an einem Fußsteige, der von der Heerstrasse ab, und in Büsche hinein lief. Auf diesem kam ihnen die Kühnheit, und auf jener die Behutsamkeit entgegen. Folge mir! rief die Eine, mir! die Andre, und beyde waren beredt. Die Jünglinge nahmen von einan- der Abschied. Derjenige, welcher der Kühn- heit gefolgt war, saß schon an der Schwelle des Tempels, als der andre noch in einer zu- rükführenden Krümme war, und dort in Sande watete.
Der verkante Untersucher.
Zweyerley komt mir lächerlich vor, und das dritte abgeschmakt.
Wenn einer durch den Gebrauch der Kunst- wörter ein Philosoph zu seyn glaubt.
Wenn einer nicht einmal weiß, was andre Philosophen vor ihm gesagt haben; und sich doch dünken läst, es verlone sich der Mühe gehört zu werden, was er nun zum zwanzig- stenmale sagt.
Und wenn der, welcher dieses und jenes vereinigt, den wirklichen philosophischen Un- tersucher über die Achseln ansieht, weil dieser seines gleichen nicht ist.
Die
K 3
an einem Fußſteige, der von der Heerſtraſſe ab, und in Buͤſche hinein lief. Auf dieſem kam ihnen die Kuͤhnheit, und auf jener die Behutſamkeit entgegen. Folge mir! rief die Eine, mir! die Andre, und beyde waren beredt. Die Juͤnglinge nahmen von einan- der Abſchied. Derjenige, welcher der Kuͤhn- heit gefolgt war, ſaß ſchon an der Schwelle des Tempels, als der andre noch in einer zu- ruͤkfuͤhrenden Kruͤmme war, und dort in Sande watete.
Der verkante Unterſucher.
Zweyerley komt mir laͤcherlich vor, und das dritte abgeſchmakt.
Wenn einer durch den Gebrauch der Kunſt- woͤrter ein Philoſoph zu ſeyn glaubt.
Wenn einer nicht einmal weiß, was andre Philoſophen vor ihm geſagt haben; und ſich doch duͤnken laͤſt, es verlone ſich der Muͤhe gehoͤrt zu werden, was er nun zum zwanzig- ſtenmale ſagt.
Und wenn der, welcher dieſes und jenes vereinigt, den wirklichen philoſophiſchen Un- terſucher uͤber die Achſeln anſieht, weil dieſer ſeines gleichen nicht iſt.
Die
K 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0225"n="149"/>
an einem Fußſteige, der von der Heerſtraſſe<lb/>
ab, und in Buͤſche hinein lief. Auf dieſem<lb/>
kam ihnen die <hirendition="#fr">Kuͤhnheit,</hi> und auf jener die<lb/><hirendition="#fr">Behutſamkeit</hi> entgegen. <hirendition="#fr">Folge mir!</hi> rief<lb/>
die Eine, <hirendition="#fr">mir!</hi> die Andre, und beyde waren<lb/>
beredt. Die Juͤnglinge nahmen von einan-<lb/>
der Abſchied. Derjenige, welcher der <hirendition="#fr">Kuͤhn-<lb/>
heit</hi> gefolgt war, ſaß ſchon an der Schwelle<lb/>
des Tempels, als der andre noch in einer zu-<lb/>
ruͤkfuͤhrenden Kruͤmme war, und dort in<lb/>
Sande watete.</p></div><lb/><divn="3"><head>Der verkante Unterſucher.</head><lb/><p>Zweyerley komt mir laͤcherlich vor, und<lb/>
das dritte abgeſchmakt.</p><lb/><p>Wenn einer durch den Gebrauch der Kunſt-<lb/>
woͤrter ein Philoſoph zu ſeyn glaubt.</p><lb/><p>Wenn einer nicht einmal weiß, was andre<lb/>
Philoſophen vor ihm geſagt haben; und ſich<lb/>
doch duͤnken laͤſt, es verlone ſich der Muͤhe<lb/>
gehoͤrt zu werden, was er nun zum zwanzig-<lb/>ſtenmale ſagt.</p><lb/><p>Und wenn der, welcher <hirendition="#fr">dieſes und jenes<lb/>
vereinigt,</hi> den wirklichen philoſophiſchen Un-<lb/>
terſucher uͤber die Achſeln anſieht, weil dieſer<lb/>ſeines gleichen nicht iſt.</p></div><lb/><fwplace="bottom"type="sig">K 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">Die</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[149/0225]
an einem Fußſteige, der von der Heerſtraſſe
ab, und in Buͤſche hinein lief. Auf dieſem
kam ihnen die Kuͤhnheit, und auf jener die
Behutſamkeit entgegen. Folge mir! rief
die Eine, mir! die Andre, und beyde waren
beredt. Die Juͤnglinge nahmen von einan-
der Abſchied. Derjenige, welcher der Kuͤhn-
heit gefolgt war, ſaß ſchon an der Schwelle
des Tempels, als der andre noch in einer zu-
ruͤkfuͤhrenden Kruͤmme war, und dort in
Sande watete.
Der verkante Unterſucher.
Zweyerley komt mir laͤcherlich vor, und
das dritte abgeſchmakt.
Wenn einer durch den Gebrauch der Kunſt-
woͤrter ein Philoſoph zu ſeyn glaubt.
Wenn einer nicht einmal weiß, was andre
Philoſophen vor ihm geſagt haben; und ſich
doch duͤnken laͤſt, es verlone ſich der Muͤhe
gehoͤrt zu werden, was er nun zum zwanzig-
ſtenmale ſagt.
Und wenn der, welcher dieſes und jenes
vereinigt, den wirklichen philoſophiſchen Un-
terſucher uͤber die Achſeln anſieht, weil dieſer
ſeines gleichen nicht iſt.
Die
K 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/225>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.