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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Der Asiatischen Banise.
dermassen beleidiget worden wäre/ daß der Unter-
gang des Reichs nicht unbillich zu besorgen stünde.
Bevoraus schiene es/ als ob der grosse Gott des
Krieges Carcovita/ seinen Zorn am hefftigsten ü-
ber Pegu ausschütten wolte/ indem die vorhin so
glückseligen Waffen des Käysers/ anietzo nicht
allein das Reich Siam/ Martabane/ und die
Schlacht bey Abdiara verlohren hätten/ sondern
sich auch dermassen in einer Stadt müsten ein-
schliessen lassen/ daß sich der Käyser nicht mehr ei-
ner unbeschrenckten Gewalt rühmen könte. Sol-
che Zorn-Glut nun zu dämpffen/ würde das Blut
einer unbefleckien Keuschheit am angenehmsten
seyn: welche aber allenthalben zu finden/ ein so
schweres Werck sey/ als ob man weisse Tyger su-
chen wolte. Nachdem nun die Princeßin ihre Eh-
re und Keuschheit so grausam vertheidiget hätte:
so wäre hieraus ihr reines Wesen zu schliessen/ und
würde dahero ein solches unbeflecktes Blut/ als
ein Opffer/ die unfehlbare Versöhnung auswür-
cken. Diese Worte waren kaum den Blut-schäu-
menden Lippen des grausamen Rolims entfallen/
so schrien sie alle: Diese Meynung hätte einen
Göttlichen Ursprung/ und wurde die schöne Prin-
ceßin von allen/ als ein reines Opffer des Gottes
Carcovita/ beliebet und erwehlet.

Der Rolim ließ alsobald durch einen Grepos
der unglückseligen Princeßin ihren Opffer-Tod
ankündigen/ und darzu einweihen/ nebst der Be-
deutung/ wie sie sich hierzu geschickt/ und würdig

ma-

Der Aſiatiſchen Baniſe.
dermaſſen beleidiget worden waͤre/ daß der Unter-
gang des Reichs nicht unbillich zu beſorgen ſtuͤnde.
Bevoraus ſchiene es/ als ob der groſſe Gott des
Krieges Carcovita/ ſeinen Zorn am hefftigſten uͤ-
ber Pegu ausſchuͤtten wolte/ indem die vorhin ſo
gluͤckſeligen Waffen des Kaͤyſers/ anietzo nicht
allein das Reich Siam/ Martabane/ und die
Schlacht bey Abdiara verlohren haͤtten/ ſondern
ſich auch dermaſſen in einer Stadt muͤſten ein-
ſchlieſſen laſſen/ daß ſich der Kaͤyſer nicht mehr ei-
ner unbeſchrenckten Gewalt ruͤhmen koͤnte. Sol-
che Zorn-Glut nun zu daͤmpffen/ wuͤrde das Blut
einer unbefleckien Keuſchheit am angenehmſten
ſeyn: welche aber allenthalben zu finden/ ein ſo
ſchweres Werck ſey/ als ob man weiſſe Tyger ſu-
chen wolte. Nachdem nun die Princeßin ihre Eh-
re und Keuſchheit ſo grauſam vertheidiget haͤtte:
ſo waͤre hieraus ihr reines Weſen zu ſchlieſſen/ und
wuͤrde dahero ein ſolches unbeflecktes Blut/ als
ein Opffer/ die unfehlbare Verſoͤhnung auswuͤr-
cken. Dieſe Worte waren kaum den Blut-ſchaͤu-
menden Lippen des grauſamen Rolims entfallen/
ſo ſchrien ſie alle: Dieſe Meynung haͤtte einen
Goͤttlichen Urſprung/ und wurde die ſchoͤne Prin-
ceßin von allen/ als ein reines Opffer des Gottes
Carcovita/ beliebet und erwehlet.

Der Rolim ließ alſobald durch einen Grepos
der ungluͤckſeligen Princeßin ihren Opffer-Tod
ankuͤndigen/ und darzu einweihen/ nebſt der Be-
deutung/ wie ſie ſich hierzu geſchickt/ und wuͤrdig

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[626/0646] Der Aſiatiſchen Baniſe. dermaſſen beleidiget worden waͤre/ daß der Unter- gang des Reichs nicht unbillich zu beſorgen ſtuͤnde. Bevoraus ſchiene es/ als ob der groſſe Gott des Krieges Carcovita/ ſeinen Zorn am hefftigſten uͤ- ber Pegu ausſchuͤtten wolte/ indem die vorhin ſo gluͤckſeligen Waffen des Kaͤyſers/ anietzo nicht allein das Reich Siam/ Martabane/ und die Schlacht bey Abdiara verlohren haͤtten/ ſondern ſich auch dermaſſen in einer Stadt muͤſten ein- ſchlieſſen laſſen/ daß ſich der Kaͤyſer nicht mehr ei- ner unbeſchrenckten Gewalt ruͤhmen koͤnte. Sol- che Zorn-Glut nun zu daͤmpffen/ wuͤrde das Blut einer unbefleckien Keuſchheit am angenehmſten ſeyn: welche aber allenthalben zu finden/ ein ſo ſchweres Werck ſey/ als ob man weiſſe Tyger ſu- chen wolte. Nachdem nun die Princeßin ihre Eh- re und Keuſchheit ſo grauſam vertheidiget haͤtte: ſo waͤre hieraus ihr reines Weſen zu ſchlieſſen/ und wuͤrde dahero ein ſolches unbeflecktes Blut/ als ein Opffer/ die unfehlbare Verſoͤhnung auswuͤr- cken. Dieſe Worte waren kaum den Blut-ſchaͤu- menden Lippen des grauſamen Rolims entfallen/ ſo ſchrien ſie alle: Dieſe Meynung haͤtte einen Goͤttlichen Urſprung/ und wurde die ſchoͤne Prin- ceßin von allen/ als ein reines Opffer des Gottes Carcovita/ beliebet und erwehlet. Der Rolim ließ alſobald durch einen Grepos der ungluͤckſeligen Princeßin ihren Opffer-Tod ankuͤndigen/ und darzu einweihen/ nebſt der Be- deutung/ wie ſie ſich hierzu geſchickt/ und wuͤrdig ma-

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 626. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/646>, abgerufen am 22.11.2024.