diese brüderliche Eintracht unter euch! Wisset ihr denn auch, was in einer deutschen Seele vorgeht? Ueberm Rheine flamt's auf, und dampft's; überm Meere brent's, und sprüht's Funken: aber diesseits glüht's! Bey meinem grauen Haare, eurer etliche wusten das noch nicht; ich must es ihnen also sagen. Wenn wir die liebe, deutschartige, alte Felsenschrist uns recht durch Mark und Bein gehn lassen; wenn wir sie mit dem Anhalten, mit der Aus- dauer, die wir haben, und die kein anderes Volkhat, in Ausübung bringen: so sind wir's, denen es kein anderes Volk rings um uns her künftig mehr bieten wird. Wozu wir uns, laut des alten wiedergefundnen, und wieder aufgenomnen Gesezes, (es ist dieß zwar nicht den Worten nach drinn enthalten; aber es liegt doch drinn) wozu wir uns auf recht gut deutsch vereinigen sollen? Etwa zu Erhaltung kleiner Zwecke? Auf den blicke der Genius des Vaterlands, nicht mit Zorne, denn wie wär er Zornes werth? aber mit Verachtung her- unter, dessen kleine Seele an der Sucht der Kleinigkeiten siechet, an dieser Lust und Liebe zur Nachahmerey, zur Nachpinseley, zur Nachschwäzerey, zur Nachsophisterey, zur .. doch wer mag solchen Alfanz und Firlfanz wei- ter fortnennen? Dazu sollen wir uns, laut
der
dieſe bruͤderliche Eintracht unter euch! Wiſſet ihr denn auch, was in einer deutſchen Seele vorgeht? Ueberm Rheine flamt’s auf, und dampft’s; uͤberm Meere brent’s, und ſpruͤht’s Funken: aber dieſſeits gluͤht’s! Bey meinem grauen Haare, eurer etliche wuſten das noch nicht; ich muſt es ihnen alſo ſagen. Wenn wir die liebe, deutſchartige, alte Felſenſchriſt uns recht durch Mark und Bein gehn laſſen; wenn wir ſie mit dem Anhalten, mit der Aus- dauer, die wir haben, und die kein anderes Volkhat, in Ausuͤbung bringen: ſo ſind wir’s, denen es kein anderes Volk rings um uns her kuͤnftig mehr bieten wird. Wozu wir uns, laut des alten wiedergefundnen, und wieder aufgenomnen Geſezes, (es iſt dieß zwar nicht den Worten nach drinn enthalten; aber es liegt doch drinn) wozu wir uns auf recht gut deutſch vereinigen ſollen? Etwa zu Erhaltung kleiner Zwecke? Auf den blicke der Genius des Vaterlands, nicht mit Zorne, denn wie waͤr er Zornes werth? aber mit Verachtung her- unter, deſſen kleine Seele an der Sucht der Kleinigkeiten ſiechet, an dieſer Luſt und Liebe zur Nachahmerey, zur Nachpinſeley, zur Nachſchwaͤzerey, zur Nachſophiſterey, zur .. doch wer mag ſolchen Alfanz und Firlfanz wei- ter fortnennen? Dazu ſollen wir uns, laut
der
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dieſe bruͤderliche Eintracht unter euch! Wiſſet
ihr denn auch, was in einer deutſchen Seele
vorgeht? Ueberm Rheine flamt’s auf, und
dampft’s; uͤberm Meere brent’s, und ſpruͤht’s
Funken: aber dieſſeits gluͤht’s! Bey meinem
grauen Haare, eurer etliche wuſten das noch
nicht; ich muſt es ihnen alſo ſagen. Wenn
wir die liebe, deutſchartige, alte Felſenſchriſt
uns recht durch Mark und Bein gehn laſſen;
wenn wir ſie mit dem Anhalten, mit der Aus-
dauer, die wir haben, und die kein anderes
Volkhat, in Ausuͤbung bringen: ſo ſind wir’s,
denen es kein anderes Volk rings um uns her
kuͤnftig mehr bieten wird. Wozu wir uns,
laut des alten wiedergefundnen, und wieder
aufgenomnen Geſezes, (es iſt dieß zwar nicht
den Worten nach drinn enthalten; aber es
liegt doch drinn) wozu wir uns auf recht gut
deutſch vereinigen ſollen? Etwa zu Erhaltung
kleiner Zwecke? Auf den blicke der Genius des
Vaterlands, nicht mit Zorne, denn wie waͤr
er Zornes werth? aber mit Verachtung her-
unter, deſſen kleine Seele an der Sucht der
Kleinigkeiten ſiechet, an dieſer Luſt und Liebe
zur Nachahmerey, zur Nachpinſeley, zur
Nachſchwaͤzerey, zur Nachſophiſterey, zur ..
doch wer mag ſolchen Alfanz und Firlfanz wei-
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/489>, abgerufen am 25.11.2024.
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