Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Drittes Buch. mahl die Glocken angezogen/ auff deren Gethö-ne die hitzigen Aracaner alsobald angelauffen wä- ren/ wenn sie nicht Nherandi durch ernstes Be- fehlen hiervon abgehalten hätte/ da sie denn wie ergrimmte Tyger die besetzte Mauren ansahen/ und von denselben gleiches Blickes gewürdiget wurden. Nach dem Klang der Glocken aber wur- de die Princeßin Banise/ unter Begleitung hun- dert Pfaffen/ nach dem Tempel zugeführet. Sie war Königlich gezieret/ und zu Bezeigung ihrer Reinigkeit in gantz weissen Atlaß gekleidet; eine Krone von Perlen bezierte das zu Felde geschla- gene Locken-Haar/ und ein Diamantner Gürtel umgab die wohlgesetzten Lenden. Füsse und Hän- de waren mit starcken güldenen Ketten gefesselt/ und in solcher traurigen Pracht kam sie in den Tempel. Balacin stund bey dem Opffer-Stei- ne/ und stellte sich sehr geschäfftig/ ja recht Blut- begierig an; so bald ihm aber das schöne Opffer in die Augen strahlte/ fiel ihm Strick und Mes- ser aus der Hand/ ja er hatte von nöthen alle seine Großmuth und tapffern Geister zusammen zu for- dern/ damit er in gleichem Wesen bleiben/ und zu Ausführung dieser wichtigen Sache gnugsam ge- schickt seyn möchte. Die Priester stellten sich in einer langen Reihe auff beyden Seiten des Ab- gotts/ da denn der Rolim mit einem güldenen/ die andern aber mit silbernen Rauchfässern dergestalt dem Abgott zu Ehren zu räuchern begunten/ daß der gantze Tempel mit wohlriechendem Dampff erfüllet wurde. Wäh-
Drittes Buch. mahl die Glocken angezogen/ auff deren Gethoͤ-ne die hitzigen Aracaner alſobald angelauffen waͤ- ren/ wenn ſie nicht Nherandi durch ernſtes Be- fehlen hiervon abgehalten haͤtte/ da ſie denn wie ergrimmte Tyger die beſetzte Mauren anſahen/ und von denſelben gleiches Blickes gewuͤrdiget wurden. Nach dem Klang der Glocken aber wur- de die Princeßin Baniſe/ unter Begleitung hun- dert Pfaffen/ nach dem Tempel zugefuͤhret. Sie war Koͤniglich gezieret/ und zu Bezeigung ihrer Reinigkeit in gantz weiſſen Atlaß gekleidet; eine Krone von Perlen bezierte das zu Felde geſchla- gene Locken-Haar/ und ein Diamantner Guͤrtel umgab die wohlgeſetzten Lenden. Fuͤſſe und Haͤn- de waren mit ſtarcken guͤldenen Ketten gefeſſelt/ und in ſolcher traurigen Pracht kam ſie in den Tempel. Balacin ſtund bey dem Opffer-Stei- ne/ und ſtellte ſich ſehr geſchaͤfftig/ ja recht Blut- begierig an; ſo bald ihm aber das ſchoͤne Opffer in die Augen ſtrahlte/ fiel ihm Strick und Meſ- ſer aus der Hand/ ja er hatte von noͤthen alle ſeine Großmuth und tapffern Geiſter zuſammen zu for- dern/ damit er in gleichem Weſen bleiben/ und zu Ausfuͤhrung dieſer wichtigen Sache gnugſam ge- ſchickt ſeyn moͤchte. Die Prieſter ſtellten ſich in einer langen Reihe auff beyden Seiten des Ab- gotts/ da denn der Rolim mit einem guͤldenen/ die andern aber mit ſilbernen Rauchfaͤſſern dergeſtalt dem Abgott zu Ehren zu raͤuchern begunten/ daß der gantze Tempel mit wohlriechendem Dampff erfuͤllet wurde. Waͤh-
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Drittes Buch.
mahl die Glocken angezogen/ auff deren Gethoͤ-
ne die hitzigen Aracaner alſobald angelauffen waͤ-
ren/ wenn ſie nicht Nherandi durch ernſtes Be-
fehlen hiervon abgehalten haͤtte/ da ſie denn wie
ergrimmte Tyger die beſetzte Mauren anſahen/
und von denſelben gleiches Blickes gewuͤrdiget
wurden. Nach dem Klang der Glocken aber wur-
de die Princeßin Baniſe/ unter Begleitung hun-
dert Pfaffen/ nach dem Tempel zugefuͤhret. Sie
war Koͤniglich gezieret/ und zu Bezeigung ihrer
Reinigkeit in gantz weiſſen Atlaß gekleidet; eine
Krone von Perlen bezierte das zu Felde geſchla-
gene Locken-Haar/ und ein Diamantner Guͤrtel
umgab die wohlgeſetzten Lenden. Fuͤſſe und Haͤn-
de waren mit ſtarcken guͤldenen Ketten gefeſſelt/
und in ſolcher traurigen Pracht kam ſie in den
Tempel. Balacin ſtund bey dem Opffer-Stei-
ne/ und ſtellte ſich ſehr geſchaͤfftig/ ja recht Blut-
begierig an; ſo bald ihm aber das ſchoͤne Opffer
in die Augen ſtrahlte/ fiel ihm Strick und Meſ-
ſer aus der Hand/ ja er hatte von noͤthen alle ſeine
Großmuth und tapffern Geiſter zuſammen zu for-
dern/ damit er in gleichem Weſen bleiben/ und zu
Ausfuͤhrung dieſer wichtigen Sache gnugſam ge-
ſchickt ſeyn moͤchte. Die Prieſter ſtellten ſich in
einer langen Reihe auff beyden Seiten des Ab-
gotts/ da denn der Rolim mit einem guͤldenen/ die
andern aber mit ſilbernen Rauchfaͤſſern dergeſtalt
dem Abgott zu Ehren zu raͤuchern begunten/ daß
der gantze Tempel mit wohlriechendem Dampff
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