[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 2. Halle, 1756.
Persis war der Zärteren eine, die, die, durch geheime Ungesagte Leiden, ihr Gott zur ewigen Ruh führt. Aber, in ihrer Bekümmerniß Thränen, mischten des Himmels Heilende Thränen sich, wenn sie, im stillen Gebete, zu Gott rief. Nichts für den Ruf, den halben und lauen Belohner der Tugend, Oefter noch ihren Verfolger, und schlangezüngigten Lästrer, Nichts für ihn that Apelles! auch selbst für die Ehre, des Weisen Beyfall, nichts! Daß selber der Weise, wie scharf er auch denke, Und wie edel; doch nicht, bis zur Absicht, die Handlungen kenne: Und die Handlung nur sichtbarer Leib, die Absicht ihr Geist sey! Dacht' er sich oft. Der Allsehende nur, und jene Belohnung, Die er dem Reinen verheißt, der höhre Gedanke bestimmt' ihn, Nur der, wenn er, zu handeln, und, nicht zu handeln, es wagte! Flavius Clemens Verdienst war nicht, daß er mutig dem Glanze, Den des Cäsars Verwandtschaft ihm gab, sich entzog. Den Tyrannen Zu verachten, war leicht. Allein da weisere selber Jhn anklagten, er wälze sich in unrömischer Trägheit! Sey den Geschäften, der Ehre, dem Vaterlande, gestorben! Und er dennoch, so sehr die zärtere Seele des edlen Auch der Vorwurf rührte, sich ganz den Pflichten der Christen Weihte,
Perſis war der Zaͤrteren eine, die, die, durch geheime Ungeſagte Leiden, ihr Gott zur ewigen Ruh fuͤhrt. Aber, in ihrer Bekuͤmmerniß Thraͤnen, miſchten des Himmels Heilende Thraͤnen ſich, wenn ſie, im ſtillen Gebete, zu Gott rief. Nichts fuͤr den Ruf, den halben und lauen Belohner der Tugend, Oefter noch ihren Verfolger, und ſchlangezuͤngigten Laͤſtrer, Nichts fuͤr ihn that Apelles! auch ſelbſt fuͤr die Ehre, des Weiſen Beyfall, nichts! Daß ſelber der Weiſe, wie ſcharf er auch denke, Und wie edel; doch nicht, bis zur Abſicht, die Handlungen kenne: Und die Handlung nur ſichtbarer Leib, die Abſicht ihr Geiſt ſey! Dacht’ er ſich oft. Der Allſehende nur, und jene Belohnung, Die er dem Reinen verheißt, der hoͤhre Gedanke beſtimmt’ ihn, Nur der, wenn er, zu handeln, und, nicht zu handeln, es wagte! Flavius Clemens Verdienſt war nicht, daß er mutig dem Glanze, Den des Caͤſars Verwandtſchaft ihm gab, ſich entzog. Den Tyrannen Zu verachten, war leicht. Allein da weiſere ſelber Jhn anklagten, er waͤlze ſich in unroͤmiſcher Traͤgheit! Sey den Geſchaͤften, der Ehre, dem Vaterlande, geſtorben! Und er dennoch, ſo ſehr die zaͤrtere Seele des edlen Auch der Vorwurf ruͤhrte, ſich ganz den Pflichten der Chriſten Weihte,
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Der Meſſias.
Einige beſſere Seelen in unverloͤſchender Liebe
Zu dem Gekreuzigten. Aber zulezt ſank Laodicea
Ganz in Laulichkeit hin. So lag es, als ihm von Patmus
Jeſu Prophet das Todesurtheil des Richtenden ſandte.
Aber auch dieß war noch voll lockender Gnade. Noch wurde
Dieſen Sterbenden Leben gezeigt! noch weiſſe Gewande
Sie zu kleiden! noch ihnen der Ueberwindenden Krone!
Perſis war der Zaͤrteren eine, die, die, durch geheime
Ungeſagte Leiden, ihr Gott zur ewigen Ruh fuͤhrt.
Aber, in ihrer Bekuͤmmerniß Thraͤnen, miſchten des Himmels
Heilende Thraͤnen ſich, wenn ſie, im ſtillen Gebete, zu Gott rief.
Nichts fuͤr den Ruf, den halben und lauen Belohner der Tugend,
Oefter noch ihren Verfolger, und ſchlangezuͤngigten Laͤſtrer,
Nichts fuͤr ihn that Apelles! auch ſelbſt fuͤr die Ehre, des Weiſen
Beyfall, nichts! Daß ſelber der Weiſe, wie ſcharf er auch denke,
Und wie edel; doch nicht, bis zur Abſicht, die Handlungen kenne:
Und die Handlung nur ſichtbarer Leib, die Abſicht ihr Geiſt ſey!
Dacht’ er ſich oft. Der Allſehende nur, und jene Belohnung,
Die er dem Reinen verheißt, der hoͤhre Gedanke beſtimmt’ ihn,
Nur der, wenn er, zu handeln, und, nicht zu handeln, es wagte!
Flavius Clemens Verdienſt war nicht, daß er mutig dem Glanze,
Den des Caͤſars Verwandtſchaft ihm gab, ſich entzog. Den Tyrannen
Zu verachten, war leicht. Allein da weiſere ſelber
Jhn anklagten, er waͤlze ſich in unroͤmiſcher Traͤgheit!
Sey den Geſchaͤften, der Ehre, dem Vaterlande, geſtorben!
Und er dennoch, ſo ſehr die zaͤrtere Seele des edlen
Auch der Vorwurf ruͤhrte, ſich ganz den Pflichten der Chriſten
Weihte,
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