schlagen, ob, und wie weit sich ein Gelehrter auf die Handlung einlassen solle? Die Sache ist thunlicher als ihr etwa glaubt, und auch besser, als sie euch beym ersten Anblicke schei- nen möchte. Sie ist das lezte unter der Be- dingung, daß der Gelehrte, der ein Kaufmann wird, sich nicht Bereicherung, sondern nur gu- tes Auskommen zum Zwecke vorseze.
Ob man gleich bald entdekte, daß es die Zünfte über diese Sache nicht würden zur Stimmensamlung kommen lassen; so sah man doch auch, daß der Vortrag des Alder- manns nicht ohne Eindruk, und besonders nicht ohne den gewesen war, daß die Zünfte geneigt schienen, den Aldermännern ihre Ge- lindigkeit zu verzeihn.
Diesen Augenblik ergrif der Anwald der Mathematiker.
Was hat denn, sagte er, die Zunft der Dichter vor allen andern Zünften berechtigt, den Aldermännern Vorwürfe zu machen?
Jhr Anwald antwortete:
Erst die Vaterlandsliebe, die unsre Zunft seit jeher in höherem Grade gehabt hat: und dann, daß wir es sind, die es in den lezten Zeiten dahin gebracht haben, daß der Name unsrer Republik unter den Altfranken, den
Aus-
ſchlagen, ob, und wie weit ſich ein Gelehrter auf die Handlung einlaſſen ſolle? Die Sache iſt thunlicher als ihr etwa glaubt, und auch beſſer, als ſie euch beym erſten Anblicke ſchei- nen moͤchte. Sie iſt das lezte unter der Be- dingung, daß der Gelehrte, der ein Kaufmann wird, ſich nicht Bereicherung, ſondern nur gu- tes Auskommen zum Zwecke vorſeze.
Ob man gleich bald entdekte, daß es die Zuͤnfte uͤber dieſe Sache nicht wuͤrden zur Stimmenſamlung kommen laſſen; ſo ſah man doch auch, daß der Vortrag des Alder- manns nicht ohne Eindruk, und beſonders nicht ohne den geweſen war, daß die Zuͤnfte geneigt ſchienen, den Aldermaͤnnern ihre Ge- lindigkeit zu verzeihn.
Dieſen Augenblik ergrif der Anwald der Mathematiker.
Was hat denn, ſagte er, die Zunft der Dichter vor allen andern Zuͤnften berechtigt, den Aldermaͤnnern Vorwuͤrfe zu machen?
Jhr Anwald antwortete:
Erſt die Vaterlandsliebe, die unſre Zunft ſeit jeher in hoͤherem Grade gehabt hat: und dann, daß wir es ſind, die es in den lezten Zeiten dahin gebracht haben, daß der Name unſrer Republik unter den Altfranken, den
Aus-
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ſchlagen, ob, und wie weit ſich ein Gelehrter
auf die Handlung einlaſſen ſolle? Die Sache
iſt thunlicher als ihr etwa glaubt, und auch
beſſer, als ſie euch beym erſten Anblicke ſchei-
nen moͤchte. Sie iſt das lezte unter der Be-
dingung, daß der Gelehrte, der ein Kaufmann
wird, ſich nicht Bereicherung, ſondern nur gu-
tes Auskommen zum Zwecke vorſeze.
Ob man gleich bald entdekte, daß es die
Zuͤnfte uͤber dieſe Sache nicht wuͤrden zur
Stimmenſamlung kommen laſſen; ſo ſah
man doch auch, daß der Vortrag des Alder-
manns nicht ohne Eindruk, und beſonders
nicht ohne den geweſen war, daß die Zuͤnfte
geneigt ſchienen, den Aldermaͤnnern ihre Ge-
lindigkeit zu verzeihn.
Dieſen Augenblik ergrif der Anwald der
Mathematiker.
Was hat denn, ſagte er, die Zunft der
Dichter vor allen andern Zuͤnften berechtigt,
den Aldermaͤnnern Vorwuͤrfe zu machen?
Jhr Anwald antwortete:
Erſt die Vaterlandsliebe, die unſre Zunft
ſeit jeher in hoͤherem Grade gehabt hat: und
dann, daß wir es ſind, die es in den lezten
Zeiten dahin gebracht haben, daß der Name
unſrer Republik unter den Altfranken, den
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/256>, abgerufen am 22.11.2024.
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