Tadel der Kritiker nicht untergehn, und schlechte durch ihren Beyfall nicht bleiben; aber gleich- wol wird keiner von uns (so ungern wir auch Mitzünfter verlieren, so sähen wir doch gern, daß einige Werke von Jnhalt und Ausbildung, die wir auf unsrer Zunft haben, bekant wür- den) keiner von unswird jemals etwas heraus- geben, wenn die Geseze an den Ankündigern und Ausrufern nicht vollzogen, und sie dadurch nicht genötigt werden, ihrem Stolze Schran- ken zu sezen. Auf der Zunft der Wisser, die wir mit der ganzen Republik verehren, und aus der nicht selten Aldermänner gewählt wer- den, denkt man nicht anders, als auf der unsrigen. Jch habe Wisser ihre Handschrif- ten verbrennen sehn, damit sie der Gefahr, sie doch wol noch heraus zu geben, nicht ferner ausgesezt wären. So unerträglich war ihnen der Gedanke, von den Ausrufern angegriffen zu werden. Und wie natürlich ist es auch, diesen Gedanken nicht aushalten zu können. Wer das für Schwachheit erklärt, wird die Schwachheit wenigstens sehr entschuldigen. Ein Mann, der denkt, und sehr wol weis, was er thut, wenn er so, und nicht anders schreibt, soll sich, vor den Augen seiner Mit- bürger, seiner Verwandten, seiner Untergeb- nen, seiner Feinde, der Welt, auf die bekante
Art,
Tadel der Kritiker nicht untergehn, und ſchlechte durch ihren Beyfall nicht bleiben; aber gleich- wol wird keiner von uns (ſo ungern wir auch Mitzuͤnfter verlieren, ſo ſaͤhen wir doch gern, daß einige Werke von Jnhalt und Ausbildung, die wir auf unſrer Zunft haben, bekant wuͤr- den) keiner von unswird jemals etwas heraus- geben, wenn die Geſeze an den Ankuͤndigern und Ausrufern nicht vollzogen, und ſie dadurch nicht genoͤtigt werden, ihrem Stolze Schran- ken zu ſezen. Auf der Zunft der Wiſſer, die wir mit der ganzen Republik verehren, und aus der nicht ſelten Aldermaͤnner gewaͤhlt wer- den, denkt man nicht anders, als auf der unſrigen. Jch habe Wiſſer ihre Handſchrif- ten verbrennen ſehn, damit ſie der Gefahr, ſie doch wol noch heraus zu geben, nicht ferner ausgeſezt waͤren. So unertraͤglich war ihnen der Gedanke, von den Ausrufern angegriffen zu werden. Und wie natuͤrlich iſt es auch, dieſen Gedanken nicht aushalten zu koͤnnen. Wer das fuͤr Schwachheit erklaͤrt, wird die Schwachheit wenigſtens ſehr entſchuldigen. Ein Mann, der denkt, und ſehr wol weis, was er thut, wenn er ſo, und nicht anders ſchreibt, ſoll ſich, vor den Augen ſeiner Mit- buͤrger, ſeiner Verwandten, ſeiner Untergeb- nen, ſeiner Feinde, der Welt, auf die bekante
Art,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0350"n="274"/>
Tadel der Kritiker nicht untergehn, und ſchlechte<lb/>
durch ihren Beyfall nicht bleiben; aber gleich-<lb/>
wol wird keiner von uns (ſo ungern wir auch<lb/>
Mitzuͤnfter verlieren, ſo ſaͤhen wir doch gern,<lb/>
daß einige Werke von Jnhalt und Ausbildung,<lb/>
die wir auf unſrer Zunft haben, bekant wuͤr-<lb/>
den) keiner von unswird jemals etwas heraus-<lb/>
geben, wenn die Geſeze an den Ankuͤndigern<lb/>
und Ausrufern nicht vollzogen, und ſie dadurch<lb/>
nicht genoͤtigt werden, ihrem Stolze Schran-<lb/>
ken zu ſezen. Auf der Zunft der Wiſſer, die<lb/>
wir mit der ganzen Republik verehren, und<lb/>
aus der nicht ſelten Aldermaͤnner gewaͤhlt wer-<lb/>
den, denkt man nicht anders, als auf der<lb/>
unſrigen. Jch habe Wiſſer ihre Handſchrif-<lb/>
ten verbrennen ſehn, damit ſie der Gefahr, ſie<lb/>
doch wol noch heraus zu geben, nicht ferner<lb/>
ausgeſezt waͤren. So unertraͤglich war ihnen<lb/>
der Gedanke, von den Ausrufern angegriffen<lb/>
zu werden. Und wie natuͤrlich iſt es auch,<lb/>
dieſen Gedanken nicht aushalten zu koͤnnen.<lb/>
Wer das fuͤr Schwachheit erklaͤrt, wird die<lb/>
Schwachheit wenigſtens ſehr entſchuldigen.<lb/>
Ein Mann, der denkt, und ſehr wol weis,<lb/>
was er thut, wenn er ſo, und nicht anders<lb/>ſchreibt, ſoll ſich, vor den Augen ſeiner Mit-<lb/>
buͤrger, ſeiner Verwandten, ſeiner Untergeb-<lb/>
nen, ſeiner Feinde, der Welt, auf die bekante<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Art,</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[274/0350]
Tadel der Kritiker nicht untergehn, und ſchlechte
durch ihren Beyfall nicht bleiben; aber gleich-
wol wird keiner von uns (ſo ungern wir auch
Mitzuͤnfter verlieren, ſo ſaͤhen wir doch gern,
daß einige Werke von Jnhalt und Ausbildung,
die wir auf unſrer Zunft haben, bekant wuͤr-
den) keiner von unswird jemals etwas heraus-
geben, wenn die Geſeze an den Ankuͤndigern
und Ausrufern nicht vollzogen, und ſie dadurch
nicht genoͤtigt werden, ihrem Stolze Schran-
ken zu ſezen. Auf der Zunft der Wiſſer, die
wir mit der ganzen Republik verehren, und
aus der nicht ſelten Aldermaͤnner gewaͤhlt wer-
den, denkt man nicht anders, als auf der
unſrigen. Jch habe Wiſſer ihre Handſchrif-
ten verbrennen ſehn, damit ſie der Gefahr, ſie
doch wol noch heraus zu geben, nicht ferner
ausgeſezt waͤren. So unertraͤglich war ihnen
der Gedanke, von den Ausrufern angegriffen
zu werden. Und wie natuͤrlich iſt es auch,
dieſen Gedanken nicht aushalten zu koͤnnen.
Wer das fuͤr Schwachheit erklaͤrt, wird die
Schwachheit wenigſtens ſehr entſchuldigen.
Ein Mann, der denkt, und ſehr wol weis,
was er thut, wenn er ſo, und nicht anders
ſchreibt, ſoll ſich, vor den Augen ſeiner Mit-
buͤrger, ſeiner Verwandten, ſeiner Untergeb-
nen, ſeiner Feinde, der Welt, auf die bekante
Art,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/350>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.