Wenn ein Freyer, oder ein Edler, oder gar ein Aldermann sieht, daß seinem Werke die Todtenfackel angezündet werden soll; so hat er die Befugnis, die Stimmen- samlung zu hindern, und um Frist bis zu dem nächsten Landtage zu bitten. Jn dieser ist ihm vergönt, allerhand ihm vortheilhafte Nach- richten von dem Geschmacke einiger unserer Mitbürger zu sammeln, und sie den nächsten Landtag anzuführen. Unterdeß kann ihm dieß nicht viel helfen. Denn die gerechte Re- publik, Aldermänner, Zünfte, und Volk, hatte nicht ohne Ursache die Anklage wegen der nun nothwendigen Anzündung der Todten- fackel ausgehört. Es kömt also diesmal zur Stimmensamlung, und der Herold ruft: Du lebst, aber dein Werk ist todt!
L. G. Da keinesweges geduldet werden kann, daß uns die Altfranken oder gar unser Pöbel in Aussprüchen über wichtige Sachen der Republik vorgreifen; und ferner kurze Ver- jährung doch nie rechtskräftig ist ...
Von
Von der Todtenfackel.
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Wenn ein Freyer, oder ein Edler, oder gar ein Aldermann ſieht, daß ſeinem Werke die Todtenfackel angezuͤndet werden ſoll; ſo hat er die Befugnis, die Stimmen- ſamlung zu hindern, und um Friſt bis zu dem naͤchſten Landtage zu bitten. Jn dieſer iſt ihm vergoͤnt, allerhand ihm vortheilhafte Nach- richten von dem Geſchmacke einiger unſerer Mitbuͤrger zu ſammeln, und ſie den naͤchſten Landtag anzufuͤhren. Unterdeß kann ihm dieß nicht viel helfen. Denn die gerechte Re- publik, Aldermaͤnner, Zuͤnfte, und Volk, hatte nicht ohne Urſache die Anklage wegen der nun nothwendigen Anzuͤndung der Todten- fackel ausgehoͤrt. Es koͤmt alſo diesmal zur Stimmenſamlung, und der Herold ruft: Du lebſt, aber dein Werk iſt todt!
L. G. Da keinesweges geduldet werden kann, daß uns die Altfranken oder gar unſer Poͤbel in Ausſpruͤchen uͤber wichtige Sachen der Republik vorgreifen; und ferner kurze Ver- jaͤhrung doch nie rechtskraͤftig iſt …
Von
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Von der Todtenfackel.
1
Wenn ein Freyer, oder ein Edler, oder
gar ein Aldermann ſieht, daß ſeinem
Werke die Todtenfackel angezuͤndet werden
ſoll; ſo hat er die Befugnis, die Stimmen-
ſamlung zu hindern, und um Friſt bis zu dem
naͤchſten Landtage zu bitten. Jn dieſer iſt ihm
vergoͤnt, allerhand ihm vortheilhafte Nach-
richten von dem Geſchmacke einiger unſerer
Mitbuͤrger zu ſammeln, und ſie den naͤchſten
Landtag anzufuͤhren. Unterdeß kann ihm
dieß nicht viel helfen. Denn die gerechte Re-
publik, Aldermaͤnner, Zuͤnfte, und Volk,
hatte nicht ohne Urſache die Anklage wegen
der nun nothwendigen Anzuͤndung der Todten-
fackel ausgehoͤrt. Es koͤmt alſo diesmal zur
Stimmenſamlung, und der Herold ruft:
Du lebſt, aber dein Werk iſt todt!
L. G.
Da keinesweges geduldet werden kann,
daß uns die Altfranken oder gar unſer Poͤbel
in Ausſpruͤchen uͤber wichtige Sachen der
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jaͤhrung doch nie rechtskraͤftig iſt …
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/172>, abgerufen am 21.11.2024.
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