oder der Norden nähme. Erklärungen, von denen man nicht weichen will, werden auf diese Art gegeben. Denn wenn die Anwalde zu den Aldermännern hinaufgehn, so zeigen sie dadurch, daß sie die Abrathung derselben wenigstens nicht geradezu verwerfen wollen. Der Anwald der Mathematiker trat gleich hernach auf dem Zunftplaze hervor, und beschuldigte die Dichter ohne allen Umschweif des Stolzes. Die Norden auf dieser Zunft, sagte er, glauben der höheren Stufe so gewiß zu seyn, daß sie es wenig kümmert, wie wir andern den Streit entscheiden werden. Ohne diesen ersten Stolz. würden sie den zweyten nicht haben, den nämlich, daß sie sich es her- ausnehmen, ruhn zu wollen, wenn die ganze Republik in Bewegung ist, und das durch eine Sache veranlasset, die nicht etwa nur uns allein, sondern die ganze Nation angeht. Aber vergeltet's den Dichtern, Aldermänner, Zünfte, und Volk, weil ihr bey der ernsthaf- ten Sache gewiß nicht zu ruhen gedenkt. Die Dichter können, ich weiß es, für ihr Betra- gen anführen, daß in dieser Sache die Mehr- heit der Stimmen nichts entscheide, und daß es also besser sey, sie nicht zu sammeln; denn, gesammelt, würden sie der entstandnen Zwie- tracht nur neue Nahrung geben. Aber ha-
ben
oder der Norden naͤhme. Erklaͤrungen, von denen man nicht weichen will, werden auf dieſe Art gegeben. Denn wenn die Anwalde zu den Aldermaͤnnern hinaufgehn, ſo zeigen ſie dadurch, daß ſie die Abrathung derſelben wenigſtens nicht geradezu verwerfen wollen. Der Anwald der Mathematiker trat gleich hernach auf dem Zunftplaze hervor, und beſchuldigte die Dichter ohne allen Umſchweif des Stolzes. Die Norden auf dieſer Zunft, ſagte er, glauben der hoͤheren Stufe ſo gewiß zu ſeyn, daß ſie es wenig kuͤmmert, wie wir andern den Streit entſcheiden werden. Ohne dieſen erſten Stolz. wuͤrden ſie den zweyten nicht haben, den naͤmlich, daß ſie ſich es her- ausnehmen, ruhn zu wollen, wenn die ganze Republik in Bewegung iſt, und das durch eine Sache veranlaſſet, die nicht etwa nur uns allein, ſondern die ganze Nation angeht. Aber vergeltet’s den Dichtern, Aldermaͤnner, Zuͤnfte, und Volk, weil ihr bey der ernſthaf- ten Sache gewiß nicht zu ruhen gedenkt. Die Dichter koͤnnen, ich weiß es, fuͤr ihr Betra- gen anfuͤhren, daß in dieſer Sache die Mehr- heit der Stimmen nichts entſcheide, und daß es alſo beſſer ſey, ſie nicht zu ſammeln; denn, geſammelt, wuͤrden ſie der entſtandnen Zwie- tracht nur neue Nahrung geben. Aber ha-
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oder der Norden naͤhme. Erklaͤrungen, von
denen man nicht weichen will, werden auf
dieſe Art gegeben. Denn wenn die Anwalde
zu den Aldermaͤnnern hinaufgehn, ſo zeigen
ſie dadurch, daß ſie die Abrathung derſelben
wenigſtens nicht geradezu verwerfen wollen.
Der Anwald der Mathematiker trat gleich
hernach auf dem Zunftplaze hervor, und
beſchuldigte die Dichter ohne allen Umſchweif
des Stolzes. Die Norden auf dieſer Zunft,
ſagte er, glauben der hoͤheren Stufe ſo gewiß
zu ſeyn, daß ſie es wenig kuͤmmert, wie wir
andern den Streit entſcheiden werden. Ohne
dieſen erſten Stolz. wuͤrden ſie den zweyten
nicht haben, den naͤmlich, daß ſie ſich es her-
ausnehmen, ruhn zu wollen, wenn die ganze
Republik in Bewegung iſt, und das durch
eine Sache veranlaſſet, die nicht etwa nur
uns allein, ſondern die ganze Nation angeht.
Aber vergeltet’s den Dichtern, Aldermaͤnner,
Zuͤnfte, und Volk, weil ihr bey der ernſthaf-
ten Sache gewiß nicht zu ruhen gedenkt. Die
Dichter koͤnnen, ich weiß es, fuͤr ihr Betra-
gen anfuͤhren, daß in dieſer Sache die Mehr-
heit der Stimmen nichts entſcheide, und daß
es alſo beſſer ſey, ſie nicht zu ſammeln; denn,
geſammelt, wuͤrden ſie der entſtandnen Zwie-
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/410>, abgerufen am 22.11.2024.
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