Schaut er in die Finsterniß aus, und sprach zu sich selber: Also weis ers gewiß! .. Nun wird es der sanfte Johannes, Der stets lächelt, wenn man um ihn zugegen ist, sagen; Alles sagen, was ihm an dem Herzen Jesu vertraut ist. Alle werden es wissen! Es sey! Die neuen Beherrscher Müssen erst fliehn, eh sie Könige werden! Vielleicht, daß Johannes Bald sein Lächeln verlernt, und Petrus in Banden nicht kühn ist! Und selbst Jesus, wie streng, wie hochgebietend befahl er: Juda, steh auf! So gebietet er nicht dem Liebling, Johannes! Zwar den Königen wird nicht befohlen! Jch will sie noch sehen, Eh sie Könige sind; in Banden will ich sie sehen! Aber ihr Freund will sterben! .. Was ist das? Welch ein Gedanke Jst das Sterben für den, der selbst die Todten erweckt hat? Sterben! .. Will er mein Herz nur erweichen? Sey du nicht zu menschlich, Leidendes Herz! .. Wenn er stirbt, so ists nur ein Zufall gewesen, Daß er so oft den Feinden entgieng! So ist er ein Träumer, Und von Gott nicht gesandt! Auch unsre Priester sind Weise, Und geweihet von Gott. Sie haben ihn immer gehasset! Und sie handeln nach Moses Gesetz: Jch bin ihr Vertrauter! Aber er wird nicht sterben! .. Doch will ich gebunden ihn sehen, Wie er da redet? Vielleicht, daß er dann der geliebteren Jünger Hohe Würde vergißt, und den niedrigen Judas auch ansieht! Doch ich muß eilen! Es warten auf mich Jerusalems Herrscher. Also denkt er, und eilt zu des Hohenpriesters Behausung. Nunmehr war die Versammlung ganz heilig. Wie damals der Frommen Heiliges Volk, in reinerer Schönheit, vorm Antlitz des Siegers, Dessen Wunden nun glänzten, erschien, da die Jugend der Christen,
Von
Der Meßias.
Schaut er in die Finſterniß aus, und ſprach zu ſich ſelber: Alſo weis ers gewiß! .. Nun wird es der ſanfte Johannes, Der ſtets laͤchelt, wenn man um ihn zugegen iſt, ſagen; Alles ſagen, was ihm an dem Herzen Jeſu vertraut iſt. Alle werden es wiſſen! Es ſey! Die neuen Beherrſcher Muͤſſen erſt fliehn, eh ſie Koͤnige werden! Vielleicht, daß Johannes Bald ſein Laͤcheln verlernt, und Petrus in Banden nicht kuͤhn iſt! Und ſelbſt Jeſus, wie ſtreng, wie hochgebietend befahl er: Juda, ſteh auf! So gebietet er nicht dem Liebling, Johannes! Zwar den Koͤnigen wird nicht befohlen! Jch will ſie noch ſehen, Eh ſie Koͤnige ſind; in Banden will ich ſie ſehen! Aber ihr Freund will ſterben! .. Was iſt das? Welch ein Gedanke Jſt das Sterben fuͤr den, der ſelbſt die Todten erweckt hat? Sterben! .. Will er mein Herz nur erweichen? Sey du nicht zu menſchlich, Leidendes Herz! .. Wenn er ſtirbt, ſo iſts nur ein Zufall geweſen, Daß er ſo oft den Feinden entgieng! So iſt er ein Traͤumer, Und von Gott nicht geſandt! Auch unſre Prieſter ſind Weiſe, Und geweihet von Gott. Sie haben ihn immer gehaſſet! Und ſie handeln nach Moſes Geſetz: Jch bin ihr Vertrauter! Aber er wird nicht ſterben! .. Doch will ich gebunden ihn ſehen, Wie er da redet? Vielleicht, daß er dann der geliebteren Juͤnger Hohe Wuͤrde vergißt, und den niedrigen Judas auch anſieht! Doch ich muß eilen! Es warten auf mich Jeruſalems Herrſcher. Alſo denkt er, und eilt zu des Hohenprieſters Behauſung. Nunmehr war die Verſammlung ganz heilig. Wie damals der Frommen Heiliges Volk, in reinerer Schoͤnheit, vorm Antlitz des Siegers, Deſſen Wunden nun glaͤnzten, erſchien, da die Jugend der Chriſten,
Von
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Der Meßias.
Schaut er in die Finſterniß aus, und ſprach zu ſich ſelber:
Alſo weis ers gewiß! .. Nun wird es der ſanfte Johannes,
Der ſtets laͤchelt, wenn man um ihn zugegen iſt, ſagen;
Alles ſagen, was ihm an dem Herzen Jeſu vertraut iſt.
Alle werden es wiſſen! Es ſey! Die neuen Beherrſcher
Muͤſſen erſt fliehn, eh ſie Koͤnige werden! Vielleicht, daß Johannes
Bald ſein Laͤcheln verlernt, und Petrus in Banden nicht kuͤhn iſt!
Und ſelbſt Jeſus, wie ſtreng, wie hochgebietend befahl er:
Juda, ſteh auf! So gebietet er nicht dem Liebling, Johannes!
Zwar den Koͤnigen wird nicht befohlen! Jch will ſie noch ſehen,
Eh ſie Koͤnige ſind; in Banden will ich ſie ſehen!
Aber ihr Freund will ſterben! .. Was iſt das? Welch ein Gedanke
Jſt das Sterben fuͤr den, der ſelbſt die Todten erweckt hat?
Sterben! .. Will er mein Herz nur erweichen? Sey du nicht zu menſchlich,
Leidendes Herz! .. Wenn er ſtirbt, ſo iſts nur ein Zufall geweſen,
Daß er ſo oft den Feinden entgieng! So iſt er ein Traͤumer,
Und von Gott nicht geſandt! Auch unſre Prieſter ſind Weiſe,
Und geweihet von Gott. Sie haben ihn immer gehaſſet!
Und ſie handeln nach Moſes Geſetz: Jch bin ihr Vertrauter!
Aber er wird nicht ſterben! .. Doch will ich gebunden ihn ſehen,
Wie er da redet? Vielleicht, daß er dann der geliebteren Juͤnger
Hohe Wuͤrde vergißt, und den niedrigen Judas auch anſieht!
Doch ich muß eilen! Es warten auf mich Jeruſalems Herrſcher.
Alſo denkt er, und eilt zu des Hohenprieſters Behauſung.
Nunmehr war die Verſammlung ganz heilig. Wie damals der Frommen
Heiliges Volk, in reinerer Schoͤnheit, vorm Antlitz des Siegers,
Deſſen Wunden nun glaͤnzten, erſchien, da die Jugend der Chriſten,
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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias01_1751/160>, abgerufen am 16.07.2024.
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