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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.

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Vierter Gesang.

Mich hat herzlich verlangt, mit euch dieß Mahl noch zu halten,
Eh ich leide. .. Bald sind sie erfüllt die Worte der Zeugen,
Welche von mir verkündiget haben. Jhr kennt den Propheten,
Der gewürdiget ward der Gottheit Erscheinung zu sehen,
Der der Seraphim Stimme vernahm, die den auf dem Throne
Mit dem festlichen Halleluja der Himmel empfiengen,
Daß vom Schalle der Lieder des Tempels Schwellen erbebten,
Und das Heiligthum ganz von Opferwolken erfüllt ward.
Damals war ich zugegen mit meinem Vater. Auch ich ward
Heilig! Heilig! genannt. Auch mir erhuben sich Opfer
Von den goldnen Altären! Auch mir erbebte der Tempel!
Denn ich bin lange vor Abram gewesen. Eh aus den Gewässern
Dieses heilige Land mit Gottes Bergen hervorstieg,
Eh die Welt war, bin ich gewesen! Doch diesen Gedanken
Faßt ihr in seiner Größe noch nicht! .. Der himmlische Seher,
Der des Vaters Herrlichkeit sah, hat auch in der Zukunft
Einen Menschen, wie ihr seyd, gesehn, und, vom Geiste gelehret,
Also von ihm geweissagt: die Schönheit des göttlichen Mannes,
Seine Gestalt ist vergangen! Das Lächeln der friedsamen Jahre
Jede Ruhe des Lebens ist hin. Das Elend der Sünder
Jst ganz über sein Haupt gekommen! Die Menschen verstummen,
Wenn sie sehen den Jammer in seiner Seele! Sie wenden
Von ihm ihr Angesicht weg. Er aber hat unsere Schmerzen
Unser Elend getragen, wir wähnten, er trüge die Lasten
Seiner Schuld! Es hätte der Rächer den Sünder erschüttert!
Aber um unserntwillen sind jene Wunden geöffnet,
Die er blutet. Wir sind die Verbrecher! Die Hand des Verderbens

Hatt'

Vierter Geſang.

Mich hat herzlich verlangt, mit euch dieß Mahl noch zu halten,
Eh ich leide. .. Bald ſind ſie erfuͤllt die Worte der Zeugen,
Welche von mir verkuͤndiget haben. Jhr kennt den Propheten,
Der gewuͤrdiget ward der Gottheit Erſcheinung zu ſehen,
Der der Seraphim Stimme vernahm, die den auf dem Throne
Mit dem feſtlichen Halleluja der Himmel empfiengen,
Daß vom Schalle der Lieder des Tempels Schwellen erbebten,
Und das Heiligthum ganz von Opferwolken erfuͤllt ward.
Damals war ich zugegen mit meinem Vater. Auch ich ward
Heilig! Heilig! genannt. Auch mir erhuben ſich Opfer
Von den goldnen Altaͤren! Auch mir erbebte der Tempel!
Denn ich bin lange vor Abram geweſen. Eh aus den Gewaͤſſern
Dieſes heilige Land mit Gottes Bergen hervorſtieg,
Eh die Welt war, bin ich geweſen! Doch dieſen Gedanken
Faßt ihr in ſeiner Groͤße noch nicht! .. Der himmliſche Seher,
Der des Vaters Herrlichkeit ſah, hat auch in der Zukunft
Einen Menſchen, wie ihr ſeyd, geſehn, und, vom Geiſte gelehret,
Alſo von ihm geweiſſagt: die Schoͤnheit des goͤttlichen Mannes,
Seine Geſtalt iſt vergangen! Das Laͤcheln der friedſamen Jahre
Jede Ruhe des Lebens iſt hin. Das Elend der Suͤnder
Jſt ganz uͤber ſein Haupt gekommen! Die Menſchen verſtummen,
Wenn ſie ſehen den Jammer in ſeiner Seele! Sie wenden
Von ihm ihr Angeſicht weg. Er aber hat unſere Schmerzen
Unſer Elend getragen, wir waͤhnten, er truͤge die Laſten
Seiner Schuld! Es haͤtte der Raͤcher den Suͤnder erſchuͤttert!
Aber um unſerntwillen ſind jene Wunden geoͤffnet,
Die er blutet. Wir ſind die Verbrecher! Die Hand des Verderbens

Hatt’
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[143/0155] Vierter Geſang. Mich hat herzlich verlangt, mit euch dieß Mahl noch zu halten, Eh ich leide. .. Bald ſind ſie erfuͤllt die Worte der Zeugen, Welche von mir verkuͤndiget haben. Jhr kennt den Propheten, Der gewuͤrdiget ward der Gottheit Erſcheinung zu ſehen, Der der Seraphim Stimme vernahm, die den auf dem Throne Mit dem feſtlichen Halleluja der Himmel empfiengen, Daß vom Schalle der Lieder des Tempels Schwellen erbebten, Und das Heiligthum ganz von Opferwolken erfuͤllt ward. Damals war ich zugegen mit meinem Vater. Auch ich ward Heilig! Heilig! genannt. Auch mir erhuben ſich Opfer Von den goldnen Altaͤren! Auch mir erbebte der Tempel! Denn ich bin lange vor Abram geweſen. Eh aus den Gewaͤſſern Dieſes heilige Land mit Gottes Bergen hervorſtieg, Eh die Welt war, bin ich geweſen! Doch dieſen Gedanken Faßt ihr in ſeiner Groͤße noch nicht! .. Der himmliſche Seher, Der des Vaters Herrlichkeit ſah, hat auch in der Zukunft Einen Menſchen, wie ihr ſeyd, geſehn, und, vom Geiſte gelehret, Alſo von ihm geweiſſagt: die Schoͤnheit des goͤttlichen Mannes, Seine Geſtalt iſt vergangen! Das Laͤcheln der friedſamen Jahre Jede Ruhe des Lebens iſt hin. Das Elend der Suͤnder Jſt ganz uͤber ſein Haupt gekommen! Die Menſchen verſtummen, Wenn ſie ſehen den Jammer in ſeiner Seele! Sie wenden Von ihm ihr Angeſicht weg. Er aber hat unſere Schmerzen Unſer Elend getragen, wir waͤhnten, er truͤge die Laſten Seiner Schuld! Es haͤtte der Raͤcher den Suͤnder erſchuͤttert! Aber um unſerntwillen ſind jene Wunden geoͤffnet, Die er blutet. Wir ſind die Verbrecher! Die Hand des Verderbens Hatt’

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Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias01_1751/155>, abgerufen am 23.11.2024.