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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Der Asiatischen Banise.
auch das naheliegende Frauenzimmer nicht. Al-
lein/ es war alles Suchen vergebens/ die Prin-
teßin irrete bereits in Wäldern herum. Die Wa-
che berichtete/ wie sie/ ausser dem Käyser niemand
aus dem Zimmer gehen sehen/ aus welchen Umb-
ständen er den Betrug zu mercken begunte: End-
lich auch hieran gar nicht mehr zweiffelte/ als ihm
die Eröffnung der Tyger-Pforte hinterbracht
wurde. Hier verwandelte sich dessen Grimm in
eine Raserey: Blitz/ Brand/ Schwefel/ Bley
und hundert Hencker sollen diese Schmach rä-
chen/ rieff er/ gantz wütende in dem Gemach her-
um lauffende/ und ihr alle solt es mit euren Häl-
sen bezahlen/ daß ihr dieses Höllen-Kind entreissen
lassen. O verfluchte Falschheit! O verdammte
Arglist! Ein schwaches Weibes-Bild darff sich
erkühnen/ einen so mächtigen Käyser schimpff-
lichst zu entkleiden/ und/ indem er nach ihr greifft/
ihm den blossen Schatten zu gewähren. O Ro-
lim/ Rolim! hätte Chaumigrem gefolget/ so wä-
re der Käyser unbeschimpffet blieben. Ach frey-
lich kan ein schlimmer Stamm keine gute Zweige
tragen: Vermaledeyet sey die Hand/ welche auch
die Wurtzel verschonet hat.

Nach welchen Worten er halb bloß nach sei-
nem Gemach lieff/ und in solcher Wuth seinen
Sebel holte welchen auch so fort etliche von der
Wacht tödtlich empfinden musten. Ponnedro
hatte sich so weit unsichtbar gemachet/ und also
solte das unschuldige Frauenzimmer die blutige

Reiye

Der Aſiatiſchen Baniſe.
auch das naheliegende Frauenzimmer nicht. Al-
lein/ es war alles Suchen vergebens/ die Prin-
teßin irrete bereits in Waͤldern herum. Die Wa-
che berichtete/ wie ſie/ auſſer dem Kaͤyſer niemand
aus dem Zimmer gehen ſehen/ aus welchen Umb-
ſtaͤnden er den Betrug zu mercken begunte: End-
lich auch hieran gar nicht mehr zweiffelte/ als ihm
die Eroͤffnung der Tyger-Pforte hinterbracht
wurde. Hier verwandelte ſich deſſen Grimm in
eine Raſerey: Blitz/ Brand/ Schwefel/ Bley
und hundert Hencker ſollen dieſe Schmach raͤ-
chen/ rieff er/ gantz wuͤtende in dem Gemach her-
um lauffende/ und ihr alle ſolt es mit euren Haͤl-
ſen bezahlen/ daß ihr dieſes Hoͤllen-Kind entreiſſen
laſſen. O verfluchte Falſchheit! O verdammte
Argliſt! Ein ſchwaches Weibes-Bild darff ſich
erkuͤhnen/ einen ſo maͤchtigen Kaͤyſer ſchimpff-
lichſt zu entkleiden/ und/ indem er nach ihr greifft/
ihm den bloſſen Schatten zu gewaͤhren. O Ro-
lim/ Rolim! haͤtte Chaumigrem gefolget/ ſo waͤ-
re der Kaͤyſer unbeſchimpffet blieben. Ach frey-
lich kan ein ſchlimmer Stamm keine gute Zweige
tragen: Vermaledeyet ſey die Hand/ welche auch
die Wurtzel verſchonet hat.

Nach welchen Worten er halb bloß nach ſei-
nem Gemach lieff/ und in ſolcher Wuth ſeinen
Sebel holte welchen auch ſo fort etliche von der
Wacht toͤdtlich empfinden muſten. Ponnedro
hatte ſich ſo weit unſichtbar gemachet/ und alſo
ſolte das unſchuldige Frauenzimmer die blutige

Reiye
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[446/0466] Der Aſiatiſchen Baniſe. auch das naheliegende Frauenzimmer nicht. Al- lein/ es war alles Suchen vergebens/ die Prin- teßin irrete bereits in Waͤldern herum. Die Wa- che berichtete/ wie ſie/ auſſer dem Kaͤyſer niemand aus dem Zimmer gehen ſehen/ aus welchen Umb- ſtaͤnden er den Betrug zu mercken begunte: End- lich auch hieran gar nicht mehr zweiffelte/ als ihm die Eroͤffnung der Tyger-Pforte hinterbracht wurde. Hier verwandelte ſich deſſen Grimm in eine Raſerey: Blitz/ Brand/ Schwefel/ Bley und hundert Hencker ſollen dieſe Schmach raͤ- chen/ rieff er/ gantz wuͤtende in dem Gemach her- um lauffende/ und ihr alle ſolt es mit euren Haͤl- ſen bezahlen/ daß ihr dieſes Hoͤllen-Kind entreiſſen laſſen. O verfluchte Falſchheit! O verdammte Argliſt! Ein ſchwaches Weibes-Bild darff ſich erkuͤhnen/ einen ſo maͤchtigen Kaͤyſer ſchimpff- lichſt zu entkleiden/ und/ indem er nach ihr greifft/ ihm den bloſſen Schatten zu gewaͤhren. O Ro- lim/ Rolim! haͤtte Chaumigrem gefolget/ ſo waͤ- re der Kaͤyſer unbeſchimpffet blieben. Ach frey- lich kan ein ſchlimmer Stamm keine gute Zweige tragen: Vermaledeyet ſey die Hand/ welche auch die Wurtzel verſchonet hat. Nach welchen Worten er halb bloß nach ſei- nem Gemach lieff/ und in ſolcher Wuth ſeinen Sebel holte welchen auch ſo fort etliche von der Wacht toͤdtlich empfinden muſten. Ponnedro hatte ſich ſo weit unſichtbar gemachet/ und alſo ſolte das unſchuldige Frauenzimmer die blutige Reiye

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 446. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/466>, abgerufen am 22.11.2024.