[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.
Und D 4
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<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="21"> <l> <pb facs="#f0067" n="55"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zweyter Geſang.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Der du von Ewigkeit biſt, der du lange ſchon vor mir geweſen,</l><lb/> <l>Sey mir gegruͤßt! Aus dir, o du der Erbarmungen Fuͤlle!</l><lb/> <l>Nehmen wir Gnad um Gnade. Durch Moſen gab Gott die Geſetze,</l><lb/> <l>Aber durch den Geſalbten des Herrn koͤmmt Wahrheit und Gnade.</l><lb/> <l>Jſt das nicht hoch und prophetiſch genug? So iſt es, wenn Traͤumer</l><lb/> <l>Traͤumer beſingen, da bauen ſie ſich ein heiliges Dunkel.</l><lb/> <l>Und ach! die armen unſterblichen Goͤtter ſind viel zu geringe,</l><lb/> <l>Bis ins innre Gebaͤu der Geheimniſſe durchzuſchauen.</l><lb/> <l>Will er uns nicht den hohen Meßias, den Koͤnig des Himmels,</l><lb/> <l>Jenen Donnerer Gottes, der in der gewaltigen Ruͤſtung</l><lb/> <l>Wider uns ſtritt, bis wir die neuen Welten erreichten,</l><lb/> <l>Unſern wuͤrdigen Feind und erhabenen Widerſacher,</l><lb/> <l>Will er den nicht in jene Geſtalt, die wir toͤdten, verkleiden?</l><lb/> <l>Zwar er ſelber, das Erdengeſchoͤpf, von dem der Prophet traͤumt,</l><lb/> <l>Duͤnkt ſich nicht wenig zu ſeyn. Bald hat er die Todten erwecket,</l><lb/> <l>Die doch der Ewige muͤhfam, ja muͤhſam, ſonſt thaͤt ers wohl oͤfters!</l><lb/> <l>Seine veraltete Macht nicht ganz zu vergeſſen, erwecket.</l><lb/> <l>Bald will er gar das ganze Geſchlecht der ſterblichen Menſchen</l><lb/> <l>Von der Suͤnd und vom Tode befreyn: von der Suͤnde, die allen</l><lb/> <l>Eingepflanzt iſt, und immer empoͤrend und ungeſtuͤm immer</l><lb/> <l>Gott in ihren unſterblichen Seelen entgegen ſich auflehnt,</l><lb/> <l>Unbezwingbar der ſclaviſchen Pflicht: auch vom Tode, der alle,</l><lb/> <l>Der das ganze Geſchlecht, ſo oft wir ihm winken, durchwuͤrget,</l><lb/> <l>Will er ſie alle befreyn; euch auch, verworfene Seelen,</l><lb/> <l>Die ich ſeit der Schoͤpfung zu mir, wie den Ocean, ſammle,</l><lb/> <l>Wie die Geſtirne, wie Gott die anbetenden ſclaviſchen Saͤnger;</l><lb/> <l>Ja, euch auch, die die ewige Nacht im Abgrunde quaͤlet,<lb/> <fw place="bottom" type="sig">D 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [55/0067]
Zweyter Geſang.
Der du von Ewigkeit biſt, der du lange ſchon vor mir geweſen,
Sey mir gegruͤßt! Aus dir, o du der Erbarmungen Fuͤlle!
Nehmen wir Gnad um Gnade. Durch Moſen gab Gott die Geſetze,
Aber durch den Geſalbten des Herrn koͤmmt Wahrheit und Gnade.
Jſt das nicht hoch und prophetiſch genug? So iſt es, wenn Traͤumer
Traͤumer beſingen, da bauen ſie ſich ein heiliges Dunkel.
Und ach! die armen unſterblichen Goͤtter ſind viel zu geringe,
Bis ins innre Gebaͤu der Geheimniſſe durchzuſchauen.
Will er uns nicht den hohen Meßias, den Koͤnig des Himmels,
Jenen Donnerer Gottes, der in der gewaltigen Ruͤſtung
Wider uns ſtritt, bis wir die neuen Welten erreichten,
Unſern wuͤrdigen Feind und erhabenen Widerſacher,
Will er den nicht in jene Geſtalt, die wir toͤdten, verkleiden?
Zwar er ſelber, das Erdengeſchoͤpf, von dem der Prophet traͤumt,
Duͤnkt ſich nicht wenig zu ſeyn. Bald hat er die Todten erwecket,
Die doch der Ewige muͤhfam, ja muͤhſam, ſonſt thaͤt ers wohl oͤfters!
Seine veraltete Macht nicht ganz zu vergeſſen, erwecket.
Bald will er gar das ganze Geſchlecht der ſterblichen Menſchen
Von der Suͤnd und vom Tode befreyn: von der Suͤnde, die allen
Eingepflanzt iſt, und immer empoͤrend und ungeſtuͤm immer
Gott in ihren unſterblichen Seelen entgegen ſich auflehnt,
Unbezwingbar der ſclaviſchen Pflicht: auch vom Tode, der alle,
Der das ganze Geſchlecht, ſo oft wir ihm winken, durchwuͤrget,
Will er ſie alle befreyn; euch auch, verworfene Seelen,
Die ich ſeit der Schoͤpfung zu mir, wie den Ocean, ſammle,
Wie die Geſtirne, wie Gott die anbetenden ſclaviſchen Saͤnger;
Ja, euch auch, die die ewige Nacht im Abgrunde quaͤlet,
Und
D 4
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