Und aus der morschen Behausung gequälter Sterblichen wichen. Furchtsame, zittert vor dieser Versammlung, umhüllt euer Antlitz Mit verfinsternder Schaam! die Götter hörens, ihr flohet! Warum flohet ihr so, Elende? Was nanntet ihr Jesum Euer und meiner unwürdig den Sohn des ewigen Gottes? Doch daß ihr wißt, wer er sey, der unter den Jsraeliten Auch gern ein Gott wär, so höret von mir des Träumers Geschichte. Höre dus auch im hohen Triumphe, Versammlung der Götter. Unter dem Volke der Juden ist seit undenkbaren Zeiten Eine prophetische Sage gewesen; denn unter der Sonne Hat dieß Volk vor allen Geschlechten am meisten geträumet. Nach der Prophezeyung entspringt von ihnen ein Heiland, Der sie von ihren umliegenden Feinden auf ewig erlöset, Und vor allen Völkern ihr Reich zum herrlichsten Reich macht. Auch wißt ihr wohl, daß vor wenigen Jahren von unsrer Gesellschaft Einige kamen und sagten, sie hätten auf Tabors Gebirgen Eine Versammlung der Engel gesehn, die hätten den Namen, Jesus, unaufhörlich voll Entzückung und Ehrfurcht genennet, Daß die Cedern davon bis in die Wolken erbebten, Daß die Stimmen der Jubellieder die Palmenwälder Ganz durchrauschten, und Jesus allein den Tabor erfüllte. Drauf gieng mit übermüthigem Stolz, hoch, wie im Triumphe, Gabriel vom Tabor zu der Jsraelitinnen einer, Grüßte sie, wie man Unsterbliche grüßt, und sagt ihr voll Ehrfurcht, Von ihr sollt ein König entstehn, der die Herrschaften Davids Mächtig besitzen und Jsraels Erbe verherrlichen würde. Er hieß Jesus, so sollte sie ihn, den Göttersohn, nennen.
Ewig
D 2
Zweyter Geſang.
Und aus der morſchen Behauſung gequaͤlter Sterblichen wichen. Furchtſame, zittert vor dieſer Verſammlung, umhuͤllt euer Antlitz Mit verfinſternder Schaam! die Goͤtter hoͤrens, ihr flohet! Warum flohet ihr ſo, Elende? Was nanntet ihr Jeſum Euer und meiner unwuͤrdig den Sohn des ewigen Gottes? Doch daß ihr wißt, wer er ſey, der unter den Jſraeliten Auch gern ein Gott waͤr, ſo hoͤret von mir des Traͤumers Geſchichte. Hoͤre dus auch im hohen Triumphe, Verſammlung der Goͤtter. Unter dem Volke der Juden iſt ſeit undenkbaren Zeiten Eine prophetiſche Sage geweſen; denn unter der Sonne Hat dieß Volk vor allen Geſchlechten am meiſten getraͤumet. Nach der Prophezeyung entſpringt von ihnen ein Heiland, Der ſie von ihren umliegenden Feinden auf ewig erloͤſet, Und vor allen Voͤlkern ihr Reich zum herrlichſten Reich macht. Auch wißt ihr wohl, daß vor wenigen Jahren von unſrer Geſellſchaft Einige kamen und ſagten, ſie haͤtten auf Tabors Gebirgen Eine Verſammlung der Engel geſehn, die haͤtten den Namen, Jeſus, unaufhoͤrlich voll Entzuͤckung und Ehrfurcht genennet, Daß die Cedern davon bis in die Wolken erbebten, Daß die Stimmen der Jubellieder die Palmenwaͤlder Ganz durchrauſchten, und Jeſus allein den Tabor erfuͤllte. Drauf gieng mit uͤbermuͤthigem Stolz, hoch, wie im Triumphe, Gabriel vom Tabor zu der Jſraelitinnen einer, Gruͤßte ſie, wie man Unſterbliche gruͤßt, und ſagt ihr voll Ehrfurcht, Von ihr ſollt ein Koͤnig entſtehn, der die Herrſchaften Davids Maͤchtig beſitzen und Jſraels Erbe verherrlichen wuͤrde. Er hieß Jeſus, ſo ſollte ſie ihn, den Goͤtterſohn, nennen.
Ewig
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Zweyter Geſang.
Und aus der morſchen Behauſung gequaͤlter Sterblichen wichen.
Furchtſame, zittert vor dieſer Verſammlung, umhuͤllt euer Antlitz
Mit verfinſternder Schaam! die Goͤtter hoͤrens, ihr flohet!
Warum flohet ihr ſo, Elende? Was nanntet ihr Jeſum
Euer und meiner unwuͤrdig den Sohn des ewigen Gottes?
Doch daß ihr wißt, wer er ſey, der unter den Jſraeliten
Auch gern ein Gott waͤr, ſo hoͤret von mir des Traͤumers Geſchichte.
Hoͤre dus auch im hohen Triumphe, Verſammlung der Goͤtter.
Unter dem Volke der Juden iſt ſeit undenkbaren Zeiten
Eine prophetiſche Sage geweſen; denn unter der Sonne
Hat dieß Volk vor allen Geſchlechten am meiſten getraͤumet.
Nach der Prophezeyung entſpringt von ihnen ein Heiland,
Der ſie von ihren umliegenden Feinden auf ewig erloͤſet,
Und vor allen Voͤlkern ihr Reich zum herrlichſten Reich macht.
Auch wißt ihr wohl, daß vor wenigen Jahren von unſrer Geſellſchaft
Einige kamen und ſagten, ſie haͤtten auf Tabors Gebirgen
Eine Verſammlung der Engel geſehn, die haͤtten den Namen,
Jeſus, unaufhoͤrlich voll Entzuͤckung und Ehrfurcht genennet,
Daß die Cedern davon bis in die Wolken erbebten,
Daß die Stimmen der Jubellieder die Palmenwaͤlder
Ganz durchrauſchten, und Jeſus allein den Tabor erfuͤllte.
Drauf gieng mit uͤbermuͤthigem Stolz, hoch, wie im Triumphe,
Gabriel vom Tabor zu der Jſraelitinnen einer,
Gruͤßte ſie, wie man Unſterbliche gruͤßt, und ſagt ihr voll Ehrfurcht,
Von ihr ſollt ein Koͤnig entſtehn, der die Herrſchaften Davids
Maͤchtig beſitzen und Jſraels Erbe verherrlichen wuͤrde.
Er hieß Jeſus, ſo ſollte ſie ihn, den Goͤtterſohn, nennen.
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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias01_1751/63>, abgerufen am 19.07.2024.
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