so gemacht) und da es mit dem Gesinge nicht fort wolte, da verliessen sie die Bank, und sezten sich auf den bekanten Schemel, den sie so gern für einen Richterstul gehalten sähen. Ob sie, wie abermal das Sprichwort lautet, sich von dem Pferde auf den Esel gesezt haben, laß ich deswegen keinesweges an den Ort gestelt seyn, an den so manches gestelt wird, weil es klar am Tage liegt, daß sie sich von einem Esel auf einen andern gesezt haben. Darüber, daß sie die Leute angreifen, ohne sich zu nennen, und also ihr Werk fein hinter dem Rücken treiben, mach ich ihnen keine Vorwürfe. Denn es würde doch bey der Sache nichts ändern, wenn sie solche unbekante Namen, als die ihrigen sind, auch nenten. Jch habe nichts geschrie- ben, und werde nichts schreiben; aber auch wenn ich schriebe, würd ich nicht anders urthei- len, und vornämlich mich nie wider einen Aus- rufer zur Wehr stellen. Denn ich würde es meiner Obliegenheit halten, durch die That zu zeigen, auch das Sprichwort: Weise Leute sind starke Leute, sey ein wahres Wort.
Die Zunft beschloß gleichwol die Absendung des Anwaldes. Sein Vortrag an die Alder- männer (er las ihn ab) war dieser: Wir ken- nen die Geschichte der Gelehrten so gut, als Je- mand, und wissen, daß gute Schriften durch
Tadel
S
ſo gemacht) und da es mit dem Geſinge nicht fort wolte, da verlieſſen ſie die Bank, und ſezten ſich auf den bekanten Schemel, den ſie ſo gern fuͤr einen Richterſtul gehalten ſaͤhen. Ob ſie, wie abermal das Sprichwort lautet, ſich von dem Pferde auf den Eſel geſezt haben, laß ich deswegen keinesweges an den Ort geſtelt ſeyn, an den ſo manches geſtelt wird, weil es klar am Tage liegt, daß ſie ſich von einem Eſel auf einen andern geſezt haben. Daruͤber, daß ſie die Leute angreifen, ohne ſich zu nennen, und alſo ihr Werk fein hinter dem Ruͤcken treiben, mach ich ihnen keine Vorwuͤrfe. Denn es wuͤrde doch bey der Sache nichts aͤndern, wenn ſie ſolche unbekante Namen, als die ihrigen ſind, auch nenten. Jch habe nichts geſchrie- ben, und werde nichts ſchreiben; aber auch wenn ich ſchriebe, wuͤrd ich nicht anders urthei- len, und vornaͤmlich mich nie wider einen Aus- rufer zur Wehr ſtellen. Denn ich wuͤrde es meiner Obliegenheit halten, durch die That zu zeigen, auch das Sprichwort: Weiſe Leute ſind ſtarke Leute, ſey ein wahres Wort.
Die Zunft beſchloß gleichwol die Abſendung des Anwaldes. Sein Vortrag an die Alder- maͤnner (er las ihn ab) war dieſer: Wir ken- nen die Geſchichte der Gelehrten ſo gut, als Je- mand, und wiſſen, daß gute Schriften durch
Tadel
S
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0349"n="273"/>ſo gemacht) und da es mit dem Geſinge nicht<lb/>
fort wolte, da verlieſſen ſie die Bank, und ſezten<lb/>ſich auf den bekanten Schemel, den ſie ſo gern<lb/>
fuͤr einen Richterſtul gehalten ſaͤhen. Ob ſie,<lb/>
wie abermal das Sprichwort lautet, ſich von<lb/>
dem Pferde auf den Eſel geſezt haben, laß ich<lb/>
deswegen keinesweges an den Ort geſtelt ſeyn,<lb/>
an den ſo manches geſtelt wird, weil es klar<lb/>
am Tage liegt, daß ſie ſich von einem Eſel auf<lb/>
einen andern geſezt haben. Daruͤber, daß ſie<lb/>
die Leute angreifen, ohne ſich zu nennen, und<lb/>
alſo ihr Werk fein hinter dem Ruͤcken treiben,<lb/>
mach ich ihnen keine Vorwuͤrfe. Denn es<lb/>
wuͤrde doch bey der Sache nichts aͤndern, wenn<lb/>ſie ſolche unbekante Namen, als die ihrigen<lb/>ſind, auch nenten. Jch habe nichts geſchrie-<lb/>
ben, und werde nichts ſchreiben; aber auch<lb/>
wenn ich ſchriebe, wuͤrd ich nicht anders urthei-<lb/>
len, und vornaͤmlich mich nie wider einen Aus-<lb/>
rufer zur Wehr ſtellen. Denn ich wuͤrde es<lb/>
meiner Obliegenheit halten, durch die That<lb/>
zu zeigen, auch das Sprichwort: Weiſe Leute<lb/>ſind ſtarke Leute, ſey ein wahres Wort.</p><lb/><p>Die Zunft beſchloß gleichwol die Abſendung<lb/>
des Anwaldes. Sein Vortrag an die Alder-<lb/>
maͤnner (er las ihn ab) war dieſer: Wir ken-<lb/>
nen die Geſchichte der Gelehrten ſo gut, als Je-<lb/>
mand, und wiſſen, daß gute Schriften durch<lb/><fwplace="bottom"type="sig">S</fw><fwplace="bottom"type="catch">Tadel</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[273/0349]
ſo gemacht) und da es mit dem Geſinge nicht
fort wolte, da verlieſſen ſie die Bank, und ſezten
ſich auf den bekanten Schemel, den ſie ſo gern
fuͤr einen Richterſtul gehalten ſaͤhen. Ob ſie,
wie abermal das Sprichwort lautet, ſich von
dem Pferde auf den Eſel geſezt haben, laß ich
deswegen keinesweges an den Ort geſtelt ſeyn,
an den ſo manches geſtelt wird, weil es klar
am Tage liegt, daß ſie ſich von einem Eſel auf
einen andern geſezt haben. Daruͤber, daß ſie
die Leute angreifen, ohne ſich zu nennen, und
alſo ihr Werk fein hinter dem Ruͤcken treiben,
mach ich ihnen keine Vorwuͤrfe. Denn es
wuͤrde doch bey der Sache nichts aͤndern, wenn
ſie ſolche unbekante Namen, als die ihrigen
ſind, auch nenten. Jch habe nichts geſchrie-
ben, und werde nichts ſchreiben; aber auch
wenn ich ſchriebe, wuͤrd ich nicht anders urthei-
len, und vornaͤmlich mich nie wider einen Aus-
rufer zur Wehr ſtellen. Denn ich wuͤrde es
meiner Obliegenheit halten, durch die That
zu zeigen, auch das Sprichwort: Weiſe Leute
ſind ſtarke Leute, ſey ein wahres Wort.
Die Zunft beſchloß gleichwol die Abſendung
des Anwaldes. Sein Vortrag an die Alder-
maͤnner (er las ihn ab) war dieſer: Wir ken-
nen die Geſchichte der Gelehrten ſo gut, als Je-
mand, und wiſſen, daß gute Schriften durch
Tadel
S
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/349>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.