Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Asiatischen Banise
stigte Burg verlassen hatte. Welche Entsee-
lung dem Könige/ besonders der Königin/ als ih-
res einig-wehrsten Kindes/ höchstschmertzlich fiel.
Weil sich demnach bey deren Verbrennung son-
derliche Zufälle ereigneten/ welche bey folgender
Geschichts-Erzehlung nöthig zu wissen sind: als
wird der günstige Leser ein gedultiges Auge nach-
gesetzter Leich-Bestattung vergönnen/ und hier-
aus die Heydnischen Gebräuche der Asiatischen
Jndianer ersehen. So bald die Sonne ihre
Strahlen dieser Trauer-Handlung gewiedmet
hatte/ sahe man auff dem weiten Platze vor dem
Schlosse fünff hohe und von starcken Mastbäu-
men auffgerichtete Thürme/ von welchen der
mittelste etwan dreyßig/ die andern aber/ welche
ins Gevierdte um den mitlern herum stunden/
zwantzig Klafftern hoch waren. Diese waren
alle dermassen künstlich gebauet/ und mit Gold
und gemahltem Laubwercke so artig gezieret/ daß
es allen Anschauenden Luft und Verwunderung
brachte. Jn der Mitten des grössern Thurms
stund ein mit Gold und Edelgesteinen fast bedeck-
ter Altar/ sechs Fuß hoch von der Erden/ auff
welchen die entseelte Princeßin/ in einem von fei-
nem Golde Daumens-dicken Sarge gesetzet
war: worinnen sie nicht lang/ sondern gleichsam
mit gefaltenen Händen/ und nach dem Him-
mel gerichteten Angesichte betende/ und auffge-
richtet saß: Jhr haupt bedeckte eine köstliche gül-
dene Crone: und die übrige Kleidung war von

gül-

Der Aſiatiſchen Baniſe
ſtigte Burg verlaſſen hatte. Welche Entſee-
lung dem Koͤnige/ beſonders der Koͤnigin/ als ih-
res einig-wehrſten Kindes/ hoͤchſtſchmertzlich fiel.
Weil ſich demnach bey deren Verbrennung ſon-
derliche Zufaͤlle ereigneten/ welche bey folgender
Geſchichts-Erzehlung noͤthig zu wiſſen ſind: als
wird der guͤnſtige Leſer ein gedultiges Auge nach-
geſetzter Leich-Beſtattung vergoͤnnen/ und hier-
aus die Heydniſchen Gebraͤuche der Aſiatiſchen
Jndianer erſehen. So bald die Sonne ihre
Strahlen dieſer Trauer-Handlung gewiedmet
hatte/ ſahe man auff dem weiten Platze vor dem
Schloſſe fuͤnff hohe und von ſtarcken Maſtbaͤu-
men auffgerichtete Thuͤrme/ von welchen der
mittelſte etwan dreyßig/ die andern aber/ welche
ins Gevierdte um den mitlern herum ſtunden/
zwantzig Klafftern hoch waren. Dieſe waren
alle dermaſſen kuͤnſtlich gebauet/ und mit Gold
und gemahltem Laubwercke ſo artig gezieret/ daß
es allen Anſchauenden Luft und Verwunderung
brachte. Jn der Mitten des groͤſſern Thurms
ſtund ein mit Gold und Edelgeſteinen faſt bedeck-
ter Altar/ ſechs Fuß hoch von der Erden/ auff
welchen die entſeelte Princeßin/ in einem von fei-
nem Golde Daumens-dicken Sarge geſetzet
war: worinnen ſie nicht lang/ ſondern gleichſam
mit gefaltenen Haͤnden/ und nach dem Him-
mel gerichteten Angeſichte betende/ und auffge-
richtet ſaß: Jhr haupt bedeckte eine koͤſtliche guͤl-
dene Crone: und die uͤbrige Kleidung war von

guͤl-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0556" n="536"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der A&#x017F;iati&#x017F;chen Bani&#x017F;e</hi></fw><lb/>
&#x017F;tigte Burg verla&#x017F;&#x017F;en hatte. Welche Ent&#x017F;ee-<lb/>
lung dem Ko&#x0364;nige/ be&#x017F;onders der Ko&#x0364;nigin/ als ih-<lb/>
res einig-wehr&#x017F;ten Kindes/ ho&#x0364;ch&#x017F;t&#x017F;chmertzlich fiel.<lb/>
Weil &#x017F;ich demnach bey deren Verbrennung &#x017F;on-<lb/>
derliche Zufa&#x0364;lle ereigneten/ welche bey folgender<lb/>
Ge&#x017F;chichts-Erzehlung no&#x0364;thig zu wi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ind: als<lb/>
wird der gu&#x0364;n&#x017F;tige Le&#x017F;er ein gedultiges Auge nach-<lb/>
ge&#x017F;etzter Leich-Be&#x017F;tattung vergo&#x0364;nnen/ und hier-<lb/>
aus die Heydni&#x017F;chen Gebra&#x0364;uche der A&#x017F;iati&#x017F;chen<lb/>
Jndianer er&#x017F;ehen. So bald die Sonne ihre<lb/>
Strahlen die&#x017F;er Trauer-Handlung gewiedmet<lb/>
hatte/ &#x017F;ahe man auff dem weiten Platze vor dem<lb/>
Schlo&#x017F;&#x017F;e fu&#x0364;nff hohe und von &#x017F;tarcken Ma&#x017F;tba&#x0364;u-<lb/>
men auffgerichtete Thu&#x0364;rme/ von welchen der<lb/>
mittel&#x017F;te etwan dreyßig/ die andern aber/ welche<lb/>
ins Gevierdte um den mitlern herum &#x017F;tunden/<lb/>
zwantzig Klafftern hoch waren. Die&#x017F;e waren<lb/>
alle derma&#x017F;&#x017F;en ku&#x0364;n&#x017F;tlich gebauet/ und mit Gold<lb/>
und gemahltem Laubwercke &#x017F;o artig gezieret/ daß<lb/>
es allen An&#x017F;chauenden Luft und Verwunderung<lb/>
brachte. Jn der Mitten des gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern Thurms<lb/>
&#x017F;tund ein mit Gold und Edelge&#x017F;teinen fa&#x017F;t bedeck-<lb/>
ter Altar/ &#x017F;echs Fuß hoch von der Erden/ auff<lb/>
welchen die ent&#x017F;eelte Princeßin/ in einem von fei-<lb/>
nem Golde Daumens-dicken Sarge ge&#x017F;etzet<lb/>
war: worinnen &#x017F;ie nicht lang/ &#x017F;ondern gleich&#x017F;am<lb/>
mit gefaltenen Ha&#x0364;nden/ und nach dem Him-<lb/>
mel gerichteten Ange&#x017F;ichte betende/ und auffge-<lb/>
richtet &#x017F;aß: Jhr haupt bedeckte eine ko&#x0364;&#x017F;tliche gu&#x0364;l-<lb/>
dene Crone: und die u&#x0364;brige Kleidung war von<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gu&#x0364;l-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[536/0556] Der Aſiatiſchen Baniſe ſtigte Burg verlaſſen hatte. Welche Entſee- lung dem Koͤnige/ beſonders der Koͤnigin/ als ih- res einig-wehrſten Kindes/ hoͤchſtſchmertzlich fiel. Weil ſich demnach bey deren Verbrennung ſon- derliche Zufaͤlle ereigneten/ welche bey folgender Geſchichts-Erzehlung noͤthig zu wiſſen ſind: als wird der guͤnſtige Leſer ein gedultiges Auge nach- geſetzter Leich-Beſtattung vergoͤnnen/ und hier- aus die Heydniſchen Gebraͤuche der Aſiatiſchen Jndianer erſehen. So bald die Sonne ihre Strahlen dieſer Trauer-Handlung gewiedmet hatte/ ſahe man auff dem weiten Platze vor dem Schloſſe fuͤnff hohe und von ſtarcken Maſtbaͤu- men auffgerichtete Thuͤrme/ von welchen der mittelſte etwan dreyßig/ die andern aber/ welche ins Gevierdte um den mitlern herum ſtunden/ zwantzig Klafftern hoch waren. Dieſe waren alle dermaſſen kuͤnſtlich gebauet/ und mit Gold und gemahltem Laubwercke ſo artig gezieret/ daß es allen Anſchauenden Luft und Verwunderung brachte. Jn der Mitten des groͤſſern Thurms ſtund ein mit Gold und Edelgeſteinen faſt bedeck- ter Altar/ ſechs Fuß hoch von der Erden/ auff welchen die entſeelte Princeßin/ in einem von fei- nem Golde Daumens-dicken Sarge geſetzet war: worinnen ſie nicht lang/ ſondern gleichſam mit gefaltenen Haͤnden/ und nach dem Him- mel gerichteten Angeſichte betende/ und auffge- richtet ſaß: Jhr haupt bedeckte eine koͤſtliche guͤl- dene Crone: und die uͤbrige Kleidung war von guͤl-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/556
Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 536. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/556>, abgerufen am 22.11.2024.