ist. Sind die einzelnen Stimmen getheilt; so hat das Volk gar keine Stimme.
Jm vorigen Jahrhunderte, da dieser Un- terschied noch nicht war, da das Volk noch vier Stimmen hatte, und da über das bald diese bald jene Zunft auf einige Zeit einzugehn pflegte, weil es an Wahlfähigen fehlte, ist das Volk Urheber mancher Zerrüttungen in der Republik gewesen.
Doch eh wir fortfahren von ihrer Einrich- tung Nachricht zu geben, müssen wir ein Paar Worte von den Altfranken sagen.
Man nent diejenigen Deutschen, die nicht zu der Republik gehören: Altfranken. Die Mitbürger anderer Gelehrtenrepubliken heis- sen bey uns: Ausländer, und die übrigen Einwohner andrer Länder: Fremde Leute. Die Benennung: Altfranken, drükt auf keine Weise Geringschäzung aus; sie ist in Gegentheile mit daher entstanden, weil wir nicht haben wolten, daß Deutsche solten Ausländer genent werden, obgleich diejeni- gen Deutschen, die keine Mitbürger unsrer Republik sind, (es versteht sich von selbst, daß hier von denen die Rede gar nicht ist, die ihre Erziehung und Lebensart von allem Zu- gange zu den Wissenschaften völlig ausschlies-
sen,)
iſt. Sind die einzelnen Stimmen getheilt; ſo hat das Volk gar keine Stimme.
Jm vorigen Jahrhunderte, da dieſer Un- terſchied noch nicht war, da das Volk noch vier Stimmen hatte, und da uͤber das bald dieſe bald jene Zunft auf einige Zeit einzugehn pflegte, weil es an Wahlfaͤhigen fehlte, iſt das Volk Urheber mancher Zerruͤttungen in der Republik geweſen.
Doch eh wir fortfahren von ihrer Einrich- tung Nachricht zu geben, muͤſſen wir ein Paar Worte von den Altfranken ſagen.
Man nent diejenigen Deutſchen, die nicht zu der Republik gehoͤren: Altfranken. Die Mitbuͤrger anderer Gelehrtenrepubliken heiſ- ſen bey uns: Auslaͤnder, und die uͤbrigen Einwohner andrer Laͤnder: Fremde Leute. Die Benennung: Altfranken, druͤkt auf keine Weiſe Geringſchaͤzung aus; ſie iſt in Gegentheile mit daher entſtanden, weil wir nicht haben wolten, daß Deutſche ſolten Auslaͤnder genent werden, obgleich diejeni- gen Deutſchen, die keine Mitbuͤrger unſrer Republik ſind, (es verſteht ſich von ſelbſt, daß hier von denen die Rede gar nicht iſt, die ihre Erziehung und Lebensart von allem Zu- gange zu den Wiſſenſchaften voͤllig ausſchlieſ-
ſen,)
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iſt. Sind die einzelnen Stimmen getheilt;
ſo hat das Volk gar keine Stimme.
Jm vorigen Jahrhunderte, da dieſer Un-
terſchied noch nicht war, da das Volk noch
vier Stimmen hatte, und da uͤber das bald
dieſe bald jene Zunft auf einige Zeit einzugehn
pflegte, weil es an Wahlfaͤhigen fehlte, iſt
das Volk Urheber mancher Zerruͤttungen in
der Republik geweſen.
Doch eh wir fortfahren von ihrer Einrich-
tung Nachricht zu geben, muͤſſen wir ein Paar
Worte von den Altfranken ſagen.
Man nent diejenigen Deutſchen, die nicht
zu der Republik gehoͤren: Altfranken. Die
Mitbuͤrger anderer Gelehrtenrepubliken heiſ-
ſen bey uns: Auslaͤnder, und die uͤbrigen
Einwohner andrer Laͤnder: Fremde Leute.
Die Benennung: Altfranken, druͤkt auf
keine Weiſe Geringſchaͤzung aus; ſie iſt in
Gegentheile mit daher entſtanden, weil wir
nicht haben wolten, daß Deutſche ſolten
Auslaͤnder genent werden, obgleich diejeni-
gen Deutſchen, die keine Mitbuͤrger unſrer
Republik ſind, (es verſteht ſich von ſelbſt,
daß hier von denen die Rede gar nicht iſt, die
ihre Erziehung und Lebensart von allem Zu-
gange zu den Wiſſenſchaften voͤllig ausſchlieſ-
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/82>, abgerufen am 24.11.2024.
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