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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.

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Vierter Gesang.

Von den Wolken der Herrlichkeit Gottes der Tempel erfüllt ward,
Daß die schauenden Priester nicht mehr zu opfern vermochten,
Und der Jubelgesang der Halleluja verstummte.
Jeder schwieg. Nur daß unterweilen der Betenden einer,
Schnell vom heiligen Schauer ergriffen, sein Angesicht aufhub,
Gegen die Nacht der Erscheinungen sah, und mit bebender Stimme,
Heilig! Heilig! sprach, und die Arme gen Himmel emporhielt.
Also schwiegen die Jünger, und also redte Lebbäus,
Da er mit leiser Stimme sich gegen Jschariot wandte:
Ach, nun weis ichs gewiß! Der Sohn des Menschen wird sterben,
Was die übrigen Jünger von seinen Reden auch denken,
Die er so oft vom Tod an uns hält! Komm, Ruhe vom Elend,
Tod! Des müden Wanderers Schlaf, und erbarme dich meiner!
Wenn, wie ein Lamm zum Altar, der beste der Menschen geführt wird;
Komm dann, mein einziger Trost! .. Hier sprach er lauter, und Seufzer
Unterbrachen die Rede des Jünglings. Jhn sah der Meßias;
Dich, Jschariot, auch. Mit menschenfreundlicher Wehmut
Schaut er in der Versammlung herum, und sagte zu ihnen:
Ja, ich muß es euch sagen! Hier, unter meinem Geliebten,
Jst ein Jünger, der mich verrathen wird, einer der Zwölfe!
Banges Erstaunen ergriff die Versammlung. Sie fragten ihn alle:
Herr, bin ichs. Der Meßias erwiedert: ja, einer der Zwölfe!
Einer von euch, die mit mir das Mahl des Bundes itzt halten.
Zwar, (hier deckte sein Antlitz die ernste Mine des Richters!)
Zwar des Menschen Sohn geht, wie es durch die Propheten gesagt ist,
Seinen erhabenen göttlichen Weg: doch, wehe dem Menschen!
Der ihn verräth. Es wäre dir besser, du wärst nicht geboren!

Jesus
K

Vierter Geſang.

Von den Wolken der Herrlichkeit Gottes der Tempel erfuͤllt ward,
Daß die ſchauenden Prieſter nicht mehr zu opfern vermochten,
Und der Jubelgeſang der Halleluja verſtummte.
Jeder ſchwieg. Nur daß unterweilen der Betenden einer,
Schnell vom heiligen Schauer ergriffen, ſein Angeſicht aufhub,
Gegen die Nacht der Erſcheinungen ſah, und mit bebender Stimme,
Heilig! Heilig! ſprach, und die Arme gen Himmel emporhielt.
Alſo ſchwiegen die Juͤnger, und alſo redte Lebbaͤus,
Da er mit leiſer Stimme ſich gegen Jſchariot wandte:
Ach, nun weis ichs gewiß! Der Sohn des Menſchen wird ſterben,
Was die uͤbrigen Juͤnger von ſeinen Reden auch denken,
Die er ſo oft vom Tod an uns haͤlt! Komm, Ruhe vom Elend,
Tod! Des muͤden Wanderers Schlaf, und erbarme dich meiner!
Wenn, wie ein Lamm zum Altar, der beſte der Menſchen gefuͤhrt wird;
Komm dann, mein einziger Troſt! .. Hier ſprach er lauter, und Seufzer
Unterbrachen die Rede des Juͤnglings. Jhn ſah der Meßias;
Dich, Jſchariot, auch. Mit menſchenfreundlicher Wehmut
Schaut er in der Verſammlung herum, und ſagte zu ihnen:
Ja, ich muß es euch ſagen! Hier, unter meinem Geliebten,
Jſt ein Juͤnger, der mich verrathen wird, einer der Zwoͤlfe!
Banges Erſtaunen ergriff die Verſammlung. Sie fragten ihn alle:
Herr, bin ichs. Der Meßias erwiedert: ja, einer der Zwoͤlfe!
Einer von euch, die mit mir das Mahl des Bundes itzt halten.
Zwar, (hier deckte ſein Antlitz die ernſte Mine des Richters!)
Zwar des Menſchen Sohn geht, wie es durch die Propheten geſagt iſt,
Seinen erhabenen goͤttlichen Weg: doch, wehe dem Menſchen!
Der ihn verraͤth. Es waͤre dir beſſer, du waͤrſt nicht geboren!

Jeſus
K
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[145/0157] Vierter Geſang. Von den Wolken der Herrlichkeit Gottes der Tempel erfuͤllt ward, Daß die ſchauenden Prieſter nicht mehr zu opfern vermochten, Und der Jubelgeſang der Halleluja verſtummte. Jeder ſchwieg. Nur daß unterweilen der Betenden einer, Schnell vom heiligen Schauer ergriffen, ſein Angeſicht aufhub, Gegen die Nacht der Erſcheinungen ſah, und mit bebender Stimme, Heilig! Heilig! ſprach, und die Arme gen Himmel emporhielt. Alſo ſchwiegen die Juͤnger, und alſo redte Lebbaͤus, Da er mit leiſer Stimme ſich gegen Jſchariot wandte: Ach, nun weis ichs gewiß! Der Sohn des Menſchen wird ſterben, Was die uͤbrigen Juͤnger von ſeinen Reden auch denken, Die er ſo oft vom Tod an uns haͤlt! Komm, Ruhe vom Elend, Tod! Des muͤden Wanderers Schlaf, und erbarme dich meiner! Wenn, wie ein Lamm zum Altar, der beſte der Menſchen gefuͤhrt wird; Komm dann, mein einziger Troſt! .. Hier ſprach er lauter, und Seufzer Unterbrachen die Rede des Juͤnglings. Jhn ſah der Meßias; Dich, Jſchariot, auch. Mit menſchenfreundlicher Wehmut Schaut er in der Verſammlung herum, und ſagte zu ihnen: Ja, ich muß es euch ſagen! Hier, unter meinem Geliebten, Jſt ein Juͤnger, der mich verrathen wird, einer der Zwoͤlfe! Banges Erſtaunen ergriff die Verſammlung. Sie fragten ihn alle: Herr, bin ichs. Der Meßias erwiedert: ja, einer der Zwoͤlfe! Einer von euch, die mit mir das Mahl des Bundes itzt halten. Zwar, (hier deckte ſein Antlitz die ernſte Mine des Richters!) Zwar des Menſchen Sohn geht, wie es durch die Propheten geſagt iſt, Seinen erhabenen goͤttlichen Weg: doch, wehe dem Menſchen! Der ihn verraͤth. Es waͤre dir beſſer, du waͤrſt nicht geboren! Jeſus K

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Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias01_1751/157>, abgerufen am 25.11.2024.