Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Anderes Buch.
daß er die Gottheit hindan gesetzet/ und die Schön-
heit zu seinem Abgott erwehlet hat. Solte der
Gebrauch einer Schönheit denen Priestern un-
zuläßig seyn/ so würde sich es der Samorin in Ca-
licut vor keine so grosse Ehre halten/ wenn der vor-
nehmste Bramin seine Gemahlin eines andäch-
tigen Beyschlaffes würdiget. (+) Wer wolte es
demnach mir tadeln/ wenn ich auff dem Eise/ wo
vorhin weise Könige gar gefallen sind/ nur ein we-
nig gleite. So koste sie doch den Zucker meiner
würdigen Liebe/ und versichere sich/ daß/ wo ja die-
ses ein Versehen zu nennen ist/ solches viel leichter
bey den Göttern wieder zu versöhnen sey/ als wenn
sie sich ein Welt-Auge anblicken liesse. Hier hät-
te nun die Princeßin lieber ihren Verdruß in et-
was mercken lassen/ dannenhero sie nicht unter-
lassen wolte/ ihm durch Vorhaltung seines Alters
sein ungereimtes Beginnen zu verweisen. Es sey
nun/ alter Vater/ hub sie an/ eure Liebe Ernst oder
Schertz/ verboten oder erlaubet/ so werdet ihr euch
doch wohl zu bescheiden wissen/ das derjenige/ wel-
cher sein beschneytes Haupt noch mit Venus-
Myrthen zu bekräntzen suchet/ nur Feuer in dem
Schnee/ und im Winter Rosen suchet. Und wie
sich ein bleyerner Liebes Pfeil der Alten/ gar nicht
nach dem güldnen Ziel grünender Jugend richten
lässet/ also weiß ich nicht/ ob ich zuviel rede/ wenn
ich sage: es verdiene meine Jugend ein grösseres

Mit-
(+) Aloysius Cadamastus cap. 71. Naviagat. ad terrat
ignotas.
K k

Anderes Buch.
daß er die Gottheit hindan geſetzet/ und die Schoͤn-
heit zu ſeinem Abgott erwehlet hat. Solte der
Gebrauch einer Schoͤnheit denen Prieſtern un-
zulaͤßig ſeyn/ ſo wuͤrde ſich es der Samorin in Ca-
licut vor keine ſo groſſe Ehre halten/ wenn der vor-
nehmſte Bramin ſeine Gemahlin eines andaͤch-
tigen Beyſchlaffes wuͤrdiget. (†) Wer wolte es
demnach mir tadeln/ wenn ich auff dem Eiſe/ wo
vorhin weiſe Koͤnige gar gefallen ſind/ nur ein we-
nig gleite. So koſte ſie doch den Zucker meiner
wuͤrdigen Liebe/ und verſichere ſich/ daß/ wo ja die-
ſes ein Verſehen zu nennen iſt/ ſolches viel leichter
bey den Goͤttern wieder zu verſoͤhnen ſey/ als weñ
ſie ſich ein Welt-Auge anblicken lieſſe. Hier haͤt-
te nun die Princeßin lieber ihren Verdruß in et-
was mercken laſſen/ dannenhero ſie nicht unter-
laſſen wolte/ ihm durch Vorhaltung ſeines Alters
ſein ungereimtes Beginnen zu verweiſen. Es ſey
nun/ alter Vater/ hub ſie an/ eure Liebe Ernſt oder
Schertz/ verboten oder erlaubet/ ſo werdet ihr euch
doch wohl zu beſcheiden wiſſen/ das derjenige/ wel-
cher ſein beſchneytes Haupt noch mit Venus-
Myrthen zu bekraͤntzen ſuchet/ nur Feuer in dem
Schnee/ und im Winter Roſen ſuchet. Und wie
ſich ein bleyerner Liebes Pfeil der Alten/ gar nicht
nach dem guͤldnen Ziel gruͤnender Jugend richten
laͤſſet/ alſo weiß ich nicht/ ob ich zuviel rede/ wenn
ich ſage: es verdiene meine Jugend ein groͤſſeres

Mit-
(†) Aloyſius Cadamaſtus cap. 71. Naviagat. ad terrat
ignotas.
K k
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0533" n="513"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Anderes Buch.</hi></fw><lb/>
daß er die Gottheit hindan ge&#x017F;etzet/ und die Scho&#x0364;n-<lb/>
heit zu &#x017F;einem Abgott erwehlet hat. Solte der<lb/>
Gebrauch einer Scho&#x0364;nheit denen Prie&#x017F;tern un-<lb/>
zula&#x0364;ßig &#x017F;eyn/ &#x017F;o wu&#x0364;rde &#x017F;ich es der Samorin in Ca-<lb/>
licut vor keine &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;e Ehre halten/ wenn der vor-<lb/>
nehm&#x017F;te Bramin &#x017F;eine Gemahlin eines anda&#x0364;ch-<lb/>
tigen Bey&#x017F;chlaffes wu&#x0364;rdiget. <note place="foot" n="(&#x2020;)"><hi rendition="#aq">Aloy&#x017F;ius Cadama&#x017F;tus cap. 71. Naviagat. ad terrat<lb/>
ignotas.</hi></note> Wer wolte es<lb/>
demnach mir tadeln/ wenn ich auff dem Ei&#x017F;e/ wo<lb/>
vorhin wei&#x017F;e Ko&#x0364;nige gar gefallen &#x017F;ind/ nur ein we-<lb/>
nig gleite. So ko&#x017F;te &#x017F;ie doch den Zucker meiner<lb/>
wu&#x0364;rdigen Liebe/ und ver&#x017F;ichere &#x017F;ich/ daß/ wo ja die-<lb/>
&#x017F;es ein Ver&#x017F;ehen zu nennen i&#x017F;t/ &#x017F;olches viel leichter<lb/>
bey den Go&#x0364;ttern wieder zu ver&#x017F;o&#x0364;hnen &#x017F;ey/ als weñ<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich ein Welt-Auge anblicken lie&#x017F;&#x017F;e. Hier ha&#x0364;t-<lb/>
te nun die Princeßin lieber ihren Verdruß in et-<lb/>
was mercken la&#x017F;&#x017F;en/ dannenhero &#x017F;ie nicht unter-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en wolte/ ihm durch Vorhaltung &#x017F;eines Alters<lb/>
&#x017F;ein ungereimtes Beginnen zu verwei&#x017F;en. Es &#x017F;ey<lb/>
nun/ alter Vater/ hub &#x017F;ie an/ eure Liebe Ern&#x017F;t oder<lb/>
Schertz/ verboten oder erlaubet/ &#x017F;o werdet ihr euch<lb/>
doch wohl zu be&#x017F;cheiden wi&#x017F;&#x017F;en/ das derjenige/ wel-<lb/>
cher &#x017F;ein be&#x017F;chneytes Haupt noch mit Venus-<lb/>
Myrthen zu bekra&#x0364;ntzen &#x017F;uchet/ nur Feuer in dem<lb/>
Schnee/ und im Winter Ro&#x017F;en &#x017F;uchet. Und wie<lb/>
&#x017F;ich ein bleyerner Liebes Pfeil der Alten/ gar nicht<lb/>
nach dem gu&#x0364;ldnen Ziel gru&#x0364;nender Jugend richten<lb/>
la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et/ al&#x017F;o weiß ich nicht/ ob ich zuviel rede/ wenn<lb/>
ich &#x017F;age: es verdiene meine Jugend ein gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;eres<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K k</fw><fw place="bottom" type="catch">Mit-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[513/0533] Anderes Buch. daß er die Gottheit hindan geſetzet/ und die Schoͤn- heit zu ſeinem Abgott erwehlet hat. Solte der Gebrauch einer Schoͤnheit denen Prieſtern un- zulaͤßig ſeyn/ ſo wuͤrde ſich es der Samorin in Ca- licut vor keine ſo groſſe Ehre halten/ wenn der vor- nehmſte Bramin ſeine Gemahlin eines andaͤch- tigen Beyſchlaffes wuͤrdiget. (†) Wer wolte es demnach mir tadeln/ wenn ich auff dem Eiſe/ wo vorhin weiſe Koͤnige gar gefallen ſind/ nur ein we- nig gleite. So koſte ſie doch den Zucker meiner wuͤrdigen Liebe/ und verſichere ſich/ daß/ wo ja die- ſes ein Verſehen zu nennen iſt/ ſolches viel leichter bey den Goͤttern wieder zu verſoͤhnen ſey/ als weñ ſie ſich ein Welt-Auge anblicken lieſſe. Hier haͤt- te nun die Princeßin lieber ihren Verdruß in et- was mercken laſſen/ dannenhero ſie nicht unter- laſſen wolte/ ihm durch Vorhaltung ſeines Alters ſein ungereimtes Beginnen zu verweiſen. Es ſey nun/ alter Vater/ hub ſie an/ eure Liebe Ernſt oder Schertz/ verboten oder erlaubet/ ſo werdet ihr euch doch wohl zu beſcheiden wiſſen/ das derjenige/ wel- cher ſein beſchneytes Haupt noch mit Venus- Myrthen zu bekraͤntzen ſuchet/ nur Feuer in dem Schnee/ und im Winter Roſen ſuchet. Und wie ſich ein bleyerner Liebes Pfeil der Alten/ gar nicht nach dem guͤldnen Ziel gruͤnender Jugend richten laͤſſet/ alſo weiß ich nicht/ ob ich zuviel rede/ wenn ich ſage: es verdiene meine Jugend ein groͤſſeres Mit- (†) Aloyſius Cadamaſtus cap. 71. Naviagat. ad terrat ignotas. K k

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/533
Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 513. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/533>, abgerufen am 25.11.2024.