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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774.

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etwa Unrecht, daß er es thut? Und soll sich
vielleicht der künftige Dichter deswegen nicht
vorüben, weil seine Kunst schwerer ist? Die
grammatische Richtigkeit der Sprache inne
haben, macht den kleineren und leichteren
Theil der Sprachkentnis aus. Versteh mich
ja recht. Jch sage dieß nur in Vergleichung
mit dem grösseren, und schwereren. Denn
an sich selbst ist er weder klein noch leicht.
Bey der eigentlichen und vorzüglichsten
Sprachkentnis komt es darauf an, daß man
die Bedeutungen der Wörter in ihrem gan-
zen Umfange
wisse. Dieser begreift unter
andern den Sinn in sich, den ein Wort, in
der oder jener Verbindung der Gedanken,
auch haben kann. Umfang sezt Gränzen.
Du must also auch wissen, was ein Wort
nicht bedeuten könne. Manche Wörter wim-
meln, (ich rede besonders von unsrer Spra-
che) von vielfachen Bestimmungen der Haupt-
bedeutung oder Hauptbedeutungen; manche
haben überdieß eine gewisse Biegsamkeit noch
neue Bestimmungen anzunehmen, vorausge-
sezt, daß die Stelle, wo sie stehen, es erfo-
dre, oder wenigstens zulasse. Diese neuen
Bestimmungen sind oft nur kleine, sanfte
Schattierungen; aber so klein sie sind, so
gehören sie doch mit zur Darstellung. Ohne

sie
J 4

etwa Unrecht, daß er es thut? Und ſoll ſich
vielleicht der kuͤnftige Dichter deswegen nicht
voruͤben, weil ſeine Kunſt ſchwerer iſt? Die
grammatiſche Richtigkeit der Sprache inne
haben, macht den kleineren und leichteren
Theil der Sprachkentnis aus. Verſteh mich
ja recht. Jch ſage dieß nur in Vergleichung
mit dem groͤſſeren, und ſchwereren. Denn
an ſich ſelbſt iſt er weder klein noch leicht.
Bey der eigentlichen und vorzuͤglichſten
Sprachkentnis komt es darauf an, daß man
die Bedeutungen der Woͤrter in ihrem gan-
zen Umfange
wiſſe. Dieſer begreift unter
andern den Sinn in ſich, den ein Wort, in
der oder jener Verbindung der Gedanken,
auch haben kann. Umfang ſezt Graͤnzen.
Du muſt alſo auch wiſſen, was ein Wort
nicht bedeuten koͤnne. Manche Woͤrter wim-
meln, (ich rede beſonders von unſrer Spra-
che) von vielfachen Beſtimmungen der Haupt-
bedeutung oder Hauptbedeutungen; manche
haben uͤberdieß eine gewiſſe Biegſamkeit noch
neue Beſtimmungen anzunehmen, vorausge-
ſezt, daß die Stelle, wo ſie ſtehen, es erfo-
dre, oder wenigſtens zulaſſe. Dieſe neuen
Beſtimmungen ſind oft nur kleine, ſanfte
Schattierungen; aber ſo klein ſie ſind, ſo
gehoͤren ſie doch mit zur Darſtellung. Ohne

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[135/0211] etwa Unrecht, daß er es thut? Und ſoll ſich vielleicht der kuͤnftige Dichter deswegen nicht voruͤben, weil ſeine Kunſt ſchwerer iſt? Die grammatiſche Richtigkeit der Sprache inne haben, macht den kleineren und leichteren Theil der Sprachkentnis aus. Verſteh mich ja recht. Jch ſage dieß nur in Vergleichung mit dem groͤſſeren, und ſchwereren. Denn an ſich ſelbſt iſt er weder klein noch leicht. Bey der eigentlichen und vorzuͤglichſten Sprachkentnis komt es darauf an, daß man die Bedeutungen der Woͤrter in ihrem gan- zen Umfange wiſſe. Dieſer begreift unter andern den Sinn in ſich, den ein Wort, in der oder jener Verbindung der Gedanken, auch haben kann. Umfang ſezt Graͤnzen. Du muſt alſo auch wiſſen, was ein Wort nicht bedeuten koͤnne. Manche Woͤrter wim- meln, (ich rede beſonders von unſrer Spra- che) von vielfachen Beſtimmungen der Haupt- bedeutung oder Hauptbedeutungen; manche haben uͤberdieß eine gewiſſe Biegſamkeit noch neue Beſtimmungen anzunehmen, vorausge- ſezt, daß die Stelle, wo ſie ſtehen, es erfo- dre, oder wenigſtens zulaſſe. Dieſe neuen Beſtimmungen ſind oft nur kleine, ſanfte Schattierungen; aber ſo klein ſie ſind, ſo gehoͤren ſie doch mit zur Darſtellung. Ohne ſie J 4

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Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/211>, abgerufen am 24.11.2024.