Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Meßias.

Simon Petrus wird auch von der Wut des Verderbers gesuchet.
Sey sein Engel! Es hat mein Johannes zween heilige Wächter.
Petrus soll sie auch haben. Er wird die Lieder einst hören,
Die den Ueberwindern ihr singt, und im Tode mir gleichen.
Kaum vernahm dieß der Seraph, so stralt er vor wallender Freude
Jn Orious Umarmung, der ihren Jünger beschützte.
Jesus eilte nunmehr, mit seinen Jüngern das letzte
Festliche Mahl zu halten. Er gieng viel hohe Paläste
Prächtiger Sünder vorbey, trat itzt in die stillere Wohnung
Eines verkannten und redlichen Manns. Sie legten sich schweigend
Um das bereitete Lamm des Bundes. Zu nächst am Meßias
Lag Johannes, und lächelte sanft. Viel heitrer sah Jesus
Jn die Versammlung herum. Von seinem Auge floß Ruhe,
Frohe, tiefsinnige Wehmut, und Seligkeit, in die Versammlung.
So ist, nach dem Gefühl der ersten Entzückungen, Joseph
Unter seinen Brüdern gewesen, da itzo die Thränen,
Da die lauten Thränen im sehenden Auge verstummten,
Da die Sprache zurückkam, nicht mehr, am Halse des Bruders,
Benjamin hieng, und nun sein alter Vater noch lebte.

Meld itzt, mein Lied, den Abschied des Liebenden von dem Geliebten,
Und die Reden der trauernden Freundschast. Wie damals der Jünger,
Der mit dem hohen Jakobus ein Sohn des Donners genennt ward,
Und in der einsamen Patmus die Offenbarung auch sahe,
An der Brust des Meßias des vollen Herzens Empfindung
Sprach, und gen Himmel vom Auge des Liebenswürdigen aufsah;
Also fließe mein Lied voll Empfindung und seliger Einfalt.
Jesus sprach, und sein Auge sah wehmutsvoll in die Versammlung:
Mich

Der Meßias.

Simon Petrus wird auch von der Wut des Verderbers geſuchet.
Sey ſein Engel! Es hat mein Johannes zween heilige Waͤchter.
Petrus ſoll ſie auch haben. Er wird die Lieder einſt hoͤren,
Die den Ueberwindern ihr ſingt, und im Tode mir gleichen.
Kaum vernahm dieß der Seraph, ſo ſtralt er vor wallender Freude
Jn Orious Umarmung, der ihren Juͤnger beſchuͤtzte.
Jeſus eilte nunmehr, mit ſeinen Juͤngern das letzte
Feſtliche Mahl zu halten. Er gieng viel hohe Palaͤſte
Praͤchtiger Suͤnder vorbey, trat itzt in die ſtillere Wohnung
Eines verkannten und redlichen Manns. Sie legten ſich ſchweigend
Um das bereitete Lamm des Bundes. Zu naͤchſt am Meßias
Lag Johannes, und laͤchelte ſanft. Viel heitrer ſah Jeſus
Jn die Verſammlung herum. Von ſeinem Auge floß Ruhe,
Frohe, tiefſinnige Wehmut, und Seligkeit, in die Verſammlung.
So iſt, nach dem Gefuͤhl der erſten Entzuͤckungen, Joſeph
Unter ſeinen Bruͤdern geweſen, da itzo die Thraͤnen,
Da die lauten Thraͤnen im ſehenden Auge verſtummten,
Da die Sprache zuruͤckkam, nicht mehr, am Halſe des Bruders,
Benjamin hieng, und nun ſein alter Vater noch lebte.

Meld itzt, mein Lied, den Abſchied des Liebenden von dem Geliebten,
Und die Reden der trauernden Freundſchaſt. Wie damals der Juͤnger,
Der mit dem hohen Jakobus ein Sohn des Donners genennt ward,
Und in der einſamen Patmus die Offenbarung auch ſahe,
An der Bruſt des Meßias des vollen Herzens Empfindung
Sprach, und gen Himmel vom Auge des Liebenswuͤrdigen aufſah;
Alſo fließe mein Lied voll Empfindung und ſeliger Einfalt.
Jeſus ſprach, und ſein Auge ſah wehmutsvoll in die Verſammlung:
Mich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="4">
              <l>
                <pb facs="#f0154" n="142"/>
                <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Meßias.</hi> </fw>
              </l><lb/>
              <l>Simon Petrus wird auch von der Wut des Verderbers ge&#x017F;uchet.</l><lb/>
              <l>Sey &#x017F;ein Engel! Es hat mein Johannes zween heilige Wa&#x0364;chter.</l><lb/>
              <l>Petrus &#x017F;oll &#x017F;ie auch haben. Er wird die Lieder ein&#x017F;t ho&#x0364;ren,</l><lb/>
              <l>Die den Ueberwindern ihr &#x017F;ingt, und im Tode mir gleichen.</l><lb/>
              <l>Kaum vernahm dieß der Seraph, &#x017F;o &#x017F;tralt er vor wallender Freude</l><lb/>
              <l>Jn Orious Umarmung, der ihren Ju&#x0364;nger be&#x017F;chu&#x0364;tzte.</l><lb/>
              <l>Je&#x017F;us eilte nunmehr, mit &#x017F;einen Ju&#x0364;ngern das letzte</l><lb/>
              <l>Fe&#x017F;tliche Mahl zu halten. Er gieng viel hohe Pala&#x0364;&#x017F;te</l><lb/>
              <l>Pra&#x0364;chtiger Su&#x0364;nder vorbey, trat itzt in die &#x017F;tillere Wohnung</l><lb/>
              <l>Eines verkannten und redlichen Manns. Sie legten &#x017F;ich &#x017F;chweigend</l><lb/>
              <l>Um das bereitete Lamm des Bundes. Zu na&#x0364;ch&#x017F;t am Meßias</l><lb/>
              <l>Lag Johannes, und la&#x0364;chelte &#x017F;anft. Viel heitrer &#x017F;ah Je&#x017F;us</l><lb/>
              <l>Jn die Ver&#x017F;ammlung herum. Von &#x017F;einem Auge floß Ruhe,</l><lb/>
              <l>Frohe, tief&#x017F;innige Wehmut, und Seligkeit, in die Ver&#x017F;ammlung.</l><lb/>
              <l>So i&#x017F;t, nach dem Gefu&#x0364;hl der er&#x017F;ten Entzu&#x0364;ckungen, Jo&#x017F;eph</l><lb/>
              <l>Unter &#x017F;einen Bru&#x0364;dern gewe&#x017F;en, da itzo die Thra&#x0364;nen,</l><lb/>
              <l>Da die lauten Thra&#x0364;nen im &#x017F;ehenden Auge ver&#x017F;tummten,</l><lb/>
              <l>Da die Sprache zuru&#x0364;ckkam, nicht mehr, am Hal&#x017F;e des Bruders,</l><lb/>
              <l>Benjamin hieng, und nun &#x017F;ein alter Vater noch lebte.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Meld itzt, mein Lied, den Ab&#x017F;chied des Liebenden von dem Geliebten,</l><lb/>
              <l>Und die Reden der trauernden Freund&#x017F;cha&#x017F;t. Wie damals der Ju&#x0364;nger,</l><lb/>
              <l>Der mit dem hohen Jakobus ein Sohn des Donners genennt ward,</l><lb/>
              <l>Und in der ein&#x017F;amen Patmus die Offenbarung auch &#x017F;ahe,</l><lb/>
              <l>An der Bru&#x017F;t des Meßias des vollen Herzens Empfindung</l><lb/>
              <l>Sprach, und gen Himmel vom Auge des Liebenswu&#x0364;rdigen auf&#x017F;ah;</l><lb/>
              <l>Al&#x017F;o fließe mein Lied voll Empfindung und &#x017F;eliger Einfalt.</l><lb/>
              <l>Je&#x017F;us &#x017F;prach, und &#x017F;ein Auge &#x017F;ah wehmutsvoll in die Ver&#x017F;ammlung:<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Mich</fw><lb/></l>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[142/0154] Der Meßias. Simon Petrus wird auch von der Wut des Verderbers geſuchet. Sey ſein Engel! Es hat mein Johannes zween heilige Waͤchter. Petrus ſoll ſie auch haben. Er wird die Lieder einſt hoͤren, Die den Ueberwindern ihr ſingt, und im Tode mir gleichen. Kaum vernahm dieß der Seraph, ſo ſtralt er vor wallender Freude Jn Orious Umarmung, der ihren Juͤnger beſchuͤtzte. Jeſus eilte nunmehr, mit ſeinen Juͤngern das letzte Feſtliche Mahl zu halten. Er gieng viel hohe Palaͤſte Praͤchtiger Suͤnder vorbey, trat itzt in die ſtillere Wohnung Eines verkannten und redlichen Manns. Sie legten ſich ſchweigend Um das bereitete Lamm des Bundes. Zu naͤchſt am Meßias Lag Johannes, und laͤchelte ſanft. Viel heitrer ſah Jeſus Jn die Verſammlung herum. Von ſeinem Auge floß Ruhe, Frohe, tiefſinnige Wehmut, und Seligkeit, in die Verſammlung. So iſt, nach dem Gefuͤhl der erſten Entzuͤckungen, Joſeph Unter ſeinen Bruͤdern geweſen, da itzo die Thraͤnen, Da die lauten Thraͤnen im ſehenden Auge verſtummten, Da die Sprache zuruͤckkam, nicht mehr, am Halſe des Bruders, Benjamin hieng, und nun ſein alter Vater noch lebte. Meld itzt, mein Lied, den Abſchied des Liebenden von dem Geliebten, Und die Reden der trauernden Freundſchaſt. Wie damals der Juͤnger, Der mit dem hohen Jakobus ein Sohn des Donners genennt ward, Und in der einſamen Patmus die Offenbarung auch ſahe, An der Bruſt des Meßias des vollen Herzens Empfindung Sprach, und gen Himmel vom Auge des Liebenswuͤrdigen aufſah; Alſo fließe mein Lied voll Empfindung und ſeliger Einfalt. Jeſus ſprach, und ſein Auge ſah wehmutsvoll in die Verſammlung: Mich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias01_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias01_1751/154
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias01_1751/154>, abgerufen am 23.11.2024.