Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite

dem Entschlusse, zu untersuchen. Die Alder-
männer hätten diese allerdings wichtige Sache
nicht der ganzen Republik vortragen sollen,
sondern einige würdige, und zur Ausführung
vorzüglich fähige Männer wählen, diesen ihre
Absicht anvertraun, und durch sie den Ver-
such sollen machen lassen, ob die Unternehmung
nicht zu kühn sey. Denn groß in den Wissen-
schaften wären die andern Gelehrtenrepubliken,
und gefahrvoll das Bestreben, über sie hinaus
zu steigen. Wenn wenige Ausgewählte, ohne
zu erklären, was sie vorhätten, es versuchten,
und also nicht die ganze Republik auf die schlü-
pfrige Laufbahn gewagt würde; so könte das un-
ter andern auch den Vortheil haben, daß die,
wider welche es die Wenigen versuchten, gleich-
sam unvermutet überfallen würden, und noch
auf ihren Lorbern schliefen, wenn die Sache
vielleicht schon geschehen wäre. Versuche,
sagte der Anwald der Naturforscher, sollen wir
machen? und noch dazu ins geheim? Eine
Verschwörung soll's? Du meinst wol gar,
weil du so klug, und so furchtsam bist, tiefer
zu sehen, als die Aldermänner, welche die Re-
publik, und sie so zu den grossen Thaten auf-
gefodert haben, daß sie nun, was sie beschliest,
nicht im Winkel beschliessen kann. Denn du
kömst unter anderm auch viel zu spät mit deinen

Be-

dem Entſchluſſe, zu unterſuchen. Die Alder-
maͤnner haͤtten dieſe allerdings wichtige Sache
nicht der ganzen Republik vortragen ſollen,
ſondern einige wuͤrdige, und zur Ausfuͤhrung
vorzuͤglich faͤhige Maͤnner waͤhlen, dieſen ihre
Abſicht anvertraun, und durch ſie den Ver-
ſuch ſollen machen laſſen, ob die Unternehmung
nicht zu kuͤhn ſey. Denn groß in den Wiſſen-
ſchaften waͤren die andern Gelehrtenrepubliken,
und gefahrvoll das Beſtreben, uͤber ſie hinaus
zu ſteigen. Wenn wenige Ausgewaͤhlte, ohne
zu erklaͤren, was ſie vorhaͤtten, es verſuchten,
und alſo nicht die ganze Republik auf die ſchluͤ-
pfrige Laufbahn gewagt wuͤrde; ſo koͤnte das un-
ter andern auch den Vortheil haben, daß die,
wider welche es die Wenigen verſuchten, gleich-
ſam unvermutet uͤberfallen wuͤrden, und noch
auf ihren Lorbern ſchliefen, wenn die Sache
vielleicht ſchon geſchehen waͤre. Verſuche,
ſagte der Anwald der Naturforſcher, ſollen wir
machen? und noch dazu ins geheim? Eine
Verſchwoͤrung ſoll’s? Du meinſt wol gar,
weil du ſo klug, und ſo furchtſam biſt, tiefer
zu ſehen, als die Aldermaͤnner, welche die Re-
publik, und ſie ſo zu den groſſen Thaten auf-
gefodert haben, daß ſie nun, was ſie beſchlieſt,
nicht im Winkel beſchlieſſen kann. Denn du
koͤmſt unter anderm auch viel zu ſpaͤt mit deinen

Be-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0521" n="445"/>
dem Ent&#x017F;chlu&#x017F;&#x017F;e, zu unter&#x017F;uchen. Die Alder-<lb/>
ma&#x0364;nner ha&#x0364;tten die&#x017F;e allerdings wichtige Sache<lb/>
nicht der ganzen Republik vortragen &#x017F;ollen,<lb/>
&#x017F;ondern einige wu&#x0364;rdige, und zur Ausfu&#x0364;hrung<lb/>
vorzu&#x0364;glich fa&#x0364;hige Ma&#x0364;nner wa&#x0364;hlen, die&#x017F;en ihre<lb/>
Ab&#x017F;icht anvertraun, und durch &#x017F;ie den Ver-<lb/>
&#x017F;uch &#x017F;ollen machen la&#x017F;&#x017F;en, ob die Unternehmung<lb/>
nicht zu ku&#x0364;hn &#x017F;ey. Denn groß in den Wi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;chaften wa&#x0364;ren die andern Gelehrtenrepubliken,<lb/>
und gefahrvoll das Be&#x017F;treben, u&#x0364;ber &#x017F;ie hinaus<lb/>
zu &#x017F;teigen. Wenn wenige Ausgewa&#x0364;hlte, ohne<lb/>
zu erkla&#x0364;ren, was &#x017F;ie vorha&#x0364;tten, es ver&#x017F;uchten,<lb/>
und al&#x017F;o nicht die ganze Republik auf die &#x017F;chlu&#x0364;-<lb/>
pfrige Laufbahn gewagt wu&#x0364;rde; &#x017F;o ko&#x0364;nte das un-<lb/>
ter andern auch den Vortheil haben, daß die,<lb/>
wider welche es die Wenigen ver&#x017F;uchten, gleich-<lb/>
&#x017F;am unvermutet u&#x0364;berfallen wu&#x0364;rden, und noch<lb/>
auf ihren Lorbern &#x017F;chliefen, wenn die Sache<lb/>
vielleicht &#x017F;chon ge&#x017F;chehen wa&#x0364;re. Ver&#x017F;uche,<lb/>
&#x017F;agte der Anwald der Naturfor&#x017F;cher, &#x017F;ollen wir<lb/>
machen? und noch dazu ins geheim? Eine<lb/>
Ver&#x017F;chwo&#x0364;rung &#x017F;oll&#x2019;s? Du mein&#x017F;t wol gar,<lb/>
weil du &#x017F;o klug, und &#x017F;o furcht&#x017F;am bi&#x017F;t, tiefer<lb/>
zu &#x017F;ehen, als die Alderma&#x0364;nner, welche die Re-<lb/>
publik, und &#x017F;ie &#x017F;o zu den gro&#x017F;&#x017F;en Thaten auf-<lb/>
gefodert haben, daß &#x017F;ie nun, was &#x017F;ie be&#x017F;chlie&#x017F;t,<lb/>
nicht im Winkel be&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en kann. Denn du<lb/>
ko&#x0364;m&#x017F;t unter anderm auch viel zu &#x017F;pa&#x0364;t mit deinen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Be-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[445/0521] dem Entſchluſſe, zu unterſuchen. Die Alder- maͤnner haͤtten dieſe allerdings wichtige Sache nicht der ganzen Republik vortragen ſollen, ſondern einige wuͤrdige, und zur Ausfuͤhrung vorzuͤglich faͤhige Maͤnner waͤhlen, dieſen ihre Abſicht anvertraun, und durch ſie den Ver- ſuch ſollen machen laſſen, ob die Unternehmung nicht zu kuͤhn ſey. Denn groß in den Wiſſen- ſchaften waͤren die andern Gelehrtenrepubliken, und gefahrvoll das Beſtreben, uͤber ſie hinaus zu ſteigen. Wenn wenige Ausgewaͤhlte, ohne zu erklaͤren, was ſie vorhaͤtten, es verſuchten, und alſo nicht die ganze Republik auf die ſchluͤ- pfrige Laufbahn gewagt wuͤrde; ſo koͤnte das un- ter andern auch den Vortheil haben, daß die, wider welche es die Wenigen verſuchten, gleich- ſam unvermutet uͤberfallen wuͤrden, und noch auf ihren Lorbern ſchliefen, wenn die Sache vielleicht ſchon geſchehen waͤre. Verſuche, ſagte der Anwald der Naturforſcher, ſollen wir machen? und noch dazu ins geheim? Eine Verſchwoͤrung ſoll’s? Du meinſt wol gar, weil du ſo klug, und ſo furchtſam biſt, tiefer zu ſehen, als die Aldermaͤnner, welche die Re- publik, und ſie ſo zu den groſſen Thaten auf- gefodert haben, daß ſie nun, was ſie beſchlieſt, nicht im Winkel beſchlieſſen kann. Denn du koͤmſt unter anderm auch viel zu ſpaͤt mit deinen Be-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/521
Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/521>, abgerufen am 22.11.2024.