die Gaben des Geistes völlig absprechen. Wären sie nicht ausgenommen worden, und also fähig gewesen bestraft zu werden; so hätte man sie bey erfolgter Anklage doch gleichwol auch, etwa auf folgende Art, von der Strafe befreyen können: Sie müssen, würde man gesagt haben, als Betrunkne angesehn wer- den. Nun entschuldigt zwar der Rausch vor dem Richter nicht; aber eine solche immer- währende, von keiner Nüchternheit unter- brochne Trunkenheit, wie die ihrige ist, kann nicht Rausch genent werden; und dieser ihr ganz andrer, und sehr betrübter Zustand muß ihnen, wenn man der Billigkeit Gehör geben will, zur Entschuldigung, und daher auch zur Lossprechung dienen.
Vom Hochverrath.
Hochverrath wird durch ewige Landesverwei- sung bestraft. Der Knecht wird in aller Stille bey Nacht und Nebel über die Gränze geführt, der Freye, Edle und Aldermann aber bey versammelter Landgemeine.
Hochverrath ist es,
1
Wenn sich einer zum Beherscher aufwirft.
L. G.
die Gaben des Geiſtes voͤllig abſprechen. Waͤren ſie nicht ausgenommen worden, und alſo faͤhig geweſen beſtraft zu werden; ſo haͤtte man ſie bey erfolgter Anklage doch gleichwol auch, etwa auf folgende Art, von der Strafe befreyen koͤnnen: Sie muͤſſen, wuͤrde man geſagt haben, als Betrunkne angeſehn wer- den. Nun entſchuldigt zwar der Rauſch vor dem Richter nicht; aber eine ſolche immer- waͤhrende, von keiner Nuͤchternheit unter- brochne Trunkenheit, wie die ihrige iſt, kann nicht Rauſch genent werden; und dieſer ihr ganz andrer, und ſehr betruͤbter Zuſtand muß ihnen, wenn man der Billigkeit Gehoͤr geben will, zur Entſchuldigung, und daher auch zur Losſprechung dienen.
Vom Hochverrath.
Hochverrath wird durch ewige Landesverwei- ſung beſtraft. Der Knecht wird in aller Stille bey Nacht und Nebel uͤber die Graͤnze gefuͤhrt, der Freye, Edle und Aldermann aber bey verſammelter Landgemeine.
Hochverrath iſt es,
1
Wenn ſich einer zum Beherſcher aufwirft.
L. G.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0183"n="107"/>
die Gaben des Geiſtes voͤllig abſprechen.<lb/>
Waͤren ſie nicht ausgenommen worden, und<lb/>
alſo faͤhig geweſen beſtraft zu werden; ſo haͤtte<lb/>
man ſie bey erfolgter Anklage doch gleichwol<lb/>
auch, etwa auf folgende Art, von der Strafe<lb/>
befreyen koͤnnen: Sie muͤſſen, wuͤrde man<lb/>
geſagt haben, als Betrunkne angeſehn wer-<lb/>
den. Nun entſchuldigt zwar der Rauſch vor<lb/>
dem Richter nicht; aber eine ſolche immer-<lb/>
waͤhrende, von keiner Nuͤchternheit unter-<lb/>
brochne Trunkenheit, wie die ihrige iſt, kann<lb/>
nicht Rauſch genent werden; und dieſer ihr<lb/>
ganz andrer, und ſehr betruͤbter Zuſtand muß<lb/>
ihnen, wenn man der Billigkeit Gehoͤr geben<lb/>
will, zur Entſchuldigung, und daher auch<lb/>
zur Losſprechung dienen.</p></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b">Vom Hochverrath.</hi></head><lb/><p><hirendition="#in">H</hi>ochverrath wird durch ewige Landesverwei-<lb/>ſung beſtraft. Der Knecht wird in aller<lb/>
Stille bey Nacht und Nebel uͤber die Graͤnze<lb/>
gefuͤhrt, der Freye, Edle und Aldermann<lb/>
aber bey verſammelter Landgemeine.</p><lb/><p>Hochverrath iſt es,</p><lb/><divn="3"><head>1</head><lb/><p>Wenn ſich einer zum Beherſcher aufwirft.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">L. G.</fw><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[107/0183]
die Gaben des Geiſtes voͤllig abſprechen.
Waͤren ſie nicht ausgenommen worden, und
alſo faͤhig geweſen beſtraft zu werden; ſo haͤtte
man ſie bey erfolgter Anklage doch gleichwol
auch, etwa auf folgende Art, von der Strafe
befreyen koͤnnen: Sie muͤſſen, wuͤrde man
geſagt haben, als Betrunkne angeſehn wer-
den. Nun entſchuldigt zwar der Rauſch vor
dem Richter nicht; aber eine ſolche immer-
waͤhrende, von keiner Nuͤchternheit unter-
brochne Trunkenheit, wie die ihrige iſt, kann
nicht Rauſch genent werden; und dieſer ihr
ganz andrer, und ſehr betruͤbter Zuſtand muß
ihnen, wenn man der Billigkeit Gehoͤr geben
will, zur Entſchuldigung, und daher auch
zur Losſprechung dienen.
Vom Hochverrath.
Hochverrath wird durch ewige Landesverwei-
ſung beſtraft. Der Knecht wird in aller
Stille bey Nacht und Nebel uͤber die Graͤnze
gefuͤhrt, der Freye, Edle und Aldermann
aber bey verſammelter Landgemeine.
Hochverrath iſt es,
1
Wenn ſich einer zum Beherſcher aufwirft.
L. G.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/183>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.