ihn sorgen. Freu du dich, daß du eine Sprache hast, die der griechischen nicht nur frey unter die Augen treten, sondern die ihr auch wol diese und jene Frage thun darf.
Man macht sich von dem, was die Spra- che ausdrücken kann, keinen richtigen Be- grif, wenn man sie sich, auf der einen Seite, durch Buchstaben bezeichnet; und auf der andern, von der Action des Redenden be- gleitet, vorstelt. Der eigentliche Umfang der Sprache ist das, was man, ohne den Redenden zu sehn, höret. Man hört aber Töne, die Zeichen der Gedanken sind, durch die Stimme so gebildet, daß vieles von dieser Bildung nicht gelehrt werden kann, sondern vorgesagt werden muß, um gelernt zu werden. Die unlehrbare Bildung der Töne begreift besonders das in sich, was das Sanfte oder Starke, das Weiche oder Rauhe, das Lang- same und Langsamere, oder das Schnelle und Schnellere dazu beytragen, daß die Töne völ- lig zu solchen Gedankenzeichen werden, als sie seyn sollen. Man horet ferner mit dieser Tonbildung eine andre, die, in sehr vielen und sehr fein verschiednen Graden, Leiden- schaft ausdrükt. Diese zweyte Tonbildung ist allen ein Geheimnis, denen ihr Gefühl nichts darüber sagt. Sie hat sogar mehr
Schat-
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ihn ſorgen. Freu du dich, daß du eine Sprache haſt, die der griechiſchen nicht nur frey unter die Augen treten, ſondern die ihr auch wol dieſe und jene Frage thun darf.
Man macht ſich von dem, was die Spra- che ausdruͤcken kann, keinen richtigen Be- grif, wenn man ſie ſich, auf der einen Seite, durch Buchſtaben bezeichnet; und auf der andern, von der Action des Redenden be- gleitet, vorſtelt. Der eigentliche Umfang der Sprache iſt das, was man, ohne den Redenden zu ſehn, hoͤret. Man hoͤrt aber Toͤne, die Zeichen der Gedanken ſind, durch die Stimme ſo gebildet, daß vieles von dieſer Bildung nicht gelehrt werden kann, ſondern vorgeſagt werden muß, um gelernt zu werden. Die unlehrbare Bildung der Toͤne begreift beſonders das in ſich, was das Sanfte oder Starke, das Weiche oder Rauhe, das Lang- ſame und Langſamere, oder das Schnelle und Schnellere dazu beytragen, daß die Toͤne voͤl- lig zu ſolchen Gedankenzeichen werden, als ſie ſeyn ſollen. Man horet ferner mit dieſer Tonbildung eine andre, die, in ſehr vielen und ſehr fein verſchiednen Graden, Leiden- ſchaft ausdruͤkt. Dieſe zweyte Tonbildung iſt allen ein Geheimnis, denen ihr Gefuͤhl nichts daruͤber ſagt. Sie hat ſogar mehr
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ihn ſorgen. Freu du dich, daß du eine
Sprache haſt, die der griechiſchen nicht nur
frey unter die Augen treten, ſondern die ihr
auch wol dieſe und jene Frage thun darf.
Man macht ſich von dem, was die Spra-
che ausdruͤcken kann, keinen richtigen Be-
grif, wenn man ſie ſich, auf der einen Seite,
durch Buchſtaben bezeichnet; und auf der
andern, von der Action des Redenden be-
gleitet, vorſtelt. Der eigentliche Umfang
der Sprache iſt das, was man, ohne den
Redenden zu ſehn, hoͤret. Man hoͤrt aber
Toͤne, die Zeichen der Gedanken ſind, durch
die Stimme ſo gebildet, daß vieles von dieſer
Bildung nicht gelehrt werden kann, ſondern
vorgeſagt werden muß, um gelernt zu werden.
Die unlehrbare Bildung der Toͤne begreift
beſonders das in ſich, was das Sanfte oder
Starke, das Weiche oder Rauhe, das Lang-
ſame und Langſamere, oder das Schnelle und
Schnellere dazu beytragen, daß die Toͤne voͤl-
lig zu ſolchen Gedankenzeichen werden, als
ſie ſeyn ſollen. Man horet ferner mit dieſer
Tonbildung eine andre, die, in ſehr vielen
und ſehr fein verſchiednen Graden, Leiden-
ſchaft ausdruͤkt. Dieſe zweyte Tonbildung
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/213>, abgerufen am 25.11.2024.
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