[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.
Das
Das
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="4"> <l> <pb facs="#f0132" n="120"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Meßias.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Haͤtteſt du Augen, zu ſehn! Und Ohren zu hoͤren, und waͤre</l><lb/> <l>Nicht dein Verſtand mit Dunkel umhuͤllt, und dein Herz voll Bosheit:</l><lb/> <l>O, ſo haͤtteſt du lange den Sohn des ewigen Vaters</l><lb/> <l>Jn ihm erkannt! Und waͤrſt du hierzu, zu niedrig geweſen</l><lb/> <l>Haͤtteſt du Gott doch geſcheut! Und tief im Staube gewartet,</l><lb/> <l>Bis ihn der Richter der Welt vom Himmel gerechtfertigt haͤtte:</l><lb/> <l>Oder uͤber ſein Haupt dem Untergange gerufen.</l><lb/> <l>Religion der Gottheit! Du heilige Menſchenfreundinn!</l><lb/> <l>Tochter Gottes, der Tugend erhabenſte Lehrerinn, Ruhe,</l><lb/> <l>Beſter Segen des Himmels, wie Gott dein Stifter, unſterblich!</l><lb/> <l>Schoͤn wie der Seligen einer! Suͤß, wie das ewige Leben!</l><lb/> <l>Schoͤpferinn hoher Gedanken! Der Froͤmmigkeit ſeligſter Urquell!</l><lb/> <l>Oder wie ſonſt noch ein Seraph dich, Unausſprechliche! nennet;</l><lb/> <l>Wenn dein lichtheller Stral in edlere Seelen ſich ſenket:</l><lb/> <l>Aber ein Schwert in des Raſenden Hand! des Bluts und des Wuͤrgens</l><lb/> <l>Prieſterinn! Tochter des erſten Empoͤrers! Nicht Religion mehr!</l><lb/> <l>Schwarz, wie die ewige Nacht! Furchtbar, wie das Blut der Erwuͤrgten,</l><lb/> <l>Die du ſchlachteſt, und uͤber Altaͤren auf Todten dahergehſt!</l><lb/> <l>Raͤuberinn des Donners, den Gottes rechte Hand ſich nur</l><lb/> <l>Vorbehielt! Dein Fuß ſteht, tief auf der Hoͤlle, dein Haupt droht</l><lb/> <l>Gegen den Himmel empor; wenn dich die Seele des Suͤnders</l><lb/> <l>Ungeſtalt macht, wenn ein Menſchenfeind dich, zur Abſcheulichen, umſchaft!</l><lb/> <l>Religion der Gottheit! Du alſo lehrſt uns den wuͤrgen,</l><lb/> <l>Ohne den du nichts waͤrſt, den deine goͤttlichſten Kinder</l><lb/> <l>Sangen, eh du zu Menſchen noch kamſt, entheiligt zu werden,</l><lb/> <l>Deinen Stifter zugleich und deinen goͤttlichen Jnhalt,</l><lb/> <l>Religion! Den lehrteſt du wuͤrgen? Das lehreſt du uns nicht!<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Das</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [120/0132]
Der Meßias.
Haͤtteſt du Augen, zu ſehn! Und Ohren zu hoͤren, und waͤre
Nicht dein Verſtand mit Dunkel umhuͤllt, und dein Herz voll Bosheit:
O, ſo haͤtteſt du lange den Sohn des ewigen Vaters
Jn ihm erkannt! Und waͤrſt du hierzu, zu niedrig geweſen
Haͤtteſt du Gott doch geſcheut! Und tief im Staube gewartet,
Bis ihn der Richter der Welt vom Himmel gerechtfertigt haͤtte:
Oder uͤber ſein Haupt dem Untergange gerufen.
Religion der Gottheit! Du heilige Menſchenfreundinn!
Tochter Gottes, der Tugend erhabenſte Lehrerinn, Ruhe,
Beſter Segen des Himmels, wie Gott dein Stifter, unſterblich!
Schoͤn wie der Seligen einer! Suͤß, wie das ewige Leben!
Schoͤpferinn hoher Gedanken! Der Froͤmmigkeit ſeligſter Urquell!
Oder wie ſonſt noch ein Seraph dich, Unausſprechliche! nennet;
Wenn dein lichtheller Stral in edlere Seelen ſich ſenket:
Aber ein Schwert in des Raſenden Hand! des Bluts und des Wuͤrgens
Prieſterinn! Tochter des erſten Empoͤrers! Nicht Religion mehr!
Schwarz, wie die ewige Nacht! Furchtbar, wie das Blut der Erwuͤrgten,
Die du ſchlachteſt, und uͤber Altaͤren auf Todten dahergehſt!
Raͤuberinn des Donners, den Gottes rechte Hand ſich nur
Vorbehielt! Dein Fuß ſteht, tief auf der Hoͤlle, dein Haupt droht
Gegen den Himmel empor; wenn dich die Seele des Suͤnders
Ungeſtalt macht, wenn ein Menſchenfeind dich, zur Abſcheulichen, umſchaft!
Religion der Gottheit! Du alſo lehrſt uns den wuͤrgen,
Ohne den du nichts waͤrſt, den deine goͤttlichſten Kinder
Sangen, eh du zu Menſchen noch kamſt, entheiligt zu werden,
Deinen Stifter zugleich und deinen goͤttlichen Jnhalt,
Religion! Den lehrteſt du wuͤrgen? Das lehreſt du uns nicht!
Das
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