Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Messias.
Aber mit Segen von Gott zu der Ewigkeit Erndte gesegnet.
Auch in dem achten säte Nephthoa der Erndte. Das hatt' er
Mit dem strahlenden Tage der Auferstehung begonnen.

Und er betete jetzt in der Abenddämmrung, gesunken
Auf sein Knie in den Staub, in einem Winkel des Hauses,
Wo er wußte, daß keiner ihn fände. So flehte der Knabe:
Herr, du hörst mich gewiß, ob ich es gleich nicht erfahre,
Daß du mich hörst. Stets komm ich von neuem, und flehe von neuem,
Daß du mich hören mögest, o aller Kinder im Himmel
Vater, und aller auf Erden! Vor deinem leuchtenden Throne
Knien wir Alle: wir Armen auf Erden, denen ihr Erbe
Thränen sind, wir knien in Staube; die ausgeweinet
Haben, auf schimmernden Wolken; und jene, die niemals weinten,
Jn den Strahlen der Sterne, die ungefallnen Engel.
Alle flehen von dir mehr Seligkeit; aber mit Ruhe
Flehen sie jene dort oben. Denn sie labt Fülle der Freuden.
Wir, wir flehen weinend dich an, um Erlösung vom Bösen,
Ach Erlösung vom Elend, und Segen zum ewigen Leben.
Unvollendet kann der nicht bleiben, den über mich aussprach
Dein erhabner Prophet in jener seligsten Stunde
Meines Lebens, als er in die große Versammlung mich stellte.
Würd' er vollendet, wenn er vergängliche Dinge nur gäbe?
Nur Versorgung des Lebens, das schnell, wie die Blume verblühet!
Nein, du steigest hinauf in die Ewigkeit, himmlischer Segen
Dessen, den Gott nicht nur, die Kranken zu heilen, gesandt hat;
Auch zu heilen die Sünder, hat ihn der Erbarmer gesendet.
Ach ich kenn' ihn noch nicht den Segen zum ewigen Leben,
Weis

Der Meſſias.
Aber mit Segen von Gott zu der Ewigkeit Erndte geſegnet.
Auch in dem achten ſaͤte Nephthoa der Erndte. Das hatt’ er
Mit dem ſtrahlenden Tage der Auferſtehung begonnen.

Und er betete jetzt in der Abenddaͤmmrung, geſunken
Auf ſein Knie in den Staub, in einem Winkel des Hauſes,
Wo er wußte, daß keiner ihn faͤnde. So flehte der Knabe:
Herr, du hoͤrſt mich gewiß, ob ich es gleich nicht erfahre,
Daß du mich hoͤrſt. Stets komm ich von neuem, und flehe von neuem,
Daß du mich hoͤren moͤgeſt, o aller Kinder im Himmel
Vater, und aller auf Erden! Vor deinem leuchtenden Throne
Knien wir Alle: wir Armen auf Erden, denen ihr Erbe
Thraͤnen ſind, wir knien in Staube; die ausgeweinet
Haben, auf ſchimmernden Wolken; und jene, die niemals weinten,
Jn den Strahlen der Sterne, die ungefallnen Engel.
Alle flehen von dir mehr Seligkeit; aber mit Ruhe
Flehen ſie jene dort oben. Denn ſie labt Fuͤlle der Freuden.
Wir, wir flehen weinend dich an, um Erloͤſung vom Boͤſen,
Ach Erloͤſung vom Elend, und Segen zum ewigen Leben.
Unvollendet kann der nicht bleiben, den uͤber mich ausſprach
Dein erhabner Prophet in jener ſeligſten Stunde
Meines Lebens, als er in die große Verſammlung mich ſtellte.
Wuͤrd’ er vollendet, wenn er vergaͤngliche Dinge nur gaͤbe?
Nur Verſorgung des Lebens, das ſchnell, wie die Blume verbluͤhet!
Nein, du ſteigeſt hinauf in die Ewigkeit, himmliſcher Segen
Deſſen, den Gott nicht nur, die Kranken zu heilen, geſandt hat;
Auch zu heilen die Suͤnder, hat ihn der Erbarmer geſendet.
Ach ich kenn’ ihn noch nicht den Segen zum ewigen Leben,
Weis
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="6">
            <pb facs="#f0216" n="200"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Me&#x017F;&#x017F;ias.</hi> </fw><lb/>
            <l>Aber mit Segen von Gott zu der Ewigkeit Erndte ge&#x017F;egnet.</l><lb/>
            <l>Auch in dem achten &#x017F;a&#x0364;te Nephthoa der Erndte. Das hatt&#x2019; er</l><lb/>
            <l>Mit dem &#x017F;trahlenden Tage der Aufer&#x017F;tehung begonnen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="7">
            <l>Und er betete jetzt in der Abendda&#x0364;mmrung, ge&#x017F;unken</l><lb/>
            <l>Auf &#x017F;ein Knie in den Staub, in einem Winkel des Hau&#x017F;es,</l><lb/>
            <l>Wo er wußte, daß keiner ihn fa&#x0364;nde. So flehte der Knabe:</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="8">
            <l>Herr, du ho&#x0364;r&#x017F;t mich gewiß, ob ich es gleich nicht erfahre,</l><lb/>
            <l>Daß du mich ho&#x0364;r&#x017F;t. Stets komm ich von neuem, und flehe von neuem,</l><lb/>
            <l>Daß du mich ho&#x0364;ren mo&#x0364;ge&#x017F;t, o aller Kinder im Himmel</l><lb/>
            <l>Vater, und aller auf Erden! Vor deinem leuchtenden Throne</l><lb/>
            <l>Knien wir Alle: wir Armen auf Erden, denen ihr Erbe</l><lb/>
            <l>Thra&#x0364;nen &#x017F;ind, wir knien in Staube; die ausgeweinet</l><lb/>
            <l>Haben, auf &#x017F;chimmernden Wolken; und jene, die niemals weinten,</l><lb/>
            <l>Jn den Strahlen der Sterne, die ungefallnen Engel.</l><lb/>
            <l>Alle flehen von dir mehr Seligkeit; aber mit Ruhe</l><lb/>
            <l>Flehen &#x017F;ie jene dort oben. Denn &#x017F;ie labt Fu&#x0364;lle der Freuden.</l><lb/>
            <l>Wir, wir flehen weinend dich an, um Erlo&#x0364;&#x017F;ung vom Bo&#x0364;&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Ach Erlo&#x0364;&#x017F;ung vom Elend, und Segen zum ewigen Leben.</l><lb/>
            <l>Unvollendet kann der nicht bleiben, den u&#x0364;ber mich aus&#x017F;prach</l><lb/>
            <l>Dein erhabner Prophet in jener &#x017F;elig&#x017F;ten Stunde</l><lb/>
            <l>Meines Lebens, als er in die große Ver&#x017F;ammlung mich &#x017F;tellte.</l><lb/>
            <l>Wu&#x0364;rd&#x2019; er vollendet, wenn er verga&#x0364;ngliche Dinge nur ga&#x0364;be?</l><lb/>
            <l>Nur Ver&#x017F;orgung des Lebens, das &#x017F;chnell, wie die Blume verblu&#x0364;het!</l><lb/>
            <l>Nein, du &#x017F;teige&#x017F;t hinauf in die Ewigkeit, himmli&#x017F;cher Segen</l><lb/>
            <l>De&#x017F;&#x017F;en, den Gott nicht nur, die Kranken zu heilen, ge&#x017F;andt hat;</l><lb/>
            <l>Auch zu heilen die Su&#x0364;nder, hat ihn der Erbarmer ge&#x017F;endet.</l><lb/>
            <l>Ach ich kenn&#x2019; ihn noch nicht den Segen zum ewigen Leben,</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Weis</fw><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[200/0216] Der Meſſias. Aber mit Segen von Gott zu der Ewigkeit Erndte geſegnet. Auch in dem achten ſaͤte Nephthoa der Erndte. Das hatt’ er Mit dem ſtrahlenden Tage der Auferſtehung begonnen. Und er betete jetzt in der Abenddaͤmmrung, geſunken Auf ſein Knie in den Staub, in einem Winkel des Hauſes, Wo er wußte, daß keiner ihn faͤnde. So flehte der Knabe: Herr, du hoͤrſt mich gewiß, ob ich es gleich nicht erfahre, Daß du mich hoͤrſt. Stets komm ich von neuem, und flehe von neuem, Daß du mich hoͤren moͤgeſt, o aller Kinder im Himmel Vater, und aller auf Erden! Vor deinem leuchtenden Throne Knien wir Alle: wir Armen auf Erden, denen ihr Erbe Thraͤnen ſind, wir knien in Staube; die ausgeweinet Haben, auf ſchimmernden Wolken; und jene, die niemals weinten, Jn den Strahlen der Sterne, die ungefallnen Engel. Alle flehen von dir mehr Seligkeit; aber mit Ruhe Flehen ſie jene dort oben. Denn ſie labt Fuͤlle der Freuden. Wir, wir flehen weinend dich an, um Erloͤſung vom Boͤſen, Ach Erloͤſung vom Elend, und Segen zum ewigen Leben. Unvollendet kann der nicht bleiben, den uͤber mich ausſprach Dein erhabner Prophet in jener ſeligſten Stunde Meines Lebens, als er in die große Verſammlung mich ſtellte. Wuͤrd’ er vollendet, wenn er vergaͤngliche Dinge nur gaͤbe? Nur Verſorgung des Lebens, das ſchnell, wie die Blume verbluͤhet! Nein, du ſteigeſt hinauf in die Ewigkeit, himmliſcher Segen Deſſen, den Gott nicht nur, die Kranken zu heilen, geſandt hat; Auch zu heilen die Suͤnder, hat ihn der Erbarmer geſendet. Ach ich kenn’ ihn noch nicht den Segen zum ewigen Leben, Weis

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/216
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/216>, abgerufen am 25.11.2024.