[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.Der Messias. Meine Brüder. ... Kleophas dankte, mit Freud' in den Blicken,Nicht mit Worten, und eilte voran, ein Mahl zu bereiten. Kleophas hat, so heißt mein Gefährt der redliche Jüngling, Seine Hütt' in Emaus, deren Eingang der Schatten Dichter Bäume bedeckt. Ein reiner labender Quell rinnt, Wo der Schatten am luftigsten kühlt. Er eilte, das sah ich, Etwas Speise für uns zu bereiten, und unsere Herzen Mit dem Wenigen, das er hat, zu erquicken. O stiller Heiterer Abend, nach diesen Tagen der Angst und des Traurens! Und, o Dank dir, göttlicher Mann! du würdigst uns, kehrest Ein bey uns, verachtest die niedrige Hütte der Einfalt Und der Dürftigkeit nicht. Da Jesus Christus noch lebte, War er, wie du, ein Menschenfreund, der zur Demuth in Staube Nieder sich ließ, und gern mit seiner Weisheit uns labte. Doch ich schweige von ihm. Denn über das alles erhaben, Was ich von ihm zu sagen vermag, war Jesus Christus! Engel dieneten ihm. Doch seiner Niedrigkeit Ursach Scheint mir erstaunlicher, als mir seine Niedrigkeit selbst schien. Aber also geschah des Ewigen Wille. Den Vätern Hat er schon die Tiefen des künftigen Wunders eröffnet. Möcht ich mein Leben mit dir, Mann Gottes, leben! und möchtest Du mich lehren, wie ich es dem himmlischen Sündeversöhner, Recht nach meiner Seele Verlangen, heiligen könnte! Denn ach, daurenden Dank, den innigsten, liebevollsten, Herzlichsten Dank verdienet von uns, der unsere Sünde Also versöhnt, und, bis zu diesem Tode, geliebt hat. Und
Der Meſſias. Meine Bruͤder. … Kleophas dankte, mit Freud’ in den Blicken,Nicht mit Worten, und eilte voran, ein Mahl zu bereiten. Kleophas hat, ſo heißt mein Gefaͤhrt der redliche Juͤngling, Seine Huͤtt’ in Emaus, deren Eingang der Schatten Dichter Baͤume bedeckt. Ein reiner labender Quell rinnt, Wo der Schatten am luftigſten kuͤhlt. Er eilte, das ſah ich, Etwas Speiſe fuͤr uns zu bereiten, und unſere Herzen Mit dem Wenigen, das er hat, zu erquicken. O ſtiller Heiterer Abend, nach dieſen Tagen der Angſt und des Traurens! Und, o Dank dir, goͤttlicher Mann! du wuͤrdigſt uns, kehreſt Ein bey uns, verachteſt die niedrige Huͤtte der Einfalt Und der Duͤrftigkeit nicht. Da Jeſus Chriſtus noch lebte, War er, wie du, ein Menſchenfreund, der zur Demuth in Staube Nieder ſich ließ, und gern mit ſeiner Weisheit uns labte. Doch ich ſchweige von ihm. Denn uͤber das alles erhaben, Was ich von ihm zu ſagen vermag, war Jeſus Chriſtus! Engel dieneten ihm. Doch ſeiner Niedrigkeit Urſach Scheint mir erſtaunlicher, als mir ſeine Niedrigkeit ſelbſt ſchien. Aber alſo geſchah des Ewigen Wille. Den Vaͤtern Hat er ſchon die Tiefen des kuͤnftigen Wunders eroͤffnet. Moͤcht ich mein Leben mit dir, Mann Gottes, leben! und moͤchteſt Du mich lehren, wie ich es dem himmliſchen Suͤndeverſoͤhner, Recht nach meiner Seele Verlangen, heiligen koͤnnte! Denn ach, daurenden Dank, den innigſten, liebevollſten, Herzlichſten Dank verdienet von uns, der unſere Suͤnde Alſo verſoͤhnt, und, bis zu dieſem Tode, geliebt hat. Und
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Der Meſſias.
Meine Bruͤder. … Kleophas dankte, mit Freud’ in den Blicken,
Nicht mit Worten, und eilte voran, ein Mahl zu bereiten.
Kleophas hat, ſo heißt mein Gefaͤhrt der redliche Juͤngling,
Seine Huͤtt’ in Emaus, deren Eingang der Schatten
Dichter Baͤume bedeckt. Ein reiner labender Quell rinnt,
Wo der Schatten am luftigſten kuͤhlt. Er eilte, das ſah ich,
Etwas Speiſe fuͤr uns zu bereiten, und unſere Herzen
Mit dem Wenigen, das er hat, zu erquicken. O ſtiller
Heiterer Abend, nach dieſen Tagen der Angſt und des Traurens!
Und, o Dank dir, goͤttlicher Mann! du wuͤrdigſt uns, kehreſt
Ein bey uns, verachteſt die niedrige Huͤtte der Einfalt
Und der Duͤrftigkeit nicht. Da Jeſus Chriſtus noch lebte,
War er, wie du, ein Menſchenfreund, der zur Demuth in Staube
Nieder ſich ließ, und gern mit ſeiner Weisheit uns labte.
Doch ich ſchweige von ihm. Denn uͤber das alles erhaben,
Was ich von ihm zu ſagen vermag, war Jeſus Chriſtus!
Engel dieneten ihm. Doch ſeiner Niedrigkeit Urſach
Scheint mir erſtaunlicher, als mir ſeine Niedrigkeit ſelbſt ſchien.
Aber alſo geſchah des Ewigen Wille. Den Vaͤtern
Hat er ſchon die Tiefen des kuͤnftigen Wunders eroͤffnet.
Moͤcht ich mein Leben mit dir, Mann Gottes, leben! und moͤchteſt
Du mich lehren, wie ich es dem himmliſchen Suͤndeverſoͤhner,
Recht nach meiner Seele Verlangen, heiligen koͤnnte!
Denn ach, daurenden Dank, den innigſten, liebevollſten,
Herzlichſten Dank verdienet von uns, der unſere Suͤnde
Alſo verſoͤhnt, und, bis zu dieſem Tode, geliebt hat.
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