Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Anderes Buch.
von Brama/ soll Abaxar noch heute bey unserer
Taffel erscheinen/ und vorigen Ehren-Stand
völlig wiederum bekleiden. Nunmehro aber wird
sie ja/ schönster Abgott meines Hertzens/ erlau-
ben/ daß ich meiner Vergnügung in etwas den
Zügel schiessen lasse/ und den süssen Thau ihrer
Lippen berühre. Womit er sich abermal/ sie zu
küssen/ näherte. Nun ist es Zeit/ sagte der em-
pfindliche Printz/ nimmermehr lasse ich meine
Princeßin auch nur zu einem Kusse nöthigen.
Gnädigster Herr/ thät ihm Scandor Einhalt/
wir werden durch solche Kleinigkeiten den Haupt-
Zweck verrücken. Gesetzt auch/ es lieffe ein Kuß
mit unter/ so wackelt deßwegen ja nicht flugs der
Krantz. Das ist ein Wahn des Pöfels/ antwor-
tete der Printz: eine Keusche Liebe aber soll auch
im geringsten unbeflecket seyn. Hier legte ihnen
auch diesesmal der Princeßin ferneres Reden ein
Stillschweigen auff. J. M. lassen sich die Ge-
dult besänfftigen/ hörten sie sie reden. Denn ob ich
gleich dieses zu rühmen höchst Ursache habe/ daß
J. Maj. das vermeynte Gold meiner Schönheit
höher schätzen/ als es würdig ist/ und so gnädigst
in mein Begehren gewilliget haben/ so werde ich
zwar meinen Geist hiervor zu dessen Dienst wied-
men/ iedoch nur so weit/ als es Tugend und Ver-
nunfft erlauben. Welche ungleiche Weigerung
aber dem Chaumigrem fast einigen Verdruß er-
wecken wolte/ den er auch durch diese Worte satt-
sam zu verstehen gab: Fürsten ist alles erlaubet/

weil
D d 4

Anderes Buch.
von Brama/ ſoll Abaxar noch heute bey unſerer
Taffel erſcheinen/ und vorigen Ehren-Stand
voͤllig wiederum bekleiden. Nunmehro aber wird
ſie ja/ ſchoͤnſter Abgott meines Hertzens/ erlau-
ben/ daß ich meiner Vergnuͤgung in etwas den
Zuͤgel ſchieſſen laſſe/ und den ſuͤſſen Thau ihrer
Lippen beruͤhre. Womit er ſich abermal/ ſie zu
kuͤſſen/ naͤherte. Nun iſt es Zeit/ ſagte der em-
pfindliche Printz/ nimmermehr laſſe ich meine
Princeßin auch nur zu einem Kuſſe noͤthigen.
Gnaͤdigſter Herr/ thaͤt ihm Scandor Einhalt/
wir werden durch ſolche Kleinigkeiten den Haupt-
Zweck verruͤcken. Geſetzt auch/ es lieffe ein Kuß
mit unter/ ſo wackelt deßwegen ja nicht flugs der
Krantz. Das iſt ein Wahn des Poͤfels/ antwor-
tete der Printz: eine Keuſche Liebe aber ſoll auch
im geringſten unbeflecket ſeyn. Hier legte ihnen
auch dieſesmal der Princeßin ferneres Reden ein
Stillſchweigen auff. J. M. laſſen ſich die Ge-
dult beſaͤnfftigen/ hoͤrten ſie ſie reden. Denn ob ich
gleich dieſes zu ruͤhmen hoͤchſt Urſache habe/ daß
J. Maj. das vermeynte Gold meiner Schoͤnheit
hoͤher ſchaͤtzen/ als es wuͤrdig iſt/ und ſo gnaͤdigſt
in mein Begehren gewilliget haben/ ſo werde ich
zwar meinen Geiſt hiervor zu deſſen Dienſt wied-
men/ iedoch nur ſo weit/ als es Tugend und Ver-
nunfft erlauben. Welche ungleiche Weigerung
aber dem Chaumigrem faſt einigen Verdruß er-
wecken wolte/ den er auch durch dieſe Worte ſatt-
ſam zu verſtehen gab: Fuͤrſten iſt alles erlaubet/

weil
D d 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0443" n="423"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Anderes Buch.</hi></fw><lb/>
von Brama/ &#x017F;oll Abaxar noch heute bey un&#x017F;erer<lb/>
Taffel er&#x017F;cheinen/ und vorigen Ehren-Stand<lb/>
vo&#x0364;llig wiederum bekleiden. Nunmehro aber wird<lb/>
&#x017F;ie ja/ &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ter Abgott meines Hertzens/ erlau-<lb/>
ben/ daß ich meiner Vergnu&#x0364;gung in etwas den<lb/>
Zu&#x0364;gel &#x017F;chie&#x017F;&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;e/ und den &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en Thau ihrer<lb/>
Lippen beru&#x0364;hre. Womit er &#x017F;ich abermal/ &#x017F;ie zu<lb/>
ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ na&#x0364;herte. Nun i&#x017F;t es Zeit/ &#x017F;agte der em-<lb/>
pfindliche Printz/ nimmermehr la&#x017F;&#x017F;e ich meine<lb/>
Princeßin auch nur zu einem Ku&#x017F;&#x017F;e no&#x0364;thigen.<lb/>
Gna&#x0364;dig&#x017F;ter Herr/ tha&#x0364;t ihm Scandor Einhalt/<lb/>
wir werden durch &#x017F;olche Kleinigkeiten den Haupt-<lb/>
Zweck verru&#x0364;cken. Ge&#x017F;etzt auch/ es lieffe ein Kuß<lb/>
mit unter/ &#x017F;o wackelt deßwegen ja nicht flugs der<lb/>
Krantz. Das i&#x017F;t ein Wahn des Po&#x0364;fels/ antwor-<lb/>
tete der Printz: eine Keu&#x017F;che Liebe aber &#x017F;oll auch<lb/>
im gering&#x017F;ten unbeflecket &#x017F;eyn. Hier legte ihnen<lb/>
auch die&#x017F;esmal der Princeßin ferneres Reden ein<lb/>
Still&#x017F;chweigen auff. J. M. la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich die Ge-<lb/>
dult be&#x017F;a&#x0364;nfftigen/ ho&#x0364;rten &#x017F;ie &#x017F;ie reden. Denn ob ich<lb/>
gleich die&#x017F;es zu ru&#x0364;hmen ho&#x0364;ch&#x017F;t Ur&#x017F;ache habe/ daß<lb/>
J. Maj. das vermeynte Gold meiner Scho&#x0364;nheit<lb/>
ho&#x0364;her &#x017F;cha&#x0364;tzen/ als es wu&#x0364;rdig i&#x017F;t/ und &#x017F;o gna&#x0364;dig&#x017F;t<lb/>
in mein Begehren gewilliget haben/ &#x017F;o werde ich<lb/>
zwar meinen Gei&#x017F;t hiervor zu de&#x017F;&#x017F;en Dien&#x017F;t wied-<lb/>
men/ iedoch nur &#x017F;o weit/ als es Tugend und Ver-<lb/>
nunfft erlauben. Welche ungleiche Weigerung<lb/>
aber dem Chaumigrem fa&#x017F;t einigen Verdruß er-<lb/>
wecken wolte/ den er auch durch die&#x017F;e Worte &#x017F;att-<lb/>
&#x017F;am zu ver&#x017F;tehen gab: Fu&#x0364;r&#x017F;ten i&#x017F;t alles erlaubet/<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D d 4</fw><fw place="bottom" type="catch">weil</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[423/0443] Anderes Buch. von Brama/ ſoll Abaxar noch heute bey unſerer Taffel erſcheinen/ und vorigen Ehren-Stand voͤllig wiederum bekleiden. Nunmehro aber wird ſie ja/ ſchoͤnſter Abgott meines Hertzens/ erlau- ben/ daß ich meiner Vergnuͤgung in etwas den Zuͤgel ſchieſſen laſſe/ und den ſuͤſſen Thau ihrer Lippen beruͤhre. Womit er ſich abermal/ ſie zu kuͤſſen/ naͤherte. Nun iſt es Zeit/ ſagte der em- pfindliche Printz/ nimmermehr laſſe ich meine Princeßin auch nur zu einem Kuſſe noͤthigen. Gnaͤdigſter Herr/ thaͤt ihm Scandor Einhalt/ wir werden durch ſolche Kleinigkeiten den Haupt- Zweck verruͤcken. Geſetzt auch/ es lieffe ein Kuß mit unter/ ſo wackelt deßwegen ja nicht flugs der Krantz. Das iſt ein Wahn des Poͤfels/ antwor- tete der Printz: eine Keuſche Liebe aber ſoll auch im geringſten unbeflecket ſeyn. Hier legte ihnen auch dieſesmal der Princeßin ferneres Reden ein Stillſchweigen auff. J. M. laſſen ſich die Ge- dult beſaͤnfftigen/ hoͤrten ſie ſie reden. Denn ob ich gleich dieſes zu ruͤhmen hoͤchſt Urſache habe/ daß J. Maj. das vermeynte Gold meiner Schoͤnheit hoͤher ſchaͤtzen/ als es wuͤrdig iſt/ und ſo gnaͤdigſt in mein Begehren gewilliget haben/ ſo werde ich zwar meinen Geiſt hiervor zu deſſen Dienſt wied- men/ iedoch nur ſo weit/ als es Tugend und Ver- nunfft erlauben. Welche ungleiche Weigerung aber dem Chaumigrem faſt einigen Verdruß er- wecken wolte/ den er auch durch dieſe Worte ſatt- ſam zu verſtehen gab: Fuͤrſten iſt alles erlaubet/ weil D d 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/443
Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/443>, abgerufen am 15.08.2024.