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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.

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Der Meßias.
Und du, die du zur Hölle mich führtest, unsterbliche Muse,
Und nun meinen noch bebenden Geist zurücke gebracht hast,
Du, die vom göttlichen Blick die ernste Gerechtigkeit lernte,
Aber auch ihren Vertrauten mit süsser Freundlichkeit lächelt,
Heitre die Seele, die noch von ihren Gesichten umgeben
Jnnerlich bebt, mit himmlischem Licht auf, und lehre sie ferner,
Jhren erhabnen Versöhner, den besten der Menschen, besingen.
Jesus war noch allein mit Johannes im Grabmal der Todten.
Unter zerstreuten Gebeinen, von Nacht und Schatten umgeben,
Saß er, und überdachte sich selber, den Sohn des Vaters,
Und den Menschen zum Tode bestimmt. Vor seinem Gesichte
Sah er die Sünden der Menschen, die alle, die seit der Erschaffung
Adams Kinder vollbrachten, auch die, so die schlimmere Nachwelt
Sündigen wird, ein unzählbares Heer, Gott fliehend, vorbeygehn.
Satan war mitten darinnen, und herrschte. Vom Angesicht Gottes
Trieb er, den Sünder, das Menschengeschlecht, und versammelt es zu sich,
Wie die Ebnen des Meers ein mitternächtlicher Strudel
Rings um in sich verschlingt, und immer zum Untergang offen,
Unsichtbar unter den Wolken des niedersteigenden Himmels,
Alle zu sichre Bewohner des Meers in die Tiefen hinabzieht.
Jesus sah die Sünden und Satan. Drauf sah er zu Gott auf.
Gott, sein Vater, sah auch nach ihm tiefsinnig hernieder.
Zwar brach aus seinem erhabenen Blick das ernste Gerichte
Langsam hervor; zwar donnerte Gott, und schreckt ihn von ferne.
Gleichwohl blieben noch Züge des unaussprechlichen Lächelns
Jn dem Antlitz voll Gnade zurück. Die Seraphim sagen,
Da-
Der Meßias.
Und du, die du zur Hoͤlle mich fuͤhrteſt, unſterbliche Muſe,
Und nun meinen noch bebenden Geiſt zuruͤcke gebracht haſt,
Du, die vom goͤttlichen Blick die ernſte Gerechtigkeit lernte,
Aber auch ihren Vertrauten mit ſuͤſſer Freundlichkeit laͤchelt,
Heitre die Seele, die noch von ihren Geſichten umgeben
Jnnerlich bebt, mit himmliſchem Licht auf, und lehre ſie ferner,
Jhren erhabnen Verſoͤhner, den beſten der Menſchen, beſingen.
Jeſus war noch allein mit Johannes im Grabmal der Todten.
Unter zerſtreuten Gebeinen, von Nacht und Schatten umgeben,
Saß er, und uͤberdachte ſich ſelber, den Sohn des Vaters,
Und den Menſchen zum Tode beſtimmt. Vor ſeinem Geſichte
Sah er die Suͤnden der Menſchen, die alle, die ſeit der Erſchaffung
Adams Kinder vollbrachten, auch die, ſo die ſchlimmere Nachwelt
Suͤndigen wird, ein unzaͤhlbares Heer, Gott fliehend, vorbeygehn.
Satan war mitten darinnen, und herrſchte. Vom Angeſicht Gottes
Trieb er, den Suͤnder, das Menſchengeſchlecht, und verſammelt es zu ſich,
Wie die Ebnen des Meers ein mitternaͤchtlicher Strudel
Rings um in ſich verſchlingt, und immer zum Untergang offen,
Unſichtbar unter den Wolken des niederſteigenden Himmels,
Alle zu ſichre Bewohner des Meers in die Tiefen hinabzieht.
Jeſus ſah die Suͤnden und Satan. Drauf ſah er zu Gott auf.
Gott, ſein Vater, ſah auch nach ihm tiefſinnig hernieder.
Zwar brach aus ſeinem erhabenen Blick das ernſte Gerichte
Langſam hervor; zwar donnerte Gott, und ſchreckt ihn von ferne.
Gleichwohl blieben noch Zuͤge des unausſprechlichen Laͤchelns
Jn dem Antlitz voll Gnade zuruͤck. Die Seraphim ſagen,
Da-
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[72/0084] Der Meßias. Und du, die du zur Hoͤlle mich fuͤhrteſt, unſterbliche Muſe, Und nun meinen noch bebenden Geiſt zuruͤcke gebracht haſt, Du, die vom goͤttlichen Blick die ernſte Gerechtigkeit lernte, Aber auch ihren Vertrauten mit ſuͤſſer Freundlichkeit laͤchelt, Heitre die Seele, die noch von ihren Geſichten umgeben Jnnerlich bebt, mit himmliſchem Licht auf, und lehre ſie ferner, Jhren erhabnen Verſoͤhner, den beſten der Menſchen, beſingen. Jeſus war noch allein mit Johannes im Grabmal der Todten. Unter zerſtreuten Gebeinen, von Nacht und Schatten umgeben, Saß er, und uͤberdachte ſich ſelber, den Sohn des Vaters, Und den Menſchen zum Tode beſtimmt. Vor ſeinem Geſichte Sah er die Suͤnden der Menſchen, die alle, die ſeit der Erſchaffung Adams Kinder vollbrachten, auch die, ſo die ſchlimmere Nachwelt Suͤndigen wird, ein unzaͤhlbares Heer, Gott fliehend, vorbeygehn. Satan war mitten darinnen, und herrſchte. Vom Angeſicht Gottes Trieb er, den Suͤnder, das Menſchengeſchlecht, und verſammelt es zu ſich, Wie die Ebnen des Meers ein mitternaͤchtlicher Strudel Rings um in ſich verſchlingt, und immer zum Untergang offen, Unſichtbar unter den Wolken des niederſteigenden Himmels, Alle zu ſichre Bewohner des Meers in die Tiefen hinabzieht. Jeſus ſah die Suͤnden und Satan. Drauf ſah er zu Gott auf. Gott, ſein Vater, ſah auch nach ihm tiefſinnig hernieder. Zwar brach aus ſeinem erhabenen Blick das ernſte Gerichte Langſam hervor; zwar donnerte Gott, und ſchreckt ihn von ferne. Gleichwohl blieben noch Zuͤge des unausſprechlichen Laͤchelns Jn dem Antlitz voll Gnade zuruͤck. Die Seraphim ſagen, Da-

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias01_1751/84>, abgerufen am 27.11.2024.