sie sich besonders auch darinn recht brüderlich fest vereinigen, noch auf diesem Landtage ein Gesez zu geben, das mit der guten Sitte in einen festen ewigen Bund trete, und uns mit ihr zugleich zu dem grossen Ziele hinführe. Viel ist's, zu sagen, daß man übertreffen wolle; und thöricht wär's, wenn man nicht schon ost über- troffen hätte: aber hat man's gesagt; so muß man auch Grundfesten zum Worthalten legen, die nichts erschüttern kann. Jch fürchte nicht, daß es Noth thue, euch die Art und Beschaf- fenheit der guten Sitte bekant zu machen. Sie arbeitet, wie eine Feuerflamme, die volle Nah- rung hat, immer vor sich hin, wenn auch kein Wind nicht wehet. Das ist die gute Sitte; und ihr wisset es so gut als ich, daß sie das sey: aber kont ich gänzlich von ihr schweigen, da ich an sie dachte? Etliche der Unsern haben nicht erst auf Geseze geharret, um zu lernen, was sie thun, und was sie lassen solten; sie sind ohne weiteres der guten Sitte gefolgt. Aber Geseze gehören doch auch zur Sache, wie wir mit einander ausgemacht haben. Am be- sten segelt sich's mit Strom und Winde zu- gleich. Die Aldermänner sollen, bey der Ge- bung des Gesezes vom Uebertreffen, eine Schä- zung von den Verdiensten der Ausländer ma- chen, nach ihrem Werthe nämlich, nicht dem
schein-
ſie ſich beſonders auch darinn recht bruͤderlich feſt vereinigen, noch auf dieſem Landtage ein Geſez zu geben, das mit der guten Sitte in einen feſten ewigen Bund trete, und uns mit ihr zugleich zu dem groſſen Ziele hinfuͤhre. Viel iſt’s, zu ſagen, daß man uͤbertreffen wolle; und thoͤricht waͤr’s, wenn man nicht ſchon oſt uͤber- troffen haͤtte: aber hat man’s geſagt; ſo muß man auch Grundfeſten zum Worthalten legen, die nichts erſchuͤttern kann. Jch fuͤrchte nicht, daß es Noth thue, euch die Art und Beſchaf- fenheit der guten Sitte bekant zu machen. Sie arbeitet, wie eine Feuerflamme, die volle Nah- rung hat, immer vor ſich hin, wenn auch kein Wind nicht wehet. Das iſt die gute Sitte; und ihr wiſſet es ſo gut als ich, daß ſie das ſey: aber kont ich gaͤnzlich von ihr ſchweigen, da ich an ſie dachte? Etliche der Unſern haben nicht erſt auf Geſeze geharret, um zu lernen, was ſie thun, und was ſie laſſen ſolten; ſie ſind ohne weiteres der guten Sitte gefolgt. Aber Geſeze gehoͤren doch auch zur Sache, wie wir mit einander ausgemacht haben. Am be- ſten ſegelt ſich’s mit Strom und Winde zu- gleich. Die Aldermaͤnner ſollen, bey der Ge- bung des Geſezes vom Uebertreffen, eine Schaͤ- zung von den Verdienſten der Auslaͤnder ma- chen, nach ihrem Werthe naͤmlich, nicht dem
ſchein-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0491"n="415"/>ſie ſich beſonders auch darinn recht bruͤderlich<lb/>
feſt vereinigen, noch auf dieſem Landtage ein<lb/>
Geſez zu geben, das mit der guten Sitte in<lb/>
einen feſten ewigen Bund trete, und uns mit<lb/>
ihr zugleich zu dem groſſen Ziele hinfuͤhre. Viel<lb/>
iſt’s, zu ſagen, daß man uͤbertreffen wolle; und<lb/>
thoͤricht waͤr’s, wenn man nicht ſchon oſt uͤber-<lb/>
troffen haͤtte: aber hat man’s geſagt; ſo muß<lb/>
man auch Grundfeſten zum Worthalten legen,<lb/>
die nichts erſchuͤttern kann. Jch fuͤrchte nicht,<lb/>
daß es Noth thue, euch die Art und Beſchaf-<lb/>
fenheit der guten Sitte bekant zu machen. Sie<lb/>
arbeitet, wie eine Feuerflamme, die volle Nah-<lb/>
rung hat, immer vor ſich hin, wenn auch kein<lb/>
Wind nicht wehet. Das iſt die gute Sitte;<lb/>
und ihr wiſſet es ſo gut als ich, daß ſie das<lb/>ſey: aber kont ich gaͤnzlich von ihr ſchweigen,<lb/>
da ich an ſie dachte? Etliche der Unſern haben<lb/>
nicht erſt auf Geſeze geharret, um zu lernen,<lb/>
was ſie thun, und was ſie laſſen ſolten; ſie<lb/>ſind ohne weiteres der guten Sitte gefolgt.<lb/>
Aber Geſeze gehoͤren doch auch zur Sache, wie<lb/>
wir mit einander ausgemacht haben. Am be-<lb/>ſten ſegelt ſich’s mit Strom und Winde zu-<lb/>
gleich. Die Aldermaͤnner ſollen, bey der Ge-<lb/>
bung des Geſezes vom Uebertreffen, eine Schaͤ-<lb/>
zung von den Verdienſten der Auslaͤnder ma-<lb/>
chen, nach ihrem Werthe naͤmlich, nicht dem<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſchein-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[415/0491]
ſie ſich beſonders auch darinn recht bruͤderlich
feſt vereinigen, noch auf dieſem Landtage ein
Geſez zu geben, das mit der guten Sitte in
einen feſten ewigen Bund trete, und uns mit
ihr zugleich zu dem groſſen Ziele hinfuͤhre. Viel
iſt’s, zu ſagen, daß man uͤbertreffen wolle; und
thoͤricht waͤr’s, wenn man nicht ſchon oſt uͤber-
troffen haͤtte: aber hat man’s geſagt; ſo muß
man auch Grundfeſten zum Worthalten legen,
die nichts erſchuͤttern kann. Jch fuͤrchte nicht,
daß es Noth thue, euch die Art und Beſchaf-
fenheit der guten Sitte bekant zu machen. Sie
arbeitet, wie eine Feuerflamme, die volle Nah-
rung hat, immer vor ſich hin, wenn auch kein
Wind nicht wehet. Das iſt die gute Sitte;
und ihr wiſſet es ſo gut als ich, daß ſie das
ſey: aber kont ich gaͤnzlich von ihr ſchweigen,
da ich an ſie dachte? Etliche der Unſern haben
nicht erſt auf Geſeze geharret, um zu lernen,
was ſie thun, und was ſie laſſen ſolten; ſie
ſind ohne weiteres der guten Sitte gefolgt.
Aber Geſeze gehoͤren doch auch zur Sache, wie
wir mit einander ausgemacht haben. Am be-
ſten ſegelt ſich’s mit Strom und Winde zu-
gleich. Die Aldermaͤnner ſollen, bey der Ge-
bung des Geſezes vom Uebertreffen, eine Schaͤ-
zung von den Verdienſten der Auslaͤnder ma-
chen, nach ihrem Werthe naͤmlich, nicht dem
ſchein-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/491>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.