Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite
Verlorne Mühe.
Er zischt mich an, und wolte Krieg
Mit mir so gerne führen!
Antworten? mich hinab bis gar zu ihm verlieren?
Jch geh, und laß, auch diesen Kriechenden, Müsik
Der Schlangen, wie's ihm lüstet, musicieren.
Das feine Ohr.
Gleich dem thatenlosen Schüler der Ethik,
Hörst du in der Poetik
Gras wachsen; aber hörest nie
Den Lorber rauschen in dem Hain der Poesie.
Die Jdealisten.
Kernlose Schale,
Wie's auch mit tiefer Untersuchung prale,
Jst doch nur dieß Geschwäz vom Jdeäle.
Der philophische Jdealist,
Hat, wie ihr wist,
So was von einem Narren;
Der kritische Jdealist
Hat, wie ihr noch vielleicht nicht wist,
Auch oft wol was von mehr als Einem Sparren.
Die veraltete Kritik.
Die Griechen hielten am Olympe Spiel,
Mit Lauf, und Roß, und Kampf, mit Flöt', und Liede.
Da schattete der Lorder nur am Ziel;
Da sassen andre Richter,
Als die vom heutigen Gelichter;
Da scholl kein Lob,
Das euch erniedrigte, kein Tadel, der erhob.
Klage.
Verlorne Muͤhe.
Er ziſcht mich an, und wolte Krieg
Mit mir ſo gerne fuͤhren!
Antworten? mich hinab bis gar zu ihm verlieren?
Jch geh, und laß, auch dieſen Kriechenden, Muͤſik
Der Schlangen, wie’s ihm luͤſtet, muſicieren.
Das feine Ohr.
Gleich dem thatenloſen Schuͤler der Ethik,
Hoͤrſt du in der Poetik
Gras wachſen; aber hoͤreſt nie
Den Lorber rauſchen in dem Hain der Poeſie.
Die Jdealiſten.
Kernloſe Schale,
Wie’s auch mit tiefer Unterſuchung prale,
Jſt doch nur dieß Geſchwaͤz vom Jdeaͤle.
Der philophiſche Jdealiſt,
Hat, wie ihr wiſt,
So was von einem Narren;
Der kritiſche Jdealiſt
Hat, wie ihr noch vielleicht nicht wiſt,
Auch oft wol was von mehr als Einem Sparren.
Die veraltete Kritik.
Die Griechen hielten am Olympe Spiel,
Mit Lauf, und Roß, und Kampf, mit Floͤt’, und Liede.
Da ſchattete der Lorder nur am Ziel;
Da ſaſſen andre Richter,
Als die vom heutigen Gelichter;
Da ſcholl kein Lob,
Das euch erniedrigte, kein Tadel, der erhob.
Klage.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0284" n="208"/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Verlorne Mu&#x0364;he.</hi> </head><lb/>
              <lg type="poem">
                <l>Er zi&#x017F;cht mich an, und wolte Krieg</l><lb/>
                <l>Mit mir &#x017F;o gerne fu&#x0364;hren!</l><lb/>
                <l>Antworten? mich hinab bis gar zu ihm verlieren?</l><lb/>
                <l>Jch geh, und laß, auch die&#x017F;en Kriechenden, Mu&#x0364;&#x017F;ik</l><lb/>
                <l>Der Schlangen, wie&#x2019;s ihm lu&#x0364;&#x017F;tet, mu&#x017F;icieren.</l>
              </lg>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Das feine Ohr.</hi> </head><lb/>
              <lg type="poem">
                <l>Gleich dem thatenlo&#x017F;en Schu&#x0364;ler der Ethik,</l><lb/>
                <l>Ho&#x0364;r&#x017F;t du in der Poetik</l><lb/>
                <l>Gras wach&#x017F;en; aber ho&#x0364;re&#x017F;t nie</l><lb/>
                <l>Den Lorber rau&#x017F;chen in dem Hain der Poe&#x017F;ie.</l>
              </lg>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Die Jdeali&#x017F;ten.</hi> </head><lb/>
              <lg type="poem">
                <l>Kernlo&#x017F;e Schale,</l><lb/>
                <l>Wie&#x2019;s auch mit tiefer Unter&#x017F;uchung prale,</l><lb/>
                <l>J&#x017F;t doch nur dieß Ge&#x017F;chwa&#x0364;z vom Jdea&#x0364;le.</l><lb/>
                <l>Der philophi&#x017F;che Jdeali&#x017F;t,</l><lb/>
                <l>Hat, wie ihr wi&#x017F;t,</l><lb/>
                <l>So was von einem Narren;</l><lb/>
                <l>Der kriti&#x017F;che Jdeali&#x017F;t</l><lb/>
                <l>Hat, wie ihr noch vielleicht nicht wi&#x017F;t,</l><lb/>
                <l>Auch oft wol was von mehr als Einem Sparren.</l>
              </lg>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Die veraltete Kritik.</hi> </head><lb/>
              <lg type="poem">
                <l>Die Griechen hielten am Olympe Spiel,</l><lb/>
                <l>Mit Lauf, und Roß, und Kampf, mit Flo&#x0364;t&#x2019;, und Liede.</l><lb/>
                <l>Da &#x017F;chattete der Lorder nur am Ziel;</l><lb/>
                <l>Da &#x017F;a&#x017F;&#x017F;en andre Richter,</l><lb/>
                <l>Als die vom heutigen Gelichter;</l><lb/>
                <l>Da &#x017F;choll kein Lob,</l><lb/>
                <l>Das euch erniedrigte, kein Tadel, der erhob.</l>
              </lg>
            </div><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Klage.</hi> </fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[208/0284] Verlorne Muͤhe. Er ziſcht mich an, und wolte Krieg Mit mir ſo gerne fuͤhren! Antworten? mich hinab bis gar zu ihm verlieren? Jch geh, und laß, auch dieſen Kriechenden, Muͤſik Der Schlangen, wie’s ihm luͤſtet, muſicieren. Das feine Ohr. Gleich dem thatenloſen Schuͤler der Ethik, Hoͤrſt du in der Poetik Gras wachſen; aber hoͤreſt nie Den Lorber rauſchen in dem Hain der Poeſie. Die Jdealiſten. Kernloſe Schale, Wie’s auch mit tiefer Unterſuchung prale, Jſt doch nur dieß Geſchwaͤz vom Jdeaͤle. Der philophiſche Jdealiſt, Hat, wie ihr wiſt, So was von einem Narren; Der kritiſche Jdealiſt Hat, wie ihr noch vielleicht nicht wiſt, Auch oft wol was von mehr als Einem Sparren. Die veraltete Kritik. Die Griechen hielten am Olympe Spiel, Mit Lauf, und Roß, und Kampf, mit Floͤt’, und Liede. Da ſchattete der Lorder nur am Ziel; Da ſaſſen andre Richter, Als die vom heutigen Gelichter; Da ſcholl kein Lob, Das euch erniedrigte, kein Tadel, der erhob. Klage.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/284
Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/284>, abgerufen am 24.11.2024.