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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Anderes Buch.
nicht weiter helffen. Hier wollen wir sitzen blei-
ben/ und uns vor zwey Haasen ausgeben: weil es
nun im Geheege ist/ so werden sie uns wol unge-
brühet lassen Ach schertzet nicht/ sagte die fast ohn-
mächtige Princeßin/ sondern gebet mir euren Se-
bel her/ damit ich die geängstete Seele befreyen/
und dem Tyrannen nichts/ als einen blutigen Cör-
per gewähren könne. Ach ich armseliges Kind!
warum bin ich doch gebohren worden/ nachdem
ich aus einem Unglück ins andere fallen/ und doch
den Tod nirgend finden soll. Mein Printz hat mich
verlassen/ meinen Feind sehe ich vor Augen/ alle
Flucht ist mir benommen/ und keine Seele nimt
sich meiner an. O daß doch mein Elend die stum-
men Bäume bewegen könte/ daß sie mich in ihre
Gesellschafft auffnehmen/ und augenblicks in ei-
nen Lorbeer-Baum/ gleich der Daphne verwan-
delten/ so wolte ich mich selbst mit Lorbeer-Blät-
tern krönen/ und über die Keuschheit triumphiren.

Jndessen waren die feindseligen Verfolger
fast herbey gekommen/ welche voller Freuden ab-
stiegen/ und sie sonder einiges Wortsprechen bey-
derseits gefangen nahmen. Scandor hatte zwar
schlechte Lust hierzu/ und wolte die benöthigte
Ruhe vorschützen/ allein eine stärckere Hand warf
ihnmit Gewalt auff sein Pferd/ und also wurde
die höchst-unglückselige Princeßin zurücke/ und
unter dem Zulauf vieler tausend Personen/ in Pe-
gu eingeführet. Der eilfertige Printz sahe sich
endlich nach seiner folgende Liebe um/ und ersa-

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Anderes Buch.
nicht weiter helffen. Hier wollen wir ſitzen blei-
ben/ und uns vor zwey Haaſen ausgeben: weil es
nun im Geheege iſt/ ſo werden ſie uns wol unge-
bruͤhet laſſen Ach ſchertzet nicht/ ſagte die faſt ohn-
maͤchtige Princeßin/ ſondern gebet mir euren Se-
bel her/ damit ich die geaͤngſtete Seele befreyen/
und dem Tyrannen nichts/ als einen blutigen Coͤr-
per gewaͤhren koͤnne. Ach ich armſeliges Kind!
warum bin ich doch gebohren worden/ nachdem
ich aus einem Ungluͤck ins andere fallen/ und doch
den Tod nirgend finden ſoll. Mein Printz hat mich
verlaſſen/ meinen Feind ſehe ich vor Augen/ alle
Flucht iſt mir benommen/ und keine Seele nimt
ſich meiner an. O daß doch mein Elend die ſtum-
men Baͤume bewegen koͤnte/ daß ſie mich in ihre
Geſellſchafft auffnehmen/ und augenblicks in ei-
nen Lorbeer-Baum/ gleich der Daphne verwan-
delten/ ſo wolte ich mich ſelbſt mit Lorbeer-Blaͤt-
tern kroͤnen/ und uͤber die Keuſchheit triumphiren.

Jndeſſen waren die feindſeligen Verfolger
faſt herbey gekommen/ welche voller Freuden ab-
ſtiegen/ und ſie ſonder einiges Wortſprechen bey-
derſeits gefangen nahmen. Scandor hatte zwar
ſchlechte Luſt hierzu/ und wolte die benoͤthigte
Ruhe vorſchuͤtzen/ allein eine ſtaͤrckere Hand warf
ihnmit Gewalt auff ſein Pferd/ und alſo wurde
die hoͤchſt-ungluͤckſelige Princeßin zuruͤcke/ und
unter dem Zulauf vieler tauſend Perſonen/ in Pe-
gu eingefuͤhret. Der eilfertige Printz ſahe ſich
endlich nach ſeiner folgende Liebe um/ und erſa-

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[449/0469] Anderes Buch. nicht weiter helffen. Hier wollen wir ſitzen blei- ben/ und uns vor zwey Haaſen ausgeben: weil es nun im Geheege iſt/ ſo werden ſie uns wol unge- bruͤhet laſſen Ach ſchertzet nicht/ ſagte die faſt ohn- maͤchtige Princeßin/ ſondern gebet mir euren Se- bel her/ damit ich die geaͤngſtete Seele befreyen/ und dem Tyrannen nichts/ als einen blutigen Coͤr- per gewaͤhren koͤnne. Ach ich armſeliges Kind! warum bin ich doch gebohren worden/ nachdem ich aus einem Ungluͤck ins andere fallen/ und doch den Tod nirgend finden ſoll. Mein Printz hat mich verlaſſen/ meinen Feind ſehe ich vor Augen/ alle Flucht iſt mir benommen/ und keine Seele nimt ſich meiner an. O daß doch mein Elend die ſtum- men Baͤume bewegen koͤnte/ daß ſie mich in ihre Geſellſchafft auffnehmen/ und augenblicks in ei- nen Lorbeer-Baum/ gleich der Daphne verwan- delten/ ſo wolte ich mich ſelbſt mit Lorbeer-Blaͤt- tern kroͤnen/ und uͤber die Keuſchheit triumphiren. Jndeſſen waren die feindſeligen Verfolger faſt herbey gekommen/ welche voller Freuden ab- ſtiegen/ und ſie ſonder einiges Wortſprechen bey- derſeits gefangen nahmen. Scandor hatte zwar ſchlechte Luſt hierzu/ und wolte die benoͤthigte Ruhe vorſchuͤtzen/ allein eine ſtaͤrckere Hand warf ihnmit Gewalt auff ſein Pferd/ und alſo wurde die hoͤchſt-ungluͤckſelige Princeßin zuruͤcke/ und unter dem Zulauf vieler tauſend Perſonen/ in Pe- gu eingefuͤhret. Der eilfertige Printz ſahe ſich endlich nach ſeiner folgende Liebe um/ und erſa- he F f

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 449. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/469>, abgerufen am 03.07.2024.