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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774.

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in diesem Falle nicht leicht dazu kommen Al-
dermänner zu werden. Wenn sie nicht we-
nigstens zwey Stimmen über die Hälfte ha-
ben; so sind sie nicht gewählt. Wir haben
noch kein Beyspiel, daß einer durch alle Stim-
men wäre Aldermann geworden. Selbst
Leibniz wurd es nicht. Dieß ... doch den
Vorhang herunter.

Die Aldermänner haben zwey Stimmen.
Sind die einzelnen Stimmen gleich; so wird
gelost.

Sie können Anklage und Vertheidigung,
wenn sie nicht von einer Zunft geführt wer-
den, ohne sie auszuhören, (nur den Rathfra-
ger müssen sie aushören) abweisen.

Sie können vom Pöbel so viele, als sie
wollen, Landes verweisen.

Sie haben keinen Anwald; unterdeß sind
doch einige unter ihnen öfter Wortführer,
als andre. Jeder Aldermann darf nicht nur
die Meinung der meisten oder aller Aldermän-
ner, sondern auch einiger wenigen und sogar
seine eigne allein den Zünften und dem Volke
vortragen.

Ueber dieses alles können sie auch Knechte
freylassen, und dem Herolde die Stimmen-

sam-
B 2

in dieſem Falle nicht leicht dazu kommen Al-
dermaͤnner zu werden. Wenn ſie nicht we-
nigſtens zwey Stimmen uͤber die Haͤlfte ha-
ben; ſo ſind ſie nicht gewaͤhlt. Wir haben
noch kein Beyſpiel, daß einer durch alle Stim-
men waͤre Aldermann geworden. Selbſt
Leibniz wurd es nicht. Dieß … doch den
Vorhang herunter.

Die Aldermaͤnner haben zwey Stimmen.
Sind die einzelnen Stimmen gleich; ſo wird
geloſt.

Sie koͤnnen Anklage und Vertheidigung,
wenn ſie nicht von einer Zunft gefuͤhrt wer-
den, ohne ſie auszuhoͤren, (nur den Rathfra-
ger muͤſſen ſie aushoͤren) abweiſen.

Sie koͤnnen vom Poͤbel ſo viele, als ſie
wollen, Landes verweiſen.

Sie haben keinen Anwald; unterdeß ſind
doch einige unter ihnen oͤfter Wortfuͤhrer,
als andre. Jeder Aldermann darf nicht nur
die Meinung der meiſten oder aller Aldermaͤn-
ner, ſondern auch einiger wenigen und ſogar
ſeine eigne allein den Zuͤnften und dem Volke
vortragen.

Ueber dieſes alles koͤnnen ſie auch Knechte
freylaſſen, und dem Herolde die Stimmen-

ſam-
B 2
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[19/0095] in dieſem Falle nicht leicht dazu kommen Al- dermaͤnner zu werden. Wenn ſie nicht we- nigſtens zwey Stimmen uͤber die Haͤlfte ha- ben; ſo ſind ſie nicht gewaͤhlt. Wir haben noch kein Beyſpiel, daß einer durch alle Stim- men waͤre Aldermann geworden. Selbſt Leibniz wurd es nicht. Dieß … doch den Vorhang herunter. Die Aldermaͤnner haben zwey Stimmen. Sind die einzelnen Stimmen gleich; ſo wird geloſt. Sie koͤnnen Anklage und Vertheidigung, wenn ſie nicht von einer Zunft gefuͤhrt wer- den, ohne ſie auszuhoͤren, (nur den Rathfra- ger muͤſſen ſie aushoͤren) abweiſen. Sie koͤnnen vom Poͤbel ſo viele, als ſie wollen, Landes verweiſen. Sie haben keinen Anwald; unterdeß ſind doch einige unter ihnen oͤfter Wortfuͤhrer, als andre. Jeder Aldermann darf nicht nur die Meinung der meiſten oder aller Aldermaͤn- ner, ſondern auch einiger wenigen und ſogar ſeine eigne allein den Zuͤnften und dem Volke vortragen. Ueber dieſes alles koͤnnen ſie auch Knechte freylaſſen, und dem Herolde die Stimmen- ſam- B 2

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Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/95>, abgerufen am 23.11.2024.