Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Anderes Buch. vermuthet antraff. Nachdem aber der Rolimdas Zimmer verlassen/ fassete Zarang ein Hertze/ und gab sich mit entblösetem Gesichte der Prin- ceßin zu erkennen. Welche hierdurch aufs neue in solche Bestürtzung gerieth/ daß sie vor Angst und Entsetzen nicht zu reden vermochte: dahero er das Stillschweigen zu erst brach/ sich vor ihr auff die Knie setzte und sie folgender Gestalt anre- dete: Allerschönste Princeßin! wo iemals ein biß in den Tod getreuer Sclave von seinem Hals- herrn wegen einigen Verbrechens Gnade und Verzeihung zu gewarten hat: so werde ich mich deren anietzo auch billich aus dero holdseligen Munde zu getrösten haben. Kein Vorwitz/ son- dern die inbrünstige Liebe/ welche alle Gefahr/ auch den Tod/ verachtet/ und die getreuste Vor- sorge/ welche ich zu der Zeit/ da Ehre und Leben der schönsten Princeßin auff der Spitze ruhet/ vor sie trage/ haben mich in diese Kleider/ und vor dero Englisches Angesicht zur Erden geworffen. Jch bin kommen/ sie/ werthste Banise/ aus der Hand eines grausamen Wüterichs zu erreten/ und mich derjenigen Liebe/ um welche ich längst so sehnlich geseuffzet/ dadurch vollkommen würdig zu ma- chen. So ertheile sie demnach ihrem gewiedme- ten Knechte einen beliebten Blick/ und ermun- tere ihn/ durch ihre Liebe/ daß er das angenehme Werck ihrer Befreyung/ desto behertzter und ge- schwinder antrete. Die Princeßin konte sich hier- auff nicht entschliessen/ ob sie ihn mit harten oder sanff- K k 4
Anderes Buch. vermuthet antraff. Nachdem aber der Rolimdas Zimmer verlaſſen/ faſſete Zarang ein Hertze/ und gab ſich mit entbloͤſetem Geſichte der Prin- ceßin zu erkennen. Welche hierdurch aufs neue in ſolche Beſtuͤrtzung gerieth/ daß ſie vor Angſt und Entſetzen nicht zu reden vermochte: dahero er das Stillſchweigen zu erſt brach/ ſich vor ihr auff die Knie ſetzte und ſie folgender Geſtalt anre- dete: Allerſchoͤnſte Princeßin! wo iemals ein biß in den Tod getreuer Sclave von ſeinem Hals- herrn wegen einigen Verbrechens Gnade und Verzeihung zu gewarten hat: ſo werde ich mich deren anietzo auch billich aus dero holdſeligen Munde zu getroͤſten haben. Kein Vorwitz/ ſon- dern die inbruͤnſtige Liebe/ welche alle Gefahr/ auch den Tod/ verachtet/ und die getreuſte Vor- ſorge/ welche ich zu der Zeit/ da Ehre und Leben der ſchoͤnſten Princeßin auff der Spitze ruhet/ vor ſie trage/ haben mich in dieſe Kleider/ und vor dero Engliſches Angeſicht zur Erden geworffen. Jch bin kommen/ ſie/ werthſte Baniſe/ aus der Hand eines grauſamen Wuͤterichs zu erreten/ und mich derjenigen Liebe/ um welche ich laͤngſt ſo ſehnlich geſeuffzet/ dadurch vollkommen wuͤrdig zu ma- chen. So ertheile ſie demnach ihrem gewiedme- ten Knechte einen beliebten Blick/ und ermun- tere ihn/ durch ihre Liebe/ daß er das angenehme Werck ihrer Befreyung/ deſto behertzter und ge- ſchwinder antrete. Die Princeßin konte ſich hier- auff nicht entſchlieſſen/ ob ſie ihn mit harten oder ſanff- K k 4
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Anderes Buch.
vermuthet antraff. Nachdem aber der Rolim
das Zimmer verlaſſen/ faſſete Zarang ein Hertze/
und gab ſich mit entbloͤſetem Geſichte der Prin-
ceßin zu erkennen. Welche hierdurch aufs neue
in ſolche Beſtuͤrtzung gerieth/ daß ſie vor Angſt
und Entſetzen nicht zu reden vermochte: dahero
er das Stillſchweigen zu erſt brach/ ſich vor ihr
auff die Knie ſetzte und ſie folgender Geſtalt anre-
dete: Allerſchoͤnſte Princeßin! wo iemals ein biß
in den Tod getreuer Sclave von ſeinem Hals-
herrn wegen einigen Verbrechens Gnade und
Verzeihung zu gewarten hat: ſo werde ich mich
deren anietzo auch billich aus dero holdſeligen
Munde zu getroͤſten haben. Kein Vorwitz/ ſon-
dern die inbruͤnſtige Liebe/ welche alle Gefahr/
auch den Tod/ verachtet/ und die getreuſte Vor-
ſorge/ welche ich zu der Zeit/ da Ehre und Leben
der ſchoͤnſten Princeßin auff der Spitze ruhet/ vor
ſie trage/ haben mich in dieſe Kleider/ und vor dero
Engliſches Angeſicht zur Erden geworffen. Jch
bin kommen/ ſie/ werthſte Baniſe/ aus der Hand
eines grauſamen Wuͤterichs zu erreten/ und mich
derjenigen Liebe/ um welche ich laͤngſt ſo ſehnlich
geſeuffzet/ dadurch vollkommen wuͤrdig zu ma-
chen. So ertheile ſie demnach ihrem gewiedme-
ten Knechte einen beliebten Blick/ und ermun-
tere ihn/ durch ihre Liebe/ daß er das angenehme
Werck ihrer Befreyung/ deſto behertzter und ge-
ſchwinder antrete. Die Princeßin konte ſich hier-
auff nicht entſchlieſſen/ ob ſie ihn mit harten oder
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