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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.

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Der Meßias.

Wandelt neben ihm unsichtbar her, und redt, wie die Seele
Eines entschlafenden Christen die letzten Empfindungen denket.
Sanft, mit leisen Worten, ihn an: Jschariots Elend
Jst schon vor deiner Allwissenheit Auge vorüber gegangen,
Und du kennst des Unwürdigen That. .. Er hat dich verrathen!
Er, den dein Wandel gelehrt, der deine Wunder gesehen,
Dem dein Mund das Geheimste von jenem Leben enthüllt hat,
Den du würdigtest, Jünger zu nennen! Er hat dich verrathen!
Noch ertönt mir die fliegende Stimme des hohen Eloa
Süß im Ohre, noch öffnen sich mir die Lippen des Seraphs,
Als er zu deinem Throne mich rief; auf die Erde zu eilen,
Und Jschariots Engel zu seyn! Jtzt verlaß ich den Sünder!
Bin sein Engel nicht mehr! Sein Zeuge, den Tag der Vergeltung,
Der will ich seyn! Und gegen ihn mit der Stimme der Donner
Meine Rede bewaffnen! Und zwischen den glänzenden Stülen
Derer, die würdiger waren, mit dir den Erdkreis zu richten,
Dunkel hervorgehn, und gegen die Nacht am Throne verbreitet,
Meine rechte Hand aufthun, und sagen: bey dem, der geblutet;
Von den Höhen des Kreuzes herab, sein Leben geblutet!
Durch die Hand des Geliebten: Jschariot hat sich gebrandmarkt
Auf den furchtbaren Tag! Er selber hat das Verderben
Ueber sein Haupt gerufen! Durch laute Thaten das Schicksal
Der Verworsnen gerufen! Er ist es würdig, gerichtet,
Und von dem Antlitz des Menschensohnes verworfen zu werden!
Würdig, die Wege des ewigen Todes zu wandeln! Sein Blut sey
Ueber ihn selber! Jch bin unschuldig am Blute des Sünders!
Ach, ganz andre Gedanken, von einer helleren Aussicht,

Hat'

Der Meßias.

Wandelt neben ihm unſichtbar her, und redt, wie die Seele
Eines entſchlafenden Chriſten die letzten Empfindungen denket.
Sanft, mit leiſen Worten, ihn an: Jſchariots Elend
Jſt ſchon vor deiner Allwiſſenheit Auge voruͤber gegangen,
Und du kennſt des Unwuͤrdigen That. .. Er hat dich verrathen!
Er, den dein Wandel gelehrt, der deine Wunder geſehen,
Dem dein Mund das Geheimſte von jenem Leben enthuͤllt hat,
Den du wuͤrdigteſt, Juͤnger zu nennen! Er hat dich verrathen!
Noch ertoͤnt mir die fliegende Stimme des hohen Eloa
Suͤß im Ohre, noch oͤffnen ſich mir die Lippen des Seraphs,
Als er zu deinem Throne mich rief; auf die Erde zu eilen,
Und Jſchariots Engel zu ſeyn! Jtzt verlaß ich den Suͤnder!
Bin ſein Engel nicht mehr! Sein Zeuge, den Tag der Vergeltung,
Der will ich ſeyn! Und gegen ihn mit der Stimme der Donner
Meine Rede bewaffnen! Und zwiſchen den glaͤnzenden Stuͤlen
Derer, die wuͤrdiger waren, mit dir den Erdkreis zu richten,
Dunkel hervorgehn, und gegen die Nacht am Throne verbreitet,
Meine rechte Hand aufthun, und ſagen: bey dem, der geblutet;
Von den Hoͤhen des Kreuzes herab, ſein Leben geblutet!
Durch die Hand des Geliebten: Jſchariot hat ſich gebrandmarkt
Auf den furchtbaren Tag! Er ſelber hat das Verderben
Ueber ſein Haupt gerufen! Durch laute Thaten das Schickſal
Der Verworſnen gerufen! Er iſt es wuͤrdig, gerichtet,
Und von dem Antlitz des Menſchenſohnes verworfen zu werden!
Wuͤrdig, die Wege des ewigen Todes zu wandeln! Sein Blut ſey
Ueber ihn ſelber! Jch bin unſchuldig am Blute des Suͤnders!
Ach, ganz andre Gedanken, von einer helleren Ausſicht,

Hat’
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[140/0152] Der Meßias. Wandelt neben ihm unſichtbar her, und redt, wie die Seele Eines entſchlafenden Chriſten die letzten Empfindungen denket. Sanft, mit leiſen Worten, ihn an: Jſchariots Elend Jſt ſchon vor deiner Allwiſſenheit Auge voruͤber gegangen, Und du kennſt des Unwuͤrdigen That. .. Er hat dich verrathen! Er, den dein Wandel gelehrt, der deine Wunder geſehen, Dem dein Mund das Geheimſte von jenem Leben enthuͤllt hat, Den du wuͤrdigteſt, Juͤnger zu nennen! Er hat dich verrathen! Noch ertoͤnt mir die fliegende Stimme des hohen Eloa Suͤß im Ohre, noch oͤffnen ſich mir die Lippen des Seraphs, Als er zu deinem Throne mich rief; auf die Erde zu eilen, Und Jſchariots Engel zu ſeyn! Jtzt verlaß ich den Suͤnder! Bin ſein Engel nicht mehr! Sein Zeuge, den Tag der Vergeltung, Der will ich ſeyn! Und gegen ihn mit der Stimme der Donner Meine Rede bewaffnen! Und zwiſchen den glaͤnzenden Stuͤlen Derer, die wuͤrdiger waren, mit dir den Erdkreis zu richten, Dunkel hervorgehn, und gegen die Nacht am Throne verbreitet, Meine rechte Hand aufthun, und ſagen: bey dem, der geblutet; Von den Hoͤhen des Kreuzes herab, ſein Leben geblutet! Durch die Hand des Geliebten: Jſchariot hat ſich gebrandmarkt Auf den furchtbaren Tag! Er ſelber hat das Verderben Ueber ſein Haupt gerufen! Durch laute Thaten das Schickſal Der Verworſnen gerufen! Er iſt es wuͤrdig, gerichtet, Und von dem Antlitz des Menſchenſohnes verworfen zu werden! Wuͤrdig, die Wege des ewigen Todes zu wandeln! Sein Blut ſey Ueber ihn ſelber! Jch bin unſchuldig am Blute des Suͤnders! Ach, ganz andre Gedanken, von einer helleren Ausſicht, Hat’

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Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias01_1751/152>, abgerufen am 23.11.2024.