Der Verdruß über die Kühnheit des Man: nes, daß er sich unterfangen hatte, einen sol- chen Anschlag zu fassen, und noch mehr dar- über, daß dieser Anschlag ihm so gut gelungen war, wirkte so stark, daß man nicht einmal bey dem Volke anfragte, ob es seinen ihm so getreuen Rathfrager absezen wolte, sondern ihn für abgesezt erklärte, und ihn gleich dar- auf, nebst etlichen seiner schlimsten Mithelfer, Landes verwies. Die grosse Einigkeit der Zünfte bey Abthuung dieser Sache zeigte ge- nung, daß sie einen Zwist, der einen solchen Ursprung gehabt hatte, nicht lange mehr fort- sezen würden. Da es aber indeß doch nicht unmöglich war, daß etwa hier und da noch ein Fünkchen unter der Asche verborgen läge; so wolten die Aldermänner heute kein Geschäft vornehmen, das zu ernsthafteren Untersu- chungen und dabey leicht entstehendem Streite veranlassen könte. Glüklicherweise für sie war die lezte Nacht ein nicht kleiner Lerm ge- wesen; und gleichwol hatten die Nachtwäch- ter ihre Obliegenheit so schlecht beobachtet, daß man auch nicht Ein Horn gehört hatte. Die Aldermänner trugen es daher dem An- walde der Drittler, und zwey Aeltesten dieser Zunft auf, die Nachtwächter zu vernehmen. Wir können nicht in Abrede seyn, daß es uns
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Der Verdruß uͤber die Kuͤhnheit des Man: nes, daß er ſich unterfangen hatte, einen ſol- chen Anſchlag zu faſſen, und noch mehr dar- uͤber, daß dieſer Anſchlag ihm ſo gut gelungen war, wirkte ſo ſtark, daß man nicht einmal bey dem Volke anfragte, ob es ſeinen ihm ſo getreuen Rathfrager abſezen wolte, ſondern ihn fuͤr abgeſezt erklaͤrte, und ihn gleich dar- auf, nebſt etlichen ſeiner ſchlimſten Mithelfer, Landes verwies. Die groſſe Einigkeit der Zuͤnfte bey Abthuung dieſer Sache zeigte ge- nung, daß ſie einen Zwiſt, der einen ſolchen Urſprung gehabt hatte, nicht lange mehr fort- ſezen wuͤrden. Da es aber indeß doch nicht unmoͤglich war, daß etwa hier und da noch ein Fuͤnkchen unter der Aſche verborgen laͤge; ſo wolten die Aldermaͤnner heute kein Geſchaͤft vornehmen, das zu ernſthafteren Unterſu- chungen und dabey leicht entſtehendem Streite veranlaſſen koͤnte. Gluͤklicherweiſe fuͤr ſie war die lezte Nacht ein nicht kleiner Lerm ge- weſen; und gleichwol hatten die Nachtwaͤch- ter ihre Obliegenheit ſo ſchlecht beobachtet, daß man auch nicht Ein Horn gehoͤrt hatte. Die Aldermaͤnner trugen es daher dem An- walde der Drittler, und zwey Aelteſten dieſer Zunft auf, die Nachtwaͤchter zu vernehmen. Wir koͤnnen nicht in Abrede ſeyn, daß es uns
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Der Verdruß uͤber die Kuͤhnheit des Man:
nes, daß er ſich unterfangen hatte, einen ſol-
chen Anſchlag zu faſſen, und noch mehr dar-
uͤber, daß dieſer Anſchlag ihm ſo gut gelungen
war, wirkte ſo ſtark, daß man nicht einmal
bey dem Volke anfragte, ob es ſeinen ihm ſo
getreuen Rathfrager abſezen wolte, ſondern
ihn fuͤr abgeſezt erklaͤrte, und ihn gleich dar-
auf, nebſt etlichen ſeiner ſchlimſten Mithelfer,
Landes verwies. Die groſſe Einigkeit der
Zuͤnfte bey Abthuung dieſer Sache zeigte ge-
nung, daß ſie einen Zwiſt, der einen ſolchen
Urſprung gehabt hatte, nicht lange mehr fort-
ſezen wuͤrden. Da es aber indeß doch nicht
unmoͤglich war, daß etwa hier und da noch
ein Fuͤnkchen unter der Aſche verborgen laͤge;
ſo wolten die Aldermaͤnner heute kein Geſchaͤft
vornehmen, das zu ernſthafteren Unterſu-
chungen und dabey leicht entſtehendem Streite
veranlaſſen koͤnte. Gluͤklicherweiſe fuͤr ſie
war die lezte Nacht ein nicht kleiner Lerm ge-
weſen; und gleichwol hatten die Nachtwaͤch-
ter ihre Obliegenheit ſo ſchlecht beobachtet,
daß man auch nicht Ein Horn gehoͤrt hatte.
Die Aldermaͤnner trugen es daher dem An-
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Wir koͤnnen nicht in Abrede ſeyn, daß es uns
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/413>, abgerufen am 22.11.2024.
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