Schuldigkeit hatten wir nicht nötig zu denken, sondern was wir gern thun.
Wohlan denn, ihr wehrt uns, euch zu dan- ken; aber euch unsre Freude zu bezeugen, solt ihr uns nicht wehren. Wir freuen uns, daß ihr wist, wer ihr seyd! und daß ihr un- sern Dank ausschlagt! Die Aldermänner, und die Academisten gingen hierauf nach ihren Pläzen zurük.
Niemals ist solche Freude, und solche Be- trübnis an so Bielen zugleich gesehen worden, als diesen Tag. Ueberall wurde Abschied ge- nommen, und beklagt, daß die Republik so viele verdienstvolle Männer auf Einmal ver- löre; aber es wurden auch beynah von allen Zünften, selbst von denen, welche den Auf- schub der Entscheidung verlangt hatten, die Anwalde an die Aldermänner geschikt, ihnen zu ihrer mänlichen und patriotischen That Glück zu wünschen. Der Anwald der Dichter endigte seine Anrede so: Wir haben es auch thun wollen; aber ihr seyd uns zuvor gekom- men. Jhr habt den wahren Zeitpunkt besser, als wir gekant. Keiner andern Zunft hätten wir es verziehn; euch verzeihn wir's, weil ihr die Aldermänner, und es heute mehr als je- mals seyd: allein uns selbst können wir kaum verzeihen, daß wir durch allerhand Vorstellun-
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Schuldigkeit hatten wir nicht noͤtig zu denken, ſondern was wir gern thun.
Wohlan denn, ihr wehrt uns, euch zu dan- ken; aber euch unſre Freude zu bezeugen, ſolt ihr uns nicht wehren. Wir freuen uns, daß ihr wiſt, wer ihr ſeyd! und daß ihr un- ſern Dank ausſchlagt! Die Aldermaͤnner, und die Academiſten gingen hierauf nach ihren Plaͤzen zuruͤk.
Niemals iſt ſolche Freude, und ſolche Be- truͤbnis an ſo Bielen zugleich geſehen worden, als dieſen Tag. Ueberall wurde Abſchied ge- nommen, und beklagt, daß die Republik ſo viele verdienſtvolle Maͤnner auf Einmal ver- loͤre; aber es wurden auch beynah von allen Zuͤnften, ſelbſt von denen, welche den Auf- ſchub der Entſcheidung verlangt hatten, die Anwalde an die Aldermaͤnner geſchikt, ihnen zu ihrer maͤnlichen und patriotiſchen That Gluͤck zu wuͤnſchen. Der Anwald der Dichter endigte ſeine Anrede ſo: Wir haben es auch thun wollen; aber ihr ſeyd uns zuvor gekom- men. Jhr habt den wahren Zeitpunkt beſſer, als wir gekant. Keiner andern Zunft haͤtten wir es verziehn; euch verzeihn wir’s, weil ihr die Aldermaͤnner, und es heute mehr als je- mals ſeyd: allein uns ſelbſt koͤnnen wir kaum verzeihen, daß wir durch allerhand Vorſtellun-
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Schuldigkeit hatten wir nicht noͤtig zu denken,
ſondern was wir gern thun.
Wohlan denn, ihr wehrt uns, euch zu dan-
ken; aber euch unſre Freude zu bezeugen, ſolt
ihr uns nicht wehren. Wir freuen uns, daß
ihr wiſt, wer ihr ſeyd! und daß ihr un-
ſern Dank ausſchlagt! Die Aldermaͤnner,
und die Academiſten gingen hierauf nach ihren
Plaͤzen zuruͤk.
Niemals iſt ſolche Freude, und ſolche Be-
truͤbnis an ſo Bielen zugleich geſehen worden,
als dieſen Tag. Ueberall wurde Abſchied ge-
nommen, und beklagt, daß die Republik ſo
viele verdienſtvolle Maͤnner auf Einmal ver-
loͤre; aber es wurden auch beynah von allen
Zuͤnften, ſelbſt von denen, welche den Auf-
ſchub der Entſcheidung verlangt hatten, die
Anwalde an die Aldermaͤnner geſchikt, ihnen
zu ihrer maͤnlichen und patriotiſchen That
Gluͤck zu wuͤnſchen. Der Anwald der Dichter
endigte ſeine Anrede ſo: Wir haben es auch
thun wollen; aber ihr ſeyd uns zuvor gekom-
men. Jhr habt den wahren Zeitpunkt beſſer,
als wir gekant. Keiner andern Zunft haͤtten
wir es verziehn; euch verzeihn wir’s, weil ihr
die Aldermaͤnner, und es heute mehr als je-
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/477>, abgerufen am 22.11.2024.
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