Von der Nachahmung des griechischen Syl- benmasses im Deutschen.
Vielleicht wäre es am besten, das Schicksal des neuen Sylbenmasses der Entscheidung der Welt so zu überlassen, daß man gar nicht darüber schriebe. Jch habe dieß bisher geglaubt, und ich würde meine Meynung auch nicht ändern, wenn es nicht Kenner gäbe, die zwar die Alten gelesen, aber sich nicht so genau um ihre Versarten bekümmert haben, daß sie die Nachah- mung derselben entscheidend sollten beurtheilen können. Diese haben wirklich dem neuen Sylbenmasse schon so viel Gerech- tigkeit wiederfahren lassen, daß sie verdienen, veranlaßt zu werden, es ganz beurtheilen zu können. Jch darf, ohne mir zu sehr zu schmeicheln, vermuten, daß einige so freundschaft- lich gegen mich gesinnt seyn werden, lieber zu wollen, daß ich über diese Sache, die sie vielleicht eine Kleinigkeit nennen, nicht schreiben möchte. So verbunden ich ihnen für dieß Urtheil seyn müßte; so wenig halte ich auch die lezten Neben-
züge
)( 2
Von der Nachahmung des griechiſchen Syl- benmaſſes im Deutſchen.
Vielleicht waͤre es am beſten, das Schickſal des neuen Sylbenmaſſes der Entſcheidung der Welt ſo zu uͤberlaſſen, daß man gar nicht daruͤber ſchriebe. Jch habe dieß bisher geglaubt, und ich wuͤrde meine Meynung auch nicht aͤndern, wenn es nicht Kenner gaͤbe, die zwar die Alten geleſen, aber ſich nicht ſo genau um ihre Versarten bekuͤmmert haben, daß ſie die Nachah- mung derſelben entſcheidend ſollten beurtheilen koͤnnen. Dieſe haben wirklich dem neuen Sylbenmaſſe ſchon ſo viel Gerech- tigkeit wiederfahren laſſen, daß ſie verdienen, veranlaßt zu werden, es ganz beurtheilen zu koͤnnen. Jch darf, ohne mir zu ſehr zu ſchmeicheln, vermuten, daß einige ſo freundſchaft- lich gegen mich geſinnt ſeyn werden, lieber zu wollen, daß ich uͤber dieſe Sache, die ſie vielleicht eine Kleinigkeit nennen, nicht ſchreiben moͤchte. So verbunden ich ihnen fuͤr dieß Urtheil ſeyn muͤßte; ſo wenig halte ich auch die lezten Neben-
zuͤge
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[0003]
Von der
Nachahmung des griechiſchen Syl-
benmaſſes im Deutſchen.
Vielleicht waͤre es am beſten, das Schickſal des neuen
Sylbenmaſſes der Entſcheidung der Welt ſo zu
uͤberlaſſen, daß man gar nicht daruͤber ſchriebe.
Jch habe dieß bisher geglaubt, und ich wuͤrde
meine Meynung auch nicht aͤndern, wenn es nicht Kenner
gaͤbe, die zwar die Alten geleſen, aber ſich nicht ſo genau
um ihre Versarten bekuͤmmert haben, daß ſie die Nachah-
mung derſelben entſcheidend ſollten beurtheilen koͤnnen. Dieſe
haben wirklich dem neuen Sylbenmaſſe ſchon ſo viel Gerech-
tigkeit wiederfahren laſſen, daß ſie verdienen, veranlaßt zu
werden, es ganz beurtheilen zu koͤnnen. Jch darf, ohne mir
zu ſehr zu ſchmeicheln, vermuten, daß einige ſo freundſchaft-
lich gegen mich geſinnt ſeyn werden, lieber zu wollen, daß
ich uͤber dieſe Sache, die ſie vielleicht eine Kleinigkeit nennen,
nicht ſchreiben moͤchte. So verbunden ich ihnen fuͤr dieß
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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 2. Halle, 1756, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias02_1756/3>, abgerufen am 22.02.2025.
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