Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.

Bild:
<< vorherige Seite

Vierzehnter Gesang.
Deine blutende Seele nicht mehr! ... Mi[t] Freuden der Himmel
Freu ich mich, Sohn. Ach auferstanden ist Jesus Christus!
Auferstanden! Auch mir wird Jesus Christus erscheinen.
Das verhieß mir dein Blick, mit dem du vom Kreuze mich ansahst.

Bartholomäus ergriff die Hand des Jüngers, des Zeugen,
Sagte mit sanfter Wehmuth: O Simon, mein graues Haupt wird
Eher nicht in die Grube sich neigen, als auch mein Auge
Unsern göttlichen Meister vom Tod erstanden gesehn hat.
Kephas hielt ihm die Hand, und sah ihn mit glaubendem Muth an:
Ja, du Theurer, er wird sich unser Aller erbarmen.
Wie an heiterem Himmel sich eine Wolk' heraufzieht,
Einsam, und trüb, und ernst, so nahte sich Didymus Kepha.
Selber Simon! ja wenn es möglich wäre, so glaubt' ich
Dir, o Simon! Er wandte mit innigem Grame sein Antlitz.
Wende dich, Thomas, und danke mit uns! Der Herr ist erstanden!
Ja Anbetung, und Ehr' und Preis, und Jubel, und Dank sey
Jhm, der wunderbar starb, vom Tode wunderbar aufstand,
Und erscheint! Er wird sich unser Aller erbarmen!
Mit den Worten entsinkt die Mutter Christus des Zeugen
Bebendem Arme. Sie liegt auf ihren Knien, und breitet
Freudig die Arme gen Himmel, und ruft mit der Stimme der Wonne;
Meine Seel' erhebet den Herrn! Mein Jnnerstes freut sich
Gottes meines Erlösers! Du hast die Thränen der Mutter,
Deiner traurenden Magd, von deinem Kreuze gesehen!
Hast sie all' erbarmend gezählt! Die Enkel der Enkel
Werden mich selig preisen! Wie wunderbar ist er, wie groß ist
Alle sein Thun, der mächtiger, als der Tod ist! Ach heilig
Jst

Vierzehnter Geſang.
Deine blutende Seele nicht mehr! … Mi[t] Freuden der Himmel
Freu ich mich, Sohn. Ach auferſtanden iſt Jeſus Chriſtus!
Auferſtanden! Auch mir wird Jeſus Chriſtus erſcheinen.
Das verhieß mir dein Blick, mit dem du vom Kreuze mich anſahſt.

Bartholomaͤus ergriff die Hand des Juͤngers, des Zeugen,
Sagte mit ſanfter Wehmuth: O Simon, mein graues Haupt wird
Eher nicht in die Grube ſich neigen, als auch mein Auge
Unſern goͤttlichen Meiſter vom Tod erſtanden geſehn hat.
Kephas hielt ihm die Hand, und ſah ihn mit glaubendem Muth an:
Ja, du Theurer, er wird ſich unſer Aller erbarmen.
Wie an heiterem Himmel ſich eine Wolk’ heraufzieht,
Einſam, und truͤb, und ernſt, ſo nahte ſich Didymus Kepha.
Selber Simon! ja wenn es moͤglich waͤre, ſo glaubt’ ich
Dir, o Simon! Er wandte mit innigem Grame ſein Antlitz.
Wende dich, Thomas, und danke mit uns! Der Herr iſt erſtanden!
Ja Anbetung, und Ehr’ und Preis, und Jubel, und Dank ſey
Jhm, der wunderbar ſtarb, vom Tode wunderbar aufſtand,
Und erſcheint! Er wird ſich unſer Aller erbarmen!
Mit den Worten entſinkt die Mutter Chriſtus des Zeugen
Bebendem Arme. Sie liegt auf ihren Knien, und breitet
Freudig die Arme gen Himmel, und ruft mit der Stimme der Wonne;
Meine Seel’ erhebet den Herrn! Mein Jnnerſtes freut ſich
Gottes meines Erloͤſers! Du haſt die Thraͤnen der Mutter,
Deiner traurenden Magd, von deinem Kreuze geſehen!
Haſt ſie all’ erbarmend gezaͤhlt! Die Enkel der Enkel
Werden mich ſelig preiſen! Wie wunderbar iſt er, wie groß iſt
Alle ſein Thun, der maͤchtiger, als der Tod iſt! Ach heilig
Jſt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="48">
            <pb facs="#f0175" n="159"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vierzehnter Ge&#x017F;ang.</hi> </fw><lb/>
            <l>Deine blutende Seele nicht mehr! &#x2026; Mi<supplied>t</supplied> Freuden der Himmel</l><lb/>
            <l>Freu ich mich, Sohn. Ach aufer&#x017F;tanden i&#x017F;t Je&#x017F;us Chri&#x017F;tus!</l><lb/>
            <l>Aufer&#x017F;tanden! Auch mir wird Je&#x017F;us Chri&#x017F;tus er&#x017F;cheinen.</l><lb/>
            <l>Das verhieß mir dein Blick, mit dem du vom Kreuze mich an&#x017F;ah&#x017F;t.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="49">
            <l>Bartholoma&#x0364;us ergriff die Hand des Ju&#x0364;ngers, des Zeugen,</l><lb/>
            <l>Sagte mit &#x017F;anfter Wehmuth: O Simon, mein graues Haupt wird</l><lb/>
            <l>Eher nicht in die Grube &#x017F;ich neigen, als auch mein Auge</l><lb/>
            <l>Un&#x017F;ern go&#x0364;ttlichen Mei&#x017F;ter vom Tod er&#x017F;tanden ge&#x017F;ehn hat.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="50">
            <l>Kephas hielt ihm die Hand, und &#x017F;ah ihn mit glaubendem Muth an:</l><lb/>
            <l>Ja, du Theurer, er wird &#x017F;ich un&#x017F;er Aller erbarmen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="51">
            <l>Wie an heiterem Himmel &#x017F;ich eine Wolk&#x2019; heraufzieht,</l><lb/>
            <l>Ein&#x017F;am, und tru&#x0364;b, und ern&#x017F;t, &#x017F;o nahte &#x017F;ich Didymus Kepha.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="52">
            <l>Selber Simon! ja wenn es mo&#x0364;glich wa&#x0364;re, &#x017F;o glaubt&#x2019; ich</l><lb/>
            <l>Dir, o Simon! Er wandte mit innigem Grame &#x017F;ein Antlitz.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="53">
            <l>Wende dich, Thomas, und danke mit uns! Der Herr i&#x017F;t er&#x017F;tanden!</l><lb/>
            <l>Ja Anbetung, und Ehr&#x2019; und Preis, und Jubel, und Dank &#x017F;ey</l><lb/>
            <l>Jhm, der wunderbar &#x017F;tarb, vom Tode wunderbar auf&#x017F;tand,</l><lb/>
            <l>Und er&#x017F;cheint! Er wird &#x017F;ich un&#x017F;er Aller erbarmen!</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="54">
            <l>Mit den Worten ent&#x017F;inkt die Mutter Chri&#x017F;tus des Zeugen</l><lb/>
            <l>Bebendem Arme. Sie liegt auf ihren Knien, und breitet</l><lb/>
            <l>Freudig die Arme gen Himmel, und ruft mit der Stimme der Wonne;</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="55">
            <l>Meine Seel&#x2019; erhebet den Herrn! Mein Jnner&#x017F;tes freut &#x017F;ich</l><lb/>
            <l>Gottes meines Erlo&#x0364;&#x017F;ers! Du ha&#x017F;t die Thra&#x0364;nen der Mutter,</l><lb/>
            <l>Deiner traurenden Magd, von deinem Kreuze ge&#x017F;ehen!</l><lb/>
            <l>Ha&#x017F;t &#x017F;ie all&#x2019; erbarmend geza&#x0364;hlt! Die Enkel der Enkel</l><lb/>
            <l>Werden mich &#x017F;elig prei&#x017F;en! Wie wunderbar i&#x017F;t er, wie groß i&#x017F;t</l><lb/>
            <l>Alle &#x017F;ein Thun, der ma&#x0364;chtiger, als der Tod i&#x017F;t! Ach heilig</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">J&#x017F;t</fw><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[159/0175] Vierzehnter Geſang. Deine blutende Seele nicht mehr! … Mit Freuden der Himmel Freu ich mich, Sohn. Ach auferſtanden iſt Jeſus Chriſtus! Auferſtanden! Auch mir wird Jeſus Chriſtus erſcheinen. Das verhieß mir dein Blick, mit dem du vom Kreuze mich anſahſt. Bartholomaͤus ergriff die Hand des Juͤngers, des Zeugen, Sagte mit ſanfter Wehmuth: O Simon, mein graues Haupt wird Eher nicht in die Grube ſich neigen, als auch mein Auge Unſern goͤttlichen Meiſter vom Tod erſtanden geſehn hat. Kephas hielt ihm die Hand, und ſah ihn mit glaubendem Muth an: Ja, du Theurer, er wird ſich unſer Aller erbarmen. Wie an heiterem Himmel ſich eine Wolk’ heraufzieht, Einſam, und truͤb, und ernſt, ſo nahte ſich Didymus Kepha. Selber Simon! ja wenn es moͤglich waͤre, ſo glaubt’ ich Dir, o Simon! Er wandte mit innigem Grame ſein Antlitz. Wende dich, Thomas, und danke mit uns! Der Herr iſt erſtanden! Ja Anbetung, und Ehr’ und Preis, und Jubel, und Dank ſey Jhm, der wunderbar ſtarb, vom Tode wunderbar aufſtand, Und erſcheint! Er wird ſich unſer Aller erbarmen! Mit den Worten entſinkt die Mutter Chriſtus des Zeugen Bebendem Arme. Sie liegt auf ihren Knien, und breitet Freudig die Arme gen Himmel, und ruft mit der Stimme der Wonne; Meine Seel’ erhebet den Herrn! Mein Jnnerſtes freut ſich Gottes meines Erloͤſers! Du haſt die Thraͤnen der Mutter, Deiner traurenden Magd, von deinem Kreuze geſehen! Haſt ſie all’ erbarmend gezaͤhlt! Die Enkel der Enkel Werden mich ſelig preiſen! Wie wunderbar iſt er, wie groß iſt Alle ſein Thun, der maͤchtiger, als der Tod iſt! Ach heilig Jſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/175
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/175>, abgerufen am 22.11.2024.