mals eine Eiche gehabt, die hätte die Eiche der Ge- seze geheissen. Der Schreyer lief unter seinen aus- gesuchtesten Busenfreunden ganz athemlos umher, und machte bekant: Ja an dem Felsen des kühlen Thales ist sie gefunden worden. Dort sind sonst die Genossame zusammen gewesen; und dort soll künftig das grosse Volk auch zusammen kommen, und nirgends anders! Wist ihrs schon? Jn dieser Schrift steht ein langes und breites von verborgnen Schäzen! Sie haben auch einen Druidenschuh in der Kluft wo gefunden. Es fält auch eine Liebes- geschichte von einer Prinzessin in dieser alten Nach- richt vor. Garm (das ist der Höllenhund!) reist sich los, und verfolgt die Prinzessin; sie kann aber ein Paar Aeste einer bezauberten Eiche erwischen, und damit schläfert sie den Höllenhund ein. Jndem er nun liegt, und schnarcht; so entkömt die Prin- zessin glüklich!
Einige Aldermänner, die eben bey einander wa- ren, schikten, ob sie gleich von der ganzen Sache beynah noch gar nichts glaubten, Jemanden ins kühle Thal, der selber sehen, und Nachricht bringen solte. Der Abgeschikte kam mit dem Sprachkenner, dessen wir erwähnt haben, zurük. Dieser überbrachte den Aldermännern seine Abschrift, von der er, nach Er- zählung des ganzen Hergangs, sagte, daß sie genau, und daß nun kein Buchstaben mehr unter Moose verborgen wäre. Weil die Aldermänner ihren Mann kanten, so erhielt die Sache auf Einmal ihre Auf- merksamkeit. Sie liessen noch drey andre kommen, denen sie gleiche Kentnis der alten Sprache zutrau- ten. Diesen solte die Abschrift, und die Uebersezung nebst den Gründen derselben vorgelegt werden. Dieß geschah. Man glaubte zu bemerken, daß die
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mals eine Eiche gehabt, die haͤtte die Eiche der Ge- ſeze geheiſſen. Der Schreyer lief unter ſeinen aus- geſuchteſten Buſenfreunden ganz athemlos umher, und machte bekant: Ja an dem Felſen des kuͤhlen Thales iſt ſie gefunden worden. Dort ſind ſonſt die Genoſſame zuſammen geweſen; und dort ſoll kuͤnftig das groſſe Volk auch zuſammen kommen, und nirgends anders! Wiſt ihrs ſchon? Jn dieſer Schrift ſteht ein langes und breites von verborgnen Schaͤzen! Sie haben auch einen Druidenſchuh in der Kluft wo gefunden. Es faͤlt auch eine Liebes- geſchichte von einer Prinzeſſin in dieſer alten Nach- richt vor. Garm (das iſt der Hoͤllenhund!) reiſt ſich los, und verfolgt die Prinzeſſin; ſie kann aber ein Paar Aeſte einer bezauberten Eiche erwiſchen, und damit ſchlaͤfert ſie den Hoͤllenhund ein. Jndem er nun liegt, und ſchnarcht; ſo entkoͤmt die Prin- zeſſin gluͤklich!
Einige Aldermaͤnner, die eben bey einander wa- ren, ſchikten, ob ſie gleich von der ganzen Sache beynah noch gar nichts glaubten, Jemanden ins kuͤhle Thal, der ſelber ſehen, und Nachricht bringen ſolte. Der Abgeſchikte kam mit dem Sprachkenner, deſſen wir erwaͤhnt haben, zuruͤk. Dieſer uͤberbrachte den Aldermaͤnnern ſeine Abſchrift, von der er, nach Er- zaͤhlung des ganzen Hergangs, ſagte, daß ſie genau, und daß nun kein Buchſtaben mehr unter Mooſe verborgen waͤre. Weil die Aldermaͤnner ihren Mann kanten, ſo erhielt die Sache auf Einmal ihre Auf- merkſamkeit. Sie lieſſen noch drey andre kommen, denen ſie gleiche Kentnis der alten Sprache zutrau- ten. Dieſen ſolte die Abſchrift, und die Ueberſezung nebſt den Gruͤnden derſelben vorgelegt werden. Dieß geſchah. Man glaubte zu bemerken, daß die
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mals eine Eiche gehabt, die haͤtte die Eiche der Ge-
ſeze geheiſſen. Der Schreyer lief unter ſeinen aus-
geſuchteſten Buſenfreunden ganz athemlos umher,
und machte bekant: Ja an dem Felſen des kuͤhlen
Thales iſt ſie gefunden worden. Dort ſind ſonſt
die Genoſſame zuſammen geweſen; und dort ſoll
kuͤnftig das groſſe Volk auch zuſammen kommen,
und nirgends anders! Wiſt ihrs ſchon? Jn dieſer
Schrift ſteht ein langes und breites von verborgnen
Schaͤzen! Sie haben auch einen Druidenſchuh in
der Kluft wo gefunden. Es faͤlt auch eine Liebes-
geſchichte von einer Prinzeſſin in dieſer alten Nach-
richt vor. Garm (das iſt der Hoͤllenhund!) reiſt
ſich los, und verfolgt die Prinzeſſin; ſie kann aber
ein Paar Aeſte einer bezauberten Eiche erwiſchen,
und damit ſchlaͤfert ſie den Hoͤllenhund ein. Jndem
er nun liegt, und ſchnarcht; ſo entkoͤmt die Prin-
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Einige Aldermaͤnner, die eben bey einander wa-
ren, ſchikten, ob ſie gleich von der ganzen Sache
beynah noch gar nichts glaubten, Jemanden ins kuͤhle
Thal, der ſelber ſehen, und Nachricht bringen ſolte.
Der Abgeſchikte kam mit dem Sprachkenner, deſſen
wir erwaͤhnt haben, zuruͤk. Dieſer uͤberbrachte den
Aldermaͤnnern ſeine Abſchrift, von der er, nach Er-
zaͤhlung des ganzen Hergangs, ſagte, daß ſie genau,
und daß nun kein Buchſtaben mehr unter Mooſe
verborgen waͤre. Weil die Aldermaͤnner ihren Mann
kanten, ſo erhielt die Sache auf Einmal ihre Auf-
merkſamkeit. Sie lieſſen noch drey andre kommen,
denen ſie gleiche Kentnis der alten Sprache zutrau-
ten. Dieſen ſolte die Abſchrift, und die Ueberſezung
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/485>, abgerufen am 22.11.2024.
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