[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.
Da
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<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="4"> <l> <pb facs="#f0148" n="136"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Meßias.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Zu den Todten hinunter begraben, im Schoße der Erde,</l><lb/> <l>Welche mit Mutterhaͤnden den muͤden Wanderer aufnimmt,</l><lb/> <l>Seine Thraͤnen, und ihn! Wie iſt mein dauernder Jammer</l><lb/> <l>Ohne Maß! Jch verkenne die Herrlichkeit meines Lebens!</l><lb/> <l>Und die Stimme des Sohnes Gottes, die zu mir hinabkam</l><lb/> <l>Jn die Graͤber! Vergebens vernahm ich den Fußtritt der Allmacht,</l><lb/> <l>Jhren donnernden Gang, daß jeder gebeinvolle Huͤgel</l><lb/> <l>Unter mir bebte, daß uͤber mir klangen die Halleluja</l><lb/> <l>Derer, die niemals die Schauer der Auferſtehung empfanden.</l><lb/> <l>Hier verſtummt er, und neigte ſein Haupt, und verhuͤllte ſein Antlitz.</l><lb/> <l>Aber die Mutter Jeſu ſtand auf. Er koͤmmt nicht, Johannes,</l><lb/> <l>Sagte ſie aͤngſtlich; ich eil ihm entgegen. Wenn ihn nun die Mordſucht</l><lb/> <l>Seiner Feinde nicht ſchon zu den todten Propheten geſandt hat!</l><lb/> <l>Wenn er noch lebt, wenn mein Sohn noch lebt, und wenn ich es werth bin,</l><lb/> <l>Jhn noch einmal zu ſehn; mit meinen Augen zu ſchauen,</l><lb/> <l>Des Propheten Geſtalt, und meines Sohnes Geberde!</l><lb/> <l>Und dann ſein gnaͤdiges Antlitz auf ſeine Mutter noch einmal</l><lb/> <l>Wuͤrdigt herunter zu laͤcheln; ſo will ich zitternd es wagen,</l><lb/> <l>Hin zu ſeinen goͤttlichen Fuͤſſen … (Es hat ja begnadigt</l><lb/> <l>Magdale Maria zu ſeinen Fuͤſſen geweinet,</l><lb/> <l>Die doch ſeine Mutter nicht iſt!) Da will ich es wagen,</l><lb/> <l>Zitternd mich nieder zu werfen! Jch will ſie feſt an mich halten,</l><lb/> <l>Und laut weinen! Und wenn dann mein Auge ſich muͤde geweint hat,</l><lb/> <l>Will ich muͤtterlich ihn in ſein Antlitz anſehn, und ſagen:</l><lb/> <l>Um der Thraͤnen willen, der Erſtlinge deiner Erbarmung,</l><lb/> <l>Die du, als du geboren warſt, weinteſt! Um jener Entzuͤckung,</l><lb/> <l>Jener Seligkeit willen, die in mein Herze ſich ausgoß,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Da</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [136/0148]
Der Meßias.
Zu den Todten hinunter begraben, im Schoße der Erde,
Welche mit Mutterhaͤnden den muͤden Wanderer aufnimmt,
Seine Thraͤnen, und ihn! Wie iſt mein dauernder Jammer
Ohne Maß! Jch verkenne die Herrlichkeit meines Lebens!
Und die Stimme des Sohnes Gottes, die zu mir hinabkam
Jn die Graͤber! Vergebens vernahm ich den Fußtritt der Allmacht,
Jhren donnernden Gang, daß jeder gebeinvolle Huͤgel
Unter mir bebte, daß uͤber mir klangen die Halleluja
Derer, die niemals die Schauer der Auferſtehung empfanden.
Hier verſtummt er, und neigte ſein Haupt, und verhuͤllte ſein Antlitz.
Aber die Mutter Jeſu ſtand auf. Er koͤmmt nicht, Johannes,
Sagte ſie aͤngſtlich; ich eil ihm entgegen. Wenn ihn nun die Mordſucht
Seiner Feinde nicht ſchon zu den todten Propheten geſandt hat!
Wenn er noch lebt, wenn mein Sohn noch lebt, und wenn ich es werth bin,
Jhn noch einmal zu ſehn; mit meinen Augen zu ſchauen,
Des Propheten Geſtalt, und meines Sohnes Geberde!
Und dann ſein gnaͤdiges Antlitz auf ſeine Mutter noch einmal
Wuͤrdigt herunter zu laͤcheln; ſo will ich zitternd es wagen,
Hin zu ſeinen goͤttlichen Fuͤſſen … (Es hat ja begnadigt
Magdale Maria zu ſeinen Fuͤſſen geweinet,
Die doch ſeine Mutter nicht iſt!) Da will ich es wagen,
Zitternd mich nieder zu werfen! Jch will ſie feſt an mich halten,
Und laut weinen! Und wenn dann mein Auge ſich muͤde geweint hat,
Will ich muͤtterlich ihn in ſein Antlitz anſehn, und ſagen:
Um der Thraͤnen willen, der Erſtlinge deiner Erbarmung,
Die du, als du geboren warſt, weinteſt! Um jener Entzuͤckung,
Jener Seligkeit willen, die in mein Herze ſich ausgoß,
Da
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