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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Anderes Buch.
cker aller ihrer Verwandten/ ja als einen ge-
schwornen Feind ihres Geschlechts ansiehet? wird
sie mich auch einiger Gegen-Liebe würdigen/ oder
nur ihr Ohre zu Entdeckung meiner Flammen er-
theilen. Ach schwerlich! Denn die Natur gehet
aller Liebe vor. Halt derowegen inne/ tapfferer
Chaumigrem! was wilst du deine Gunst einer
verfluchten und abgesagten Feindin wiedmen/ und
einem Crocodile schmeicheln? Was wilst du dei-
nen Thron durch eine so verhaßte Brunst befle-
cken? Es heget ja dieses grosse Reich so viel schö-
ne Sterne/ welche es sich vor das höchste Glücke
schätzen/ wenn sie sich bey meinen Strahlen wär-
men/ und von meiner Sonnen ihr Liecht em-
pfangen dürffen. Doch ach/ vergebene Worte!
so wolte ich reden/ wenn ich sie nie gesehen hätte.
So bald ich mir in etwas die von ferne nur er-
blickte Rosen-Wangen/ die ob zwar benetzten/
doch voller Anmuth blitzende Augen/ den wohlge-
setzten Leib/ mit einem Worte/ die vollkommenste
Schönheit/ vorstelle/ so werde ich gleichsam vom
Blitze gerühret/ und der tödtliche Befehl verwan-
delt sich in lauter süsse Liebes-und Lebens-Worte.
So tadle denn gantz Brama und Pegu diese
Flammen: Gnug/ daß ich thue/ was mir gefällt/
und daß ich in einem solchen Stande lebe/ welcher
von andern keine Erklärung leidet. Allein/ wo-
hin? Chaumigrem! wohin? wo bleibet die Eh-
re? wo bleibet deine Sicherheit? wo bleibet des
Reiches Nutzen/ welchem die Wollust billich

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B b 4

Anderes Buch.
cker aller ihrer Verwandten/ ja als einen ge-
ſchwornen Feind ihres Geſchlechts anſiehet? wird
ſie mich auch einiger Gegen-Liebe wuͤrdigen/ oder
nur ihr Ohre zu Entdeckung meiner Flammen er-
theilen. Ach ſchwerlich! Denn die Natur gehet
aller Liebe vor. Halt derowegen inne/ tapfferer
Chaumigrem! was wilſt du deine Gunſt einer
verfluchten und abgeſagten Feindin wiedmen/ und
einem Crocodile ſchmeicheln? Was wilſt du dei-
nen Thron durch eine ſo verhaßte Brunſt befle-
cken? Es heget ja dieſes groſſe Reich ſo viel ſchoͤ-
ne Sterne/ welche es ſich vor das hoͤchſte Gluͤcke
ſchaͤtzen/ wenn ſie ſich bey meinen Strahlen waͤr-
men/ und von meiner Sonnen ihr Liecht em-
pfangen duͤrffen. Doch ach/ vergebene Worte!
ſo wolte ich reden/ wenn ich ſie nie geſehen haͤtte.
So bald ich mir in etwas die von ferne nur er-
blickte Roſen-Wangen/ die ob zwar benetzten/
doch voller Anmuth blitzende Augen/ den wohlge-
ſetzten Leib/ mit einem Worte/ die vollkommenſte
Schoͤnheit/ vorſtelle/ ſo werde ich gleichſam vom
Blitze geruͤhret/ und der toͤdtliche Befehl verwan-
delt ſich in lauter ſuͤſſe Liebes-und Lebens-Worte.
So tadle denn gantz Brama und Pegu dieſe
Flammen: Gnug/ daß ich thue/ was mir gefaͤllt/
und daß ich in einem ſolchen Stande lebe/ welcher
von andern keine Erklaͤrung leidet. Allein/ wo-
hin? Chaumigrem! wohin? wo bleibet die Eh-
re? wo bleibet deine Sicherheit? wo bleibet des
Reiches Nutzen/ welchem die Wolluſt billich

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[391/0411] Anderes Buch. cker aller ihrer Verwandten/ ja als einen ge- ſchwornen Feind ihres Geſchlechts anſiehet? wird ſie mich auch einiger Gegen-Liebe wuͤrdigen/ oder nur ihr Ohre zu Entdeckung meiner Flammen er- theilen. Ach ſchwerlich! Denn die Natur gehet aller Liebe vor. Halt derowegen inne/ tapfferer Chaumigrem! was wilſt du deine Gunſt einer verfluchten und abgeſagten Feindin wiedmen/ und einem Crocodile ſchmeicheln? Was wilſt du dei- nen Thron durch eine ſo verhaßte Brunſt befle- cken? Es heget ja dieſes groſſe Reich ſo viel ſchoͤ- ne Sterne/ welche es ſich vor das hoͤchſte Gluͤcke ſchaͤtzen/ wenn ſie ſich bey meinen Strahlen waͤr- men/ und von meiner Sonnen ihr Liecht em- pfangen duͤrffen. Doch ach/ vergebene Worte! ſo wolte ich reden/ wenn ich ſie nie geſehen haͤtte. So bald ich mir in etwas die von ferne nur er- blickte Roſen-Wangen/ die ob zwar benetzten/ doch voller Anmuth blitzende Augen/ den wohlge- ſetzten Leib/ mit einem Worte/ die vollkommenſte Schoͤnheit/ vorſtelle/ ſo werde ich gleichſam vom Blitze geruͤhret/ und der toͤdtliche Befehl verwan- delt ſich in lauter ſuͤſſe Liebes-und Lebens-Worte. So tadle denn gantz Brama und Pegu dieſe Flammen: Gnug/ daß ich thue/ was mir gefaͤllt/ und daß ich in einem ſolchen Stande lebe/ welcher von andern keine Erklaͤrung leidet. Allein/ wo- hin? Chaumigrem! wohin? wo bleibet die Eh- re? wo bleibet deine Sicherheit? wo bleibet des Reiches Nutzen/ welchem die Wolluſt billich wei- B b 4

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/411>, abgerufen am 22.11.2024.