[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 2. Halle, 1756.
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<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="6"> <l> <pb facs="#f0093" n="67"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Achter Geſang.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Welcher die Tief herauf, ſein niederbeugendes Kreuz trug,</l><lb/> <l>Sieht ihn unter dem wankenden Kreuz, faͤllt nieder aufs Antliz,</l><lb/> <l>Betet: O du, der dem Altar ſich naht, zu ſterben den ſchoͤnſten</l><lb/> <l>Und den wunderbarſten der Tode, du Menſchenfreund! Schoͤpfer!</l><lb/> <l>Mitgebohrner, und Sohn des Geſchlechts, das Graͤber begraben!</l><lb/> <l>Bethlehems Kind! … du weinteſt, wir ſangen dir Jubel! Du laͤßt dich</l><lb/> <l>Bis auf Golgatha nieder: die tiefre Verwundrung verſtummt dir,</l><lb/> <l>Mehr zu jauchzen! O Sohn! Sohn Gottes! und … der Gebohrnen!</l><lb/> <l>Unerſchaffner! (kein Endlicher ſang da Jubel!) Vollender</l><lb/> <l>Alles deß, ſo das Hoͤchſte, das Wundervollſte, das Beſte,</l><lb/> <l>Das ganz Herrlichkeit iſt! tiefangebeteter Gottmenſch!</l><lb/> <l>Wiederbringer der Unſchuld, der gottgefallenden Unſchuld!</l><lb/> <l>Todtenerwecker! Vertilger des ewigen Tods! Weltrichter!</l><lb/> <l>Oder, wie deine Menſchen dich nennen, du Lamm, das erwuͤrgt wird!</l><lb/> <l>Hoͤre mein tiefes Gebet! vernimm des Endlichen Stimme,</l><lb/> <l>Die vom Staube, worauf dein Blut wird bluten, dir betet.</l><lb/> <l>Wenn dein Auge nun bricht; die lezte Blaͤſſe des Todes</l><lb/> <l>Ueber dich, Geopferter, ſtroͤmt; die Himmel der Himmel</l><lb/> <l>Nun erzittern, und fliehn; nun, nur Jehova, mit vollem</l><lb/> <l>Hingehefteten Blicke den Sterbenden anſchaut: o ſtaͤrke</l><lb/> <l>Dann aus der hangenden Nacht mich, in die dein Leben hinabſtirbt,</l><lb/> <l>Staͤrke, groſſer Vollender! mich dann, damit ich nicht huͤlflos,</l><lb/> <l>Nicht zu bebend, unter die Graͤber der Erde verſinke,</l><lb/> <l>Und, wenn in ſchwim̃ender Daͤm̃rung um mich die Schoͤpfung nun wanket,</l><lb/> <l>Jch, ſo dunkel mein Aug auch hinſtarrt, im Tode dich ſehe! …</l><lb/> <l>Tod! o Tod des Sohnes! du nahſt dich, Tod! Von dem erſten,</l><lb/> <l>Der ein Sterblicher ward, bis zu dem lezten von Adam,<lb/> <fw place="bottom" type="sig">E 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Deſſen</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [67/0093]
Achter Geſang.
Welcher die Tief herauf, ſein niederbeugendes Kreuz trug,
Sieht ihn unter dem wankenden Kreuz, faͤllt nieder aufs Antliz,
Betet: O du, der dem Altar ſich naht, zu ſterben den ſchoͤnſten
Und den wunderbarſten der Tode, du Menſchenfreund! Schoͤpfer!
Mitgebohrner, und Sohn des Geſchlechts, das Graͤber begraben!
Bethlehems Kind! … du weinteſt, wir ſangen dir Jubel! Du laͤßt dich
Bis auf Golgatha nieder: die tiefre Verwundrung verſtummt dir,
Mehr zu jauchzen! O Sohn! Sohn Gottes! und … der Gebohrnen!
Unerſchaffner! (kein Endlicher ſang da Jubel!) Vollender
Alles deß, ſo das Hoͤchſte, das Wundervollſte, das Beſte,
Das ganz Herrlichkeit iſt! tiefangebeteter Gottmenſch!
Wiederbringer der Unſchuld, der gottgefallenden Unſchuld!
Todtenerwecker! Vertilger des ewigen Tods! Weltrichter!
Oder, wie deine Menſchen dich nennen, du Lamm, das erwuͤrgt wird!
Hoͤre mein tiefes Gebet! vernimm des Endlichen Stimme,
Die vom Staube, worauf dein Blut wird bluten, dir betet.
Wenn dein Auge nun bricht; die lezte Blaͤſſe des Todes
Ueber dich, Geopferter, ſtroͤmt; die Himmel der Himmel
Nun erzittern, und fliehn; nun, nur Jehova, mit vollem
Hingehefteten Blicke den Sterbenden anſchaut: o ſtaͤrke
Dann aus der hangenden Nacht mich, in die dein Leben hinabſtirbt,
Staͤrke, groſſer Vollender! mich dann, damit ich nicht huͤlflos,
Nicht zu bebend, unter die Graͤber der Erde verſinke,
Und, wenn in ſchwim̃ender Daͤm̃rung um mich die Schoͤpfung nun wanket,
Jch, ſo dunkel mein Aug auch hinſtarrt, im Tode dich ſehe! …
Tod! o Tod des Sohnes! du nahſt dich, Tod! Von dem erſten,
Der ein Sterblicher ward, bis zu dem lezten von Adam,
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