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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 2. Halle, 1756.

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Sechster Gesang.

Und, des Todesurtheils gezüktem Schwerte, so ruhig
Dastand. Allein so kannt ihn nicht Philo. Es sagte der Heuchler:

Bringt ihn näher, und bindet ihn fester. Doch eh wir ihn richten,
Hebt auch heilige Hände zu Gott, daß er endlich sein Urtheil
Ausgesprochen, und uns nicht länger durch Schweigen geprüft hat!
Höre ferner der Deinen Gebet! So müssen sie alle,
Die sich empören, verderben, und keiner müsse die Stäte,
Wo sie standen, bemerken, und keiner ihrer gedenken,
Ausser, wo bey entfleischten Gebeinen die Schädel der Todten
Liegen, und wo das Blut der Empörer der Hügel hinabtrank,
Daß er dampfte! Ja Dank! Dank! laute festliche Wonne
Bey den Altären! Und Jsrael soll ein Jubelgesang seyn;
Du wirst bluten! Bisher schloß Juda die Augen, und sahe!
Hielt sein Ohr zu, und hörte! Doch ist der schwindelnde Taumel
Endlich vorübergerauscht. Sie sehn nun, und hören, was da ist.
Den, so vor Abraham war, mit Ketten gebunden! Zwar oftmals
Sahn sie ihn schon, und warfen, auf Augenblicke, des Jrrthums
Eiserne Bande von sich, mit freyem, männlichen Arme
Heilige Steine zu fassen, den Lästrer Gottes zu tödten;
Aber sie liessen von neuem sich täuschen. Doch heut ist das Ende
Jhrer Verblendung, und deines Betrugs, Empörer gekommen!
Welch ein kleiner Haufen des Volks auch dasteht; es werden
Aus den Wenigen doch sehr viele wider dich zeugen,
Wenn wir sie rufen. Das wird der Hohepriester gebieten.
Aber ich klage dich an, und nehme Judäa zum Zeugen,
Himmel und Erde zum Richter: Du bist ein Empörer! Du hast dich
Selbst

Sechſter Geſang.

Und, des Todesurtheils gezuͤktem Schwerte, ſo ruhig
Daſtand. Allein ſo kannt ihn nicht Philo. Es ſagte der Heuchler:

Bringt ihn naͤher, und bindet ihn feſter. Doch eh wir ihn richten,
Hebt auch heilige Haͤnde zu Gott, daß er endlich ſein Urtheil
Ausgeſprochen, und uns nicht laͤnger durch Schweigen gepruͤft hat!
Hoͤre ferner der Deinen Gebet! So muͤſſen ſie alle,
Die ſich empoͤren, verderben, und keiner muͤſſe die Staͤte,
Wo ſie ſtanden, bemerken, und keiner ihrer gedenken,
Auſſer, wo bey entfleiſchten Gebeinen die Schaͤdel der Todten
Liegen, und wo das Blut der Empoͤrer der Huͤgel hinabtrank,
Daß er dampfte! Ja Dank! Dank! laute feſtliche Wonne
Bey den Altaͤren! Und Jſrael ſoll ein Jubelgeſang ſeyn;
Du wirſt bluten! Bisher ſchloß Juda die Augen, und ſahe!
Hielt ſein Ohr zu, und hoͤrte! Doch iſt der ſchwindelnde Taumel
Endlich voruͤbergerauſcht. Sie ſehn nun, und hoͤren, was da iſt.
Den, ſo vor Abraham war, mit Ketten gebunden! Zwar oftmals
Sahn ſie ihn ſchon, und warfen, auf Augenblicke, des Jrrthums
Eiſerne Bande von ſich, mit freyem, maͤnnlichen Arme
Heilige Steine zu faſſen, den Laͤſtrer Gottes zu toͤdten;
Aber ſie lieſſen von neuem ſich taͤuſchen. Doch heut iſt das Ende
Jhrer Verblendung, und deines Betrugs, Empoͤrer gekommen!
Welch ein kleiner Haufen des Volks auch daſteht; es werden
Aus den Wenigen doch ſehr viele wider dich zeugen,
Wenn wir ſie rufen. Das wird der Hoheprieſter gebieten.
Aber ich klage dich an, und nehme Judaͤa zum Zeugen,
Himmel und Erde zum Richter: Du biſt ein Empoͤrer! Du haſt dich
Selbſt
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[13/0035] Sechſter Geſang. Und, des Todesurtheils gezuͤktem Schwerte, ſo ruhig Daſtand. Allein ſo kannt ihn nicht Philo. Es ſagte der Heuchler: Bringt ihn naͤher, und bindet ihn feſter. Doch eh wir ihn richten, Hebt auch heilige Haͤnde zu Gott, daß er endlich ſein Urtheil Ausgeſprochen, und uns nicht laͤnger durch Schweigen gepruͤft hat! Hoͤre ferner der Deinen Gebet! So muͤſſen ſie alle, Die ſich empoͤren, verderben, und keiner muͤſſe die Staͤte, Wo ſie ſtanden, bemerken, und keiner ihrer gedenken, Auſſer, wo bey entfleiſchten Gebeinen die Schaͤdel der Todten Liegen, und wo das Blut der Empoͤrer der Huͤgel hinabtrank, Daß er dampfte! Ja Dank! Dank! laute feſtliche Wonne Bey den Altaͤren! Und Jſrael ſoll ein Jubelgeſang ſeyn; Du wirſt bluten! Bisher ſchloß Juda die Augen, und ſahe! Hielt ſein Ohr zu, und hoͤrte! Doch iſt der ſchwindelnde Taumel Endlich voruͤbergerauſcht. Sie ſehn nun, und hoͤren, was da iſt. Den, ſo vor Abraham war, mit Ketten gebunden! Zwar oftmals Sahn ſie ihn ſchon, und warfen, auf Augenblicke, des Jrrthums Eiſerne Bande von ſich, mit freyem, maͤnnlichen Arme Heilige Steine zu faſſen, den Laͤſtrer Gottes zu toͤdten; Aber ſie lieſſen von neuem ſich taͤuſchen. Doch heut iſt das Ende Jhrer Verblendung, und deines Betrugs, Empoͤrer gekommen! Welch ein kleiner Haufen des Volks auch daſteht; es werden Aus den Wenigen doch ſehr viele wider dich zeugen, Wenn wir ſie rufen. Das wird der Hoheprieſter gebieten. Aber ich klage dich an, und nehme Judaͤa zum Zeugen, Himmel und Erde zum Richter: Du biſt ein Empoͤrer! Du haſt dich Selbſt

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Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 2. Halle, 1756, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias02_1756/35>, abgerufen am 21.11.2024.