weil die Vermehrung der Nachtwächter jezt Noth thut. Denn von den ausländischen Gelehrtenrepubliken kommen nachtnächtlich mehr verstorbne Schriften an, die als Ge- spenster umgehen, und bey unsrer Jugend be- sonders dadurch viel Unheil stiften, daß sie vorgeben, als machten sie daheim Epoke. (Wir dürfen es uns verzeihn, dieses fremde Wort gebraucht zu haben, weil das ganze Ge- schwäz von allerley Epoken, die keine Epoken sind, von den Ausländern zu uns herüber ge- kommen ist.) Es zweifeln freylich etliche unter uns an erwähnten Gespenstergeschich- ten; sie führen auch ziemlich scheinbare Ursa- chen ihrer Zweifel an, indem sie sagen, daß solche Schriften ohne Geist gewesen wären; wenigstens würde man das Gegentheil eben so wenig erweisen können, als man erweisen könte, daß die Thiere Seelen hätten: aber was sie auch vorbringen mögen; so sind zu Viele, die solche Gespenster gesehen haben.
Die
weil die Vermehrung der Nachtwaͤchter jezt Noth thut. Denn von den auslaͤndiſchen Gelehrtenrepubliken kommen nachtnaͤchtlich mehr verſtorbne Schriften an, die als Ge- ſpenſter umgehen, und bey unſrer Jugend be- ſonders dadurch viel Unheil ſtiften, daß ſie vorgeben, als machten ſie daheim Epoke. (Wir duͤrfen es uns verzeihn, dieſes fremde Wort gebraucht zu haben, weil das ganze Ge- ſchwaͤz von allerley Epoken, die keine Epoken ſind, von den Auslaͤndern zu uns heruͤber ge- kommen iſt.) Es zweifeln freylich etliche unter uns an erwaͤhnten Geſpenſtergeſchich- ten; ſie fuͤhren auch ziemlich ſcheinbare Urſa- chen ihrer Zweifel an, indem ſie ſagen, daß ſolche Schriften ohne Geiſt geweſen waͤren; wenigſtens wuͤrde man das Gegentheil eben ſo wenig erweiſen koͤnnen, als man erweiſen koͤnte, daß die Thiere Seelen haͤtten: aber was ſie auch vorbringen moͤgen; ſo ſind zu Viele, die ſolche Geſpenſter geſehen haben.
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weil die Vermehrung der Nachtwaͤchter jezt
Noth thut. Denn von den auslaͤndiſchen
Gelehrtenrepubliken kommen nachtnaͤchtlich
mehr verſtorbne Schriften an, die als Ge-
ſpenſter umgehen, und bey unſrer Jugend be-
ſonders dadurch viel Unheil ſtiften, daß ſie
vorgeben, als machten ſie daheim Epoke.
(Wir duͤrfen es uns verzeihn, dieſes fremde
Wort gebraucht zu haben, weil das ganze Ge-
ſchwaͤz von allerley Epoken, die keine Epoken
ſind, von den Auslaͤndern zu uns heruͤber ge-
kommen iſt.) Es zweifeln freylich etliche
unter uns an erwaͤhnten Geſpenſtergeſchich-
ten; ſie fuͤhren auch ziemlich ſcheinbare Urſa-
chen ihrer Zweifel an, indem ſie ſagen, daß
ſolche Schriften ohne Geiſt geweſen waͤren;
wenigſtens wuͤrde man das Gegentheil eben
ſo wenig erweiſen koͤnnen, als man erweiſen
koͤnte, daß die Thiere Seelen haͤtten: aber
was ſie auch vorbringen moͤgen; ſo ſind zu
Viele, die ſolche Geſpenſter geſehen haben.
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/114>, abgerufen am 25.11.2024.
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