Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Anderes Buch. Rolim aber fand sich hierdurch nicht wenig be-leidiget/ dannenhero er mit diesen Worten seinen Abtritt nahm: So nehme ich gebührenden Ur- laub von E. M. indem ich kein Zeuge derjenigen Thorheit seyn mag/ welche ein Weibesbild in ei- nes Käysers Gemüthe erwecken kan. Jch erin- nere aber zuletzt/ nur wol zu bedencken: ie schöner der Molch/ ie stärcker und gefährlicher sey auch der Gifft. Nach dessen Abschied sich Chaumi- grem gantz einsam befand. Jn solcher Einsam- keit verneuerte er vorigen Begierdens-Kampff/ und überlegte des Rolims Warnung auffs ge- naueste/ pflichtete auch selbtem/ so weit es die Staats-Klugheit erfoderte/ willig bey/ so bald es aber an die Vorstellung ihrer Schönheit kam/ so hieß es nach jenes gelehrten Poetens wahren Be- schreibung: Wahr ists/ die Schönheit ist Achillens Spieß und Schwerdt/ Die einen Telephur verletzt und wieder heilet/ Die Schönheit ist ein Gifft/ das tödtet und ernehrt/ Ein Blitz/ der Ruhe stört/ und Unmuth doch zertheilet. Ein Brand/ der Städte tilgt/ und Länder doch erhält/ Ein Pfeil/ der Wunden macht/ und gleich- wol Lust erwecket/ Durch B b 3
Anderes Buch. Rolim aber fand ſich hierdurch nicht wenig be-leidiget/ dannenhero er mit dieſen Worten ſeinen Abtritt nahm: So nehme ich gebuͤhrenden Ur- laub von E. M. indem ich kein Zeuge derjenigen Thorheit ſeyn mag/ welche ein Weibesbild in ei- nes Kaͤyſers Gemuͤthe erwecken kan. Jch erin- nere aber zuletzt/ nur wol zu bedencken: ie ſchoͤner der Molch/ ie ſtaͤrcker und gefaͤhrlicher ſey auch der Gifft. Nach deſſen Abſchied ſich Chaumi- grem gantz einſam befand. Jn ſolcher Einſam- keit verneuerte er vorigen Begierdens-Kampff/ und uͤberlegte des Rolims Warnung auffs ge- naueſte/ pflichtete auch ſelbtem/ ſo weit es die Staats-Klugheit erfoderte/ willig bey/ ſo bald es aber an die Vorſtellung ihrer Schoͤnheit kam/ ſo hieß es nach jenes gelehrten Poetens wahren Be- ſchreibung: Wahr iſts/ die Schoͤnheit iſt Achillens Spieß und Schwerdt/ Die einen Telephur verletzt und wieder heilet/ Die Schoͤnheit iſt ein Gifft/ das toͤdtet und ernehrt/ Ein Blitz/ der Ruhe ſtoͤrt/ und Unmuth doch zertheilet. Ein Brand/ der Staͤdte tilgt/ und Laͤnder doch erhaͤlt/ Ein Pfeil/ der Wunden macht/ und gleich- wol Luſt erwecket/ Durch B b 3
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Anderes Buch.
Rolim aber fand ſich hierdurch nicht wenig be-
leidiget/ dannenhero er mit dieſen Worten ſeinen
Abtritt nahm: So nehme ich gebuͤhrenden Ur-
laub von E. M. indem ich kein Zeuge derjenigen
Thorheit ſeyn mag/ welche ein Weibesbild in ei-
nes Kaͤyſers Gemuͤthe erwecken kan. Jch erin-
nere aber zuletzt/ nur wol zu bedencken: ie ſchoͤner
der Molch/ ie ſtaͤrcker und gefaͤhrlicher ſey auch
der Gifft. Nach deſſen Abſchied ſich Chaumi-
grem gantz einſam befand. Jn ſolcher Einſam-
keit verneuerte er vorigen Begierdens-Kampff/
und uͤberlegte des Rolims Warnung auffs ge-
naueſte/ pflichtete auch ſelbtem/ ſo weit es die
Staats-Klugheit erfoderte/ willig bey/ ſo bald es
aber an die Vorſtellung ihrer Schoͤnheit kam/ ſo
hieß es nach jenes gelehrten Poetens wahren Be-
ſchreibung:
Wahr iſts/ die Schoͤnheit iſt Achillens Spieß
und Schwerdt/
Die einen Telephur verletzt und wieder
heilet/
Die Schoͤnheit iſt ein Gifft/ das toͤdtet und
ernehrt/
Ein Blitz/ der Ruhe ſtoͤrt/ und Unmuth doch
zertheilet.
Ein Brand/ der Staͤdte tilgt/ und Laͤnder doch
erhaͤlt/
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