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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.

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Vierzehnter Gesang.
O du Theurer! wir hoffen zu Gott, der Liebende würd uns
Stärken, daß wir es könnten! Allein, o zürne, mit Ehrfurcht
Fragen wir, zürne nicht! Jst er auferstanden? du weißt ja
Alles von ihm, und dürfen wir uns, Mann Gottes, des Heils freun,
Jesus Christus wiederzusehn? ... Der Wanderer sagte:
Josephs Brüder erkannten ihn nicht! Doch der Wonn' und des Weinens
Selige Stunde kam, und Joseph vermochte nicht länger
Sich zu halten, und weinete laut! ... Er sagt' es, erhub sich,
Ging. Sie folgten ihm freudig erschrocken, in Zweifel verloren,
Was sie glauben? nicht glauben sollten? Er wars ja doch Selbst nicht!
Aber ein Engel vielleicht? Sie standen wieder. ... Ach, dürfen
Wir noch Einmal, o du, den wir nicht kennen, dich fragen?
Zwar nicht kennen, doch den wir unaussprechlich verehren,
Unaussprechlicher lieben! wer bist du? o sage, wer bist du?
Aber wir dürfen dich nicht umarmen! O sag es uns: Bist du
Einer der Engel vielleicht, die am Grab' erschienen? ... Umarmt mich!
Und sie umarmten ihn lang, und weinten an seinem Halse.
Jetzo nahten sie Emaus. ... Meine Brüder, ich gehe
Nun zu den Meinen. So sprach ihr Begleiter. Jhr sehet, mein Weg zieht
Hier durch Emaus sich. ... O bleib bey uns, du Geliebter!
Sieh, es will Abend werden. Der Tag hat schon sich geneiget.
Und sie hielten ihn zitternd bey beyden Händen, und baten.
Laßt mich! die Meinen sind fern. Sie warten meiner mit Schmerze.
Sie, Mann Gottes, haben dich immer. Du siehst ja, wie herzlich
Wir dich lieben. O bleib! Und warum wolltest du, Theurer!
Dich in der Nacht Gefahren begeben? Auch mußt du von Jesus
Noch mit uns reden! O bleib bey uns! ... So will ich denn bleiben,
Meine
L 4
Vierzehnter Geſang.
O du Theurer! wir hoffen zu Gott, der Liebende wuͤrd uns
Staͤrken, daß wir es koͤnnten! Allein, o zuͤrne, mit Ehrfurcht
Fragen wir, zuͤrne nicht! Jſt er auferſtanden? du weißt ja
Alles von ihm, und duͤrfen wir uns, Mann Gottes, des Heils freun,
Jeſus Chriſtus wiederzuſehn? … Der Wanderer ſagte:
Joſephs Bruͤder erkannten ihn nicht! Doch der Wonn’ und des Weinens
Selige Stunde kam, und Joſeph vermochte nicht laͤnger
Sich zu halten, und weinete laut! … Er ſagt’ es, erhub ſich,
Ging. Sie folgten ihm freudig erſchrocken, in Zweifel verloren,
Was ſie glauben? nicht glauben ſollten? Er wars ja doch Selbſt nicht!
Aber ein Engel vielleicht? Sie ſtanden wieder. … Ach, duͤrfen
Wir noch Einmal, o du, den wir nicht kennen, dich fragen?
Zwar nicht kennen, doch den wir unausſprechlich verehren,
Unausſprechlicher lieben! wer biſt du? o ſage, wer biſt du?
Aber wir duͤrfen dich nicht umarmen! O ſag es uns: Biſt du
Einer der Engel vielleicht, die am Grab’ erſchienen? … Umarmt mich!
Und ſie umarmten ihn lang, und weinten an ſeinem Halſe.
Jetzo nahten ſie Emaus. … Meine Bruͤder, ich gehe
Nun zu den Meinen. So ſprach ihr Begleiter. Jhr ſehet, mein Weg zieht
Hier durch Emaus ſich. … O bleib bey uns, du Geliebter!
Sieh, es will Abend werden. Der Tag hat ſchon ſich geneiget.
Und ſie hielten ihn zitternd bey beyden Haͤnden, und baten.
Laßt mich! die Meinen ſind fern. Sie warten meiner mit Schmerze.
Sie, Mann Gottes, haben dich immer. Du ſiehſt ja, wie herzlich
Wir dich lieben. O bleib! Und warum wollteſt du, Theurer!
Dich in der Nacht Gefahren begeben? Auch mußt du von Jeſus
Noch mit uns reden! O bleib bey uns! … So will ich denn bleiben,
Meine
L 4
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[167/0183] Vierzehnter Geſang. O du Theurer! wir hoffen zu Gott, der Liebende wuͤrd uns Staͤrken, daß wir es koͤnnten! Allein, o zuͤrne, mit Ehrfurcht Fragen wir, zuͤrne nicht! Jſt er auferſtanden? du weißt ja Alles von ihm, und duͤrfen wir uns, Mann Gottes, des Heils freun, Jeſus Chriſtus wiederzuſehn? … Der Wanderer ſagte: Joſephs Bruͤder erkannten ihn nicht! Doch der Wonn’ und des Weinens Selige Stunde kam, und Joſeph vermochte nicht laͤnger Sich zu halten, und weinete laut! … Er ſagt’ es, erhub ſich, Ging. Sie folgten ihm freudig erſchrocken, in Zweifel verloren, Was ſie glauben? nicht glauben ſollten? Er wars ja doch Selbſt nicht! Aber ein Engel vielleicht? Sie ſtanden wieder. … Ach, duͤrfen Wir noch Einmal, o du, den wir nicht kennen, dich fragen? Zwar nicht kennen, doch den wir unausſprechlich verehren, Unausſprechlicher lieben! wer biſt du? o ſage, wer biſt du? Aber wir duͤrfen dich nicht umarmen! O ſag es uns: Biſt du Einer der Engel vielleicht, die am Grab’ erſchienen? … Umarmt mich! Und ſie umarmten ihn lang, und weinten an ſeinem Halſe. Jetzo nahten ſie Emaus. … Meine Bruͤder, ich gehe Nun zu den Meinen. So ſprach ihr Begleiter. Jhr ſehet, mein Weg zieht Hier durch Emaus ſich. … O bleib bey uns, du Geliebter! Sieh, es will Abend werden. Der Tag hat ſchon ſich geneiget. Und ſie hielten ihn zitternd bey beyden Haͤnden, und baten. Laßt mich! die Meinen ſind fern. Sie warten meiner mit Schmerze. Sie, Mann Gottes, haben dich immer. Du ſiehſt ja, wie herzlich Wir dich lieben. O bleib! Und warum wollteſt du, Theurer! Dich in der Nacht Gefahren begeben? Auch mußt du von Jeſus Noch mit uns reden! O bleib bey uns! … So will ich denn bleiben, Meine L 4

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Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/183>, abgerufen am 22.11.2024.