Zwecke verstanden worden. Jn einem andern Verstande (und in diesem nimt man hier doch gewöhnlich das Wort einfach) sind die nicht einfachen Erfindungen die schwereren. Die Erfindung der Buchdruckerey war gewiß leich- ter, als des Papiers oder des Glases.
Das Erfinden kann nicht gelehrt, aber wer Fähigkeit dazu hat, kann auf den Weg, der zum Erfinden führt, gebracht werden. Viel- leicht sind folgende die rechten Wegweisungen:
Man muß die schon vorhandnen Wirkun- gen, oder diejenigen, die man hervorbringen will, in allen ihren Theilen und Theilchen, bestimt denken.
Man muß auch hier ein Mann seyn, und nicht erschrecken, wenn man in Anfange nur kleine Schritte thut.
Man kann sich den Reiz der Schwierigkeit so lebhaft vorstellen, daß man gern zu ihr zu- rükkehrt.
Man muß den Zwek, den man hat, so lan- ge, und von so vielen Seiten betrachten, bis man ihn lieb gewint. Desto besser, wenn man ihn gleich Anfangs lieb gewonnen hat.
Man muß mit scharfer Wage wägen, was eigentlich Verdienst sey. Denn alsdann wird man sich keine kleine Zwecke vorsezen, und also nicht in die Gefahr gerathen mitten in der Un-
ter-
Zwecke verſtanden worden. Jn einem andern Verſtande (und in dieſem nimt man hier doch gewoͤhnlich das Wort einfach) ſind die nicht einfachen Erfindungen die ſchwereren. Die Erfindung der Buchdruckerey war gewiß leich- ter, als des Papiers oder des Glaſes.
Das Erfinden kann nicht gelehrt, aber wer Faͤhigkeit dazu hat, kann auf den Weg, der zum Erfinden fuͤhrt, gebracht werden. Viel- leicht ſind folgende die rechten Wegweiſungen:
Man muß die ſchon vorhandnen Wirkun- gen, oder diejenigen, die man hervorbringen will, in allen ihren Theilen und Theilchen, beſtimt denken.
Man muß auch hier ein Mann ſeyn, und nicht erſchrecken, wenn man in Anfange nur kleine Schritte thut.
Man kann ſich den Reiz der Schwierigkeit ſo lebhaft vorſtellen, daß man gern zu ihr zu- ruͤkkehrt.
Man muß den Zwek, den man hat, ſo lan- ge, und von ſo vielen Seiten betrachten, bis man ihn lieb gewint. Deſto beſſer, wenn man ihn gleich Anfangs lieb gewonnen hat.
Man muß mit ſcharfer Wage waͤgen, was eigentlich Verdienſt ſey. Denn alsdann wird man ſich keine kleine Zwecke vorſezen, und alſo nicht in die Gefahr gerathen mitten in der Un-
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Zwecke verſtanden worden. Jn einem andern
Verſtande (und in dieſem nimt man hier doch
gewoͤhnlich das Wort einfach) ſind die nicht
einfachen Erfindungen die ſchwereren. Die
Erfindung der Buchdruckerey war gewiß leich-
ter, als des Papiers oder des Glaſes.
Das Erfinden kann nicht gelehrt, aber wer
Faͤhigkeit dazu hat, kann auf den Weg, der
zum Erfinden fuͤhrt, gebracht werden. Viel-
leicht ſind folgende die rechten Wegweiſungen:
Man muß die ſchon vorhandnen Wirkun-
gen, oder diejenigen, die man hervorbringen
will, in allen ihren Theilen und Theilchen,
beſtimt denken.
Man muß auch hier ein Mann ſeyn, und
nicht erſchrecken, wenn man in Anfange nur
kleine Schritte thut.
Man kann ſich den Reiz der Schwierigkeit
ſo lebhaft vorſtellen, daß man gern zu ihr zu-
ruͤkkehrt.
Man muß den Zwek, den man hat, ſo lan-
ge, und von ſo vielen Seiten betrachten, bis
man ihn lieb gewint. Deſto beſſer, wenn
man ihn gleich Anfangs lieb gewonnen hat.
Man muß mit ſcharfer Wage waͤgen, was
eigentlich Verdienſt ſey. Denn alsdann wird
man ſich keine kleine Zwecke vorſezen, und alſo
nicht in die Gefahr gerathen mitten in der Un-
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/231>, abgerufen am 24.11.2024.
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