Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite

die leere Köpfe haben, (die Aufgeblasenheit
des Herzens ist ihnen dabey gar nicht nachthei-
lig) ersteigen können. Betritt ihn einer, des
Kopf nur nicht völlig leer ist (es kommen da
die geringsten Kleinigkeiten in Betracht) so
stürzen die Hölen augenbliklich unter ihm ein.
Dieser Berg war also ein recht sichrer Zu-
fluchtsort für die Meutmacher. Sie sollen
nicht wenige Ausländer auf demselben ange-
troffen haben.

Vor einigen Jahren hatte sich ein Gerücht
weit ausgebreitet, daß sich in einem Erdbe-
ben ein grosses Stük von dem Mäuseberge
losgerissen, und über den Versamlungsplaz
einer gewissen Zunft der französischen Gelehr-
tenrepublik hergestürzt hätte. Der Landtag,
(erzählte man damals) den sie eben halten
wolte, war zwar glüklicher Weise noch nicht
angegangen; aber er muste doch gleich nach
dem sonderbaren Vorfalle eröfnet werden, so
daß keine Zeit übrig war, den Schut wegbrin-
gen zu lassen, und die Zunft sich also gezwun-
gen sah, mit einem Pläzchen in der Nähe für-
lieb zu nehmen.

Da der Mittag noch ziemlich entfernt war,
und die Aldermänner dabey blieben, nichts
vorzunehmen, das von Belange wäre; so
liessen sie die Glaubwürdigkeit des angeführ-

ten
Y 3

die leere Koͤpfe haben, (die Aufgeblaſenheit
des Herzens iſt ihnen dabey gar nicht nachthei-
lig) erſteigen koͤnnen. Betritt ihn einer, des
Kopf nur nicht voͤllig leer iſt (es kommen da
die geringſten Kleinigkeiten in Betracht) ſo
ſtuͤrzen die Hoͤlen augenbliklich unter ihm ein.
Dieſer Berg war alſo ein recht ſichrer Zu-
fluchtsort fuͤr die Meutmacher. Sie ſollen
nicht wenige Auslaͤnder auf demſelben ange-
troffen haben.

Vor einigen Jahren hatte ſich ein Geruͤcht
weit ausgebreitet, daß ſich in einem Erdbe-
ben ein groſſes Stuͤk von dem Maͤuſeberge
losgeriſſen, und uͤber den Verſamlungsplaz
einer gewiſſen Zunft der franzoͤſiſchen Gelehr-
tenrepublik hergeſtuͤrzt haͤtte. Der Landtag,
(erzaͤhlte man damals) den ſie eben halten
wolte, war zwar gluͤklicher Weiſe noch nicht
angegangen; aber er muſte doch gleich nach
dem ſonderbaren Vorfalle eroͤfnet werden, ſo
daß keine Zeit uͤbrig war, den Schut wegbrin-
gen zu laſſen, und die Zunft ſich alſo gezwun-
gen ſah, mit einem Plaͤzchen in der Naͤhe fuͤr-
lieb zu nehmen.

Da der Mittag noch ziemlich entfernt war,
und die Aldermaͤnner dabey blieben, nichts
vorzunehmen, das von Belange waͤre; ſo
lieſſen ſie die Glaubwuͤrdigkeit des angefuͤhr-

ten
Y 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0417" n="341"/>
die leere Ko&#x0364;pfe haben, (die Aufgebla&#x017F;enheit<lb/>
des Herzens i&#x017F;t ihnen dabey gar nicht nachthei-<lb/>
lig) er&#x017F;teigen ko&#x0364;nnen. Betritt ihn einer, des<lb/>
Kopf nur nicht vo&#x0364;llig leer i&#x017F;t (es kommen da<lb/>
die gering&#x017F;ten Kleinigkeiten in Betracht) &#x017F;o<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;rzen die Ho&#x0364;len augenbliklich unter ihm ein.<lb/>
Die&#x017F;er Berg war al&#x017F;o ein recht &#x017F;ichrer Zu-<lb/>
fluchtsort fu&#x0364;r die Meutmacher. Sie &#x017F;ollen<lb/>
nicht wenige Ausla&#x0364;nder auf dem&#x017F;elben ange-<lb/>
troffen haben.</p><lb/>
          <p>Vor einigen Jahren hatte &#x017F;ich ein Geru&#x0364;cht<lb/>
weit ausgebreitet, daß &#x017F;ich in einem Erdbe-<lb/>
ben ein gro&#x017F;&#x017F;es Stu&#x0364;k von dem Ma&#x0364;u&#x017F;eberge<lb/>
losgeri&#x017F;&#x017F;en, und u&#x0364;ber den Ver&#x017F;amlungsplaz<lb/>
einer gewi&#x017F;&#x017F;en Zunft der franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Gelehr-<lb/>
tenrepublik herge&#x017F;tu&#x0364;rzt ha&#x0364;tte. Der Landtag,<lb/>
(erza&#x0364;hlte man damals) den &#x017F;ie eben halten<lb/>
wolte, war zwar glu&#x0364;klicher Wei&#x017F;e noch nicht<lb/>
angegangen; aber er mu&#x017F;te doch gleich nach<lb/>
dem &#x017F;onderbaren Vorfalle ero&#x0364;fnet werden, &#x017F;o<lb/>
daß keine Zeit u&#x0364;brig war, den Schut wegbrin-<lb/>
gen zu la&#x017F;&#x017F;en, und die Zunft &#x017F;ich al&#x017F;o gezwun-<lb/>
gen &#x017F;ah, mit einem Pla&#x0364;zchen in der Na&#x0364;he fu&#x0364;r-<lb/>
lieb zu nehmen.</p><lb/>
          <p>Da der Mittag noch ziemlich entfernt war,<lb/>
und die Alderma&#x0364;nner dabey blieben, nichts<lb/>
vorzunehmen, das von Belange wa&#x0364;re; &#x017F;o<lb/>
lie&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie die Glaubwu&#x0364;rdigkeit des angefu&#x0364;hr-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Y 3</fw><fw place="bottom" type="catch">ten</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[341/0417] die leere Koͤpfe haben, (die Aufgeblaſenheit des Herzens iſt ihnen dabey gar nicht nachthei- lig) erſteigen koͤnnen. Betritt ihn einer, des Kopf nur nicht voͤllig leer iſt (es kommen da die geringſten Kleinigkeiten in Betracht) ſo ſtuͤrzen die Hoͤlen augenbliklich unter ihm ein. Dieſer Berg war alſo ein recht ſichrer Zu- fluchtsort fuͤr die Meutmacher. Sie ſollen nicht wenige Auslaͤnder auf demſelben ange- troffen haben. Vor einigen Jahren hatte ſich ein Geruͤcht weit ausgebreitet, daß ſich in einem Erdbe- ben ein groſſes Stuͤk von dem Maͤuſeberge losgeriſſen, und uͤber den Verſamlungsplaz einer gewiſſen Zunft der franzoͤſiſchen Gelehr- tenrepublik hergeſtuͤrzt haͤtte. Der Landtag, (erzaͤhlte man damals) den ſie eben halten wolte, war zwar gluͤklicher Weiſe noch nicht angegangen; aber er muſte doch gleich nach dem ſonderbaren Vorfalle eroͤfnet werden, ſo daß keine Zeit uͤbrig war, den Schut wegbrin- gen zu laſſen, und die Zunft ſich alſo gezwun- gen ſah, mit einem Plaͤzchen in der Naͤhe fuͤr- lieb zu nehmen. Da der Mittag noch ziemlich entfernt war, und die Aldermaͤnner dabey blieben, nichts vorzunehmen, das von Belange waͤre; ſo lieſſen ſie die Glaubwuͤrdigkeit des angefuͤhr- ten Y 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/417
Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/417>, abgerufen am 22.11.2024.