
Doch verſtumme du, Schmerz! Noch ſterblicher machſt du mich, truͤber
Bitterer Schmerz. Wie, ſonderbar iſt mein Schickſal! Ein Juͤngling
Munter,
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[250/0266] Der Meſſias. Auf der Verklaͤrung Gebirge verſammlen. Auf Tabor zu ſteigen, Jſt daher mein Entſchluß. Doch in einer Erſtandnen Begleitung Wallt’ ich lieber dahin, als allein, zu den neuen Erſtandnen. Pilgerinn, zwar bin ich auferweckt von dem Tode, doch bin ich Sterblich, wie du. Die Erſtandenen ſind vollendete Fromme, Wenn ſie erſcheinen. Doch geh ich mit dir, wofern du mich leiteſt, Und die Sinkende haͤltſt, wenn wir Erſcheinungen ſehen. Und ſie machten ſich auf, nach Tabor zu gehen, die Mutter, Und, mit Cidli, die Pilgerinn. Aber der Juͤngling aus Nain, Semida hatte ſo viel von deinem Erwachen, Verſoͤhner, Endlich erforſcht, daß er ſein Herz beruhigen konnte, Glauben konnte, du ſeyſt wahrhaftig vom Tod erſtanden! Nun erwachten von neuem mit tiefverwundender Wehmuth Seiner Liebe Schmerzen in ihm. Noch war fuͤr ihn immer Cidli geſchaffen. Das fuͤhlt’ er zu maͤchtig! Unuͤberwindlich War der Sieger, dieß ſtarke Gefuͤhl, in dem innerſten Herzen. Nacht vor mir! wer fuͤhrt mich durch dich? wer hindurch zur Gewißheit, Ob, die ich mir fuͤr die Ewigkeit waͤhlte, wieder mich liebe? Oder auch nicht? Wer bringt mich hinauf in die Hoͤhen der Freude? Oder hinab in das ſinkende Thal der bitterſten Schmerzen? Auferſtanden bin ich, doch nicht unſterblich geworden! Waͤren wir dieß; ſo waͤren wir lang hinuͤbergegangen Jn der Ruhe Gefilde, wo nichts die Liebenden trennet! Und dort liebte mich Cidli gewiß! O Cidli, Gewaͤhlte, Die ich liebe, wie wenige nur zu lieben vermoͤgen! Doch verſtumme du, Schmerz! Noch ſterblicher machſt du mich, truͤber Bitterer Schmerz. Wie, ſonderbar iſt mein Schickſal! Ein Juͤngling Munter,

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/266>, abgerufen am 22.11.2024.